Cover des Buches Das Herz ist ein einsamer Jäger (ISBN: 9783257201437)
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Rezension zu Das Herz ist ein einsamer Jäger von Carson McCullers

Rezension zu "Das Herz ist ein einsamer Jäger" von Carson McCullers

von Ferrante vor 13 Jahren

Rezension

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Ferrantevor 13 Jahren
Wahnsinn, was für ein Buch, das ich fast in einem Rutsch gelesen habe! Gefunden habe ich es zufällig in einer Wühlkiste und der Titel sprach mich an - und die Autorin war mir als amerikanischer Klassiker bekannt. Der Roman verströmt unverhohlen Tennesse-Willams-Flair. In einer anonymen Kleinstadt im Süden erleben die Figuren ihr persönliches, kleinbürgerliches Drama unter der sengenden Sommersonne. Da ist Mick, ein Mädchen, das aus einer armen Familie kommt, und in sich die Anlagen zur Komponistin trägt. Verwundert erlebt sie erste Erfahrungen mit der Welt der klassischen Musik und erste Erfahrungen in der Liebe. Dann ist da noch Jack Blount, ein alkoholkranker Tunichtgut, der von einer Stadt zur anderen driftet und seine Umwelt vom Kommunismus überzeugen will. Dann gibt es noch einen alten, schwarzen Arzt, der die Afroamerikaner zur Revolte bringen möchte, aber eigentlich verbittert ist, und einen Cafébesitzer, der heimlich in Mick verliebt ist und dem die Frau wegstirbt. Alle treffen sich bei John Singer, einem Taubstummen, der von allen als geheimnisvoll und allwissend verehrt wird. Dessen Freund, der einzige, dem er wiederum alle seine Gedanken mitteilen kann, liegt im Krankenhaus. Alle kommen zu John Singer und erzählen ihm von ihren privaten Dramen; ironischerweise versteht dieser sie oft gar nicht, aber alle stellen die Gespräche mit ihm immer zufrieden. Als Singers Freund stirbt, begeht auch er Selbstmord, und Mick, Jack, der Arzt und der Cafébesitzer sind mit ihren Gedanken wieder allein. Aber es gibt leise Hoffnung am Ende: Mick geht arbeiten und beschließt, sich ein Klavier zu kaufen und mit der Musik weiterzumachen, um ihrem Leben einen Sinn zu geben. Jack zieht weiter in eine neue Stadt und wagt einen Neuanfang. Der Arzt zieht zu seiner Familie und der Cafébesitzer erlebt am stillen Ende des Romans einen kurzen Epiphanie-Moment, nach dem er sein Leben wieder fortsetzen kann. Mit schlichter, aber dennoch sehr eindringlicher, pointierter und reicher Sprache erzählt Carson McCullers in ihrem ersten Roman, geschrieben mit 23 (!), von den kleinen, verborgenen Dramen im Kleinbürgertum des amerikanischen Südens. Ein Buch, das süchtig macht und leise melancholisch, aber nicht düster ist.
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