Rezension zu "Handeln statt hoffen" von Carola Rackete
Viel wurde über Carola Rackete geredet, nun redet sie selbst - und das eindrücklich und voller durchdachter Emotionalität. Die Seenotretterin der Sea-Watch 3 und Naturschutzökologin bietet mit ihrem Werk eine Mischung aus persönlichen Einblicken und konrekten Vorschlägen, wie sich Fluchtursachen und die existienzielle Krise der Weltgemeinschaft durch aktives Handeln überwinden lassen könnten.
Wer genau wissen möchte, was auf der Sea Watch 3 tatsächlich geschehen ist und wie es zur Entscheidung kam, den italienischen Hafen "auf eigene Faust"anzusteuern, der sollte zu diesem Buch unbedingt greifen. Viel wurde darüber geredet, oft wurde Rackete für ihr Handeln angegriffen. Doch in ihrem aufrüttelndem Essay lässt sie den Leser hautnah am damaligen Geschehen teilhaben. Mit überraschenden Erkenntnissen, zum Beispiel dass die Seenotretterin eher zufällig als Kapitän auf dem Schiff anheuerte und die Ereignisse keine lang angelegte Strategie der Eskalation als Ursache hatte.
Eine große Stärke des Buches ist, dass die Autorin auch in wenigen Sätzen die Verzweiflung der Menschen, die zur Flucht führen, deutlich und greifbar macht. Die beschriebenen Schicksale berühren sehr, Racketes Begründung, warum die Menschen diese große Gefahr auf sich nehmen, ist plausibel.
Nicht ganz einfach für den Leser ist der sprunghafte Wechsel zwischen Berichterstattung der damaligen Geschehnisse und Racketes Handlungsthesen. Beide Strukturen verschwimmen und verschmelzen ineinander.
Die Anleitung zum Handeln ist natürlich eine subjektive Sichtweise der Autorin, der man nicht automatisch folgen muss. Doch das Buch regt zum intensiven Nachdenken und zur eigenen Entwicklung von Handlungsthesen an. Carola Rackete liefert einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Debatte um Fluchtursachen, Klimakrise und drohendem Weltkollaps.