Rezension zu "Die zweifelhafte Miss DeLancey" von Carolyn Miller
Buchinhalt:
England im beginnenden 19. Jahrhundert: Für die 25jährige Clara ist ihr Leben in einer Sackgasse angekommen: von ihrem Geliebten sitzen gelassen und ohne Mitgift hat sie kaum eine Chance, noch einen Mann abzubekommen. Im Gegenteil – durch ihren nichtsnutzigen und spielsüchtigen Bruder kam sie erst in den Schlamassel und die Familie wird nun von allen Seiten geschnitten. Als sie in einem Sturm von einem Unbekannten gerettet wird, scheint sich das Blatt zu wenden – ihr Retter ist allerdings ein Bürgerlicher und für ihre traditionelle Mutter alles andere als standesgemäß….
Persönlicher Eindruck:
Von Carolyn Miller kenne ich bereits einen anderen Regency-Roman. Auch hier in der vorliegenden Geschichte nimmt sie den Leser mit ins alte England, diesmal ins Seebad nach Brighton. Die Kulisse und die damalige Zeit sind wieder gut beschrieben, man hat als Leser sofort die typisch englische Küstenlandschaft vor Augen und ist hineinversetzt in alte Zeiten.
Clara als Hauptfigur ist typisch für ihre Zeit: als adlige Frau war das einzige Bestreben, eine möglichst gute (und für die ganze Familie rentable) Partie zu machen – Tanztees, Bälle und gesellschaftliche Anlässe waren das Parkett, auf dem man zukünftige Heiratskandidaten kennen lernte. Wäre da nicht Claras „Makel“: durch die Spielschulden ihres Bruders ist ihre Mitgift nahezu bei Null und zudem wurde sie von ihrem Liebsten für eine andere verlassen. Alles keine guten Voraussetzungen.
Die männliche Hauptfigur der Geschichte ist Ben, ehemaliger Kapitän seiner Majestät und Claras Retter in Nöten. Dumm nur, dass Ben keinen Adelstitel und auch kein nennenswertes Vermögen besitzt. Auch wenn ziemlich schnell klar ist, dass die beiden sich alles andere als egal sind, leugnet Clara jedwede Anziehungskraft. Sie freundet sich mit Bens beiden Schwestern an und schon die bloße Freundschaft mit zwei bürgerlichen Frauen ist für Claras Mutter ein Graus.
Sehr gut gefallen hat mir, dass ich mich beim Lesen in diese alte Zeit versetzen konnte und die Gedanken und Gefühle der Figuren gut rüber kamen. Standesdünkel und Renommee waren das A und O, auf die Gefühle der jungen Damen wurde wenig bis gar keine Rücksicht genommen. Mich wunderte an vielen Stellen auch, wie leichtfertig man Heiratsanträge annahm, auch wenn sich das Paar nur ein- oder zwei Mal bei einer Tanzveranstaltung sah und im Grunde sich gar nicht kannte.
Ansprechend war auch die Passage, in der es um Bens ehemaliges Schiff Ansdruther, einen Ostindienfahrer, ging. Man erfuhr doch einiges über den historischen Kontext, dieser Teil hätte für meinen Geschmack noch ausführlicher sein dürfen.
Insgesamt war der Roman spannend, wenn auch der Spannungsbogen in der Mitte einen leichten Hänger hatte. Der Schluß war Top und natürlich gab es ein Happy End. Wie es allerdings dazu kam und welche Irrungen, Wirrungen und Ränkespiele die Hauptfiguren durchleben mussten, konnte Frau Miller sehr gut vermitteln. Für alle Freunde von Jane Austen eine Leseempfehlung – ich jedenfalls habe diesen historischen Roman mit christlichem Hintergrund sehr genossen und fühlte mich bis zum Schluss prächtig unterhalten!