Cover des Buches Nightshifted: Medizin um Mitternacht (Nightshifted 1) (ISBN: 9783492954341)
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Rezension zu Nightshifted: Medizin um Mitternacht (Nightshifted 1) von Cassie Alexander

Rasante Geschichte mit kleinen Stolpersteinen

von Wortmagie vor 10 Jahren

Rezension

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Wortmagievor 10 Jahren
Als ich die Beschreibung von "Medizin um Mitternacht" von Cassie Alexander las, war ich sofort Feuer und Flamme. Als Fan von Urban Fantasy und Grey's Anatomy fand ich die Idee, Übernatürliches mit der Welt der Medizin zu verbinden, wahnsinnig spannend. Schließlich versprach der Auftakt dieser neuen Serie rund um die Nachtkrankenschwester Edie Spence, einen Aspekt der übernatürlichen Welt zu beleuchten, der mir so noch gar nicht bewusst war - wohin wenden sich kranke Vampire, Gestaltwandler und Zombies?
Die Antwort wird in "Medizin um Mitternacht" klar beantwortet: an Station Y4 des County Hospital!

Die Hauptperson der Reihe "Nightshifted" ist Edie Spence, eine im Grunde völlig normale junge Frau. Was sie von der Masse unterscheidet, ist ihr Beruf: sie ist Nachtkrankenschwester auf der Station Y4, eine Station, die komplett auf übernatürliche Wesen ausgerichtet ist. Dort wird Tageslichtagenten geholfen, sich in einen vollwertigen Vampir zu wandeln, syphillitische Gestaltenwandler behandelt und Zombies bei der Heilung ihres Körpers durch den Verzehr von Menschenfleisch unterstützt.
Edie nahm den Job auf der Y4 an, um ihrem schwerst drogenabhängigen Bruder Jake zu helfen. Von den sogenannten Schatten, einer Spezies, die sich von starken menschlichen Gefühlen wie Schmerz aber auch Glück ernährt, wurde ihr ein cleanes Leben für ihren Bruder angeboten, im Austausch für ihre Arbeit mit den außergewöhnlichen Patienten der Station.
Als Edie etwa einen Monat auf der Y4 arbeitet und grade glaubt, sich eingefunden zu haben, muss sie sich um einen schwer kranken Tageslichtagenten kümmern, welcher durch eine Nachlässigkeit ihrerseits stirbt. Sein letztes Anliegen war, ein Mädchen namens Anna zu retten. Aus Schuld- und Verantwortungsgefühlen heraus beschließt Edie, seinen letzten Willen in die Tat umzusetzen, weiß jedoch nicht, auf was sie sich damit einlässt.
Sie findet Anna, muss dann jedoch schnell feststellen, dass das etwa 9-jährige Mädchen ein Vampir ist. Bei dem Versuch, sie aus den Klauen anderer Vampire zu befreien, tötet Edie mit Weihwasser einen von Annas Folterknechten, wird von Anna gebissen und das Mädchen flieht.
Ein paar Tage später beginnt ihre vermeintlich gute Tat, Folgen zu zeigen; sie wird vor das Vampirtribunal gerufen für den Mord an einem der ihren. Edie's einzige Chance ist, Anna zu finden und sie bezeugen zu lassen, dass die Tat aus Notwehr geschah. Schnell stellt sich heraus, dass ihr Prozess weniger die Ahndung des Mordes an einem Vampir zum Ziel haben soll, sondern eher ein politisches Ränkespiele der Vampirthrone um das Vampirmädchen Anna darstellt.
So ist Edies Überleben stark an Annas Schicksal geknüpft und sie muss alles dafür tun, Annas Freiheit zu erhalten...

Die Geschichte um die Krankenschwester Edie hat mich vor allem durch Kreativität überzeugt. Ich mochte die Idee von Anfang an und man spürt beim Lesen, mit wie viel Liebe die Situationen im Krankenhaus geschrieben sind.
Cassie Alexander ist selbst Krankenschwester, daher nutzt sie bereits auf den ersten Seiten Fachbegriffe, die in meinen Augen eine gewisse Authentizität in Edie's Gedankenwelt sickern lassen.
Die Handlung an sich ist actiongeladen und rasant, Edie kommt darin nicht zum Schlafen und mir erging es ähnlich, weil ich das Buch nicht weglegen konnte.
Natürlich darf in so einem Buch auch die Liebe nicht fehlen, die allerdings keinen zu großen Stellenwert einnimmt, was ich als sehr angenehm empfand.
Ganz besonders mochte ich den kleinen Kniff mit Großvaters Stimme aus dem CD-Player, dieses Detail hat mich mehrfach zum Schmunzeln gebracht und ich bin gespannt, ob darauf im zweiten Teil noch weiter eingegangen wird.

Trotz dessen ist das Buch ein Erstlingswerk und das merkt man.
In der Mitte der Geschichte liest es sich sehr zäh, Cassie Alexander hat es leider nicht gänzlich geschafft, den Spannungsbogen aufrecht zu erhalten.
Darüber hinaus hatte ich über das ganze Buch hinweg das Gefühl, dass sie sich am wohlsten beim Schreiben der Krankenhaus-Szenen fühlte. Sie blühte in ihrer Schreibweise regelrecht auf, beschrieb detailliert und vorstellbar, was mir an anderen Stellen fehlte. Speziell die Kampfszenen als auch Edie's Begegnung mit den Schatten erschienen mir sehr abstrakt, ich hatte Probleme, mir Umgebung und Handlung vorzustellen. Cassie Alexander blieb hier leider oft oberflächlich.
Außerdem hatte ich auch so meine Probleme mit Edie selbst. Bis zur letzten Seite ist es mir nicht gänzlich gelungen, völlig in ihren Charakter einzutauchen. Man erfährt nur sehr wenig von ihr, ihrer Vergangenheit, ihren Beweggründen, ihren Gefühlen. Natürlich kann das alles noch in den weiteren Bänden kommen, ich fand es aber schade, dass ich bis zum Schluss nicht das Gefühl entwickeln konnte, die Hauptperson wirklich zu kennen.
Dafür, dass sie eigentlich eine normale junge Frau ist, sind mir ihre Reaktionen teilweise auch etwas zu lasch. Sie scheint einerseits Vieles, das mir die Haare zu Berge hätte stehen lassen, einfach so hinzunehmen. Andererseits schätze ich sie charakterlich als nicht so abgebrüht ein, dass sie dazu in der Lage wäre. Ich hätte mir auch eine kleine Beschreibung ihres ersten Tags auf der Y4 gewünscht, um leichter Zugang zu Edie zu finden.

Die Welt, die Cassie Alexander in "Medizin um Mitternacht" erschafft, bedarf noch einiger Erklärungen. Sie hat noch keine Tiefe in Edie's urbanem Umfeld aufgebaut, ich vermute aber, dass das noch folgen wird.
Bisher musste ich mir einiges zusammenreimen, da ich aber nun schon viele Jahre urbane Fantasy lese, konnte ich die Verbindungen trotzdessen finden.
Was vor allem fehlt, ist die Aufklärung darüber, wie die Übernatürlichen in die Gesellschaft eingeflochten sind. Man konnte schlussfolgern, dass der Großteil der Menschheit nichts über ihre Existenz weiß, aber wie wird das erreicht und wie leben Gestaltwandler, Vampire und Co. damit?
Problematisch sind auch die Strukturen der Vampire, die erfahrungsgemäß immer kompliziert sind und in "Medizin um Mitternacht" nur gestreift werden. Es könnte jedoch sein, dass das Absicht war, um den Leser in dem gleichen Unwissen zu halten, mit dem Edie sich plagt.

Abschließend lässt sich für mich sagen, dass es sich bei "Nightshifted - Medizin um Mitternacht" um den soliden Auftakt einer Reihe handelt, aus dem man die Unerfahrenheit der Autorin zwar herausliest, über die man aufgrund der kreativen, spannenden und rasanten Geschichte aber einfach hinwegsehen kann.
Ich habe das Buch trotz der kleinen Holperer und Stolperer sehr genossen, konnte es kaum aus der Hand legen und freue mich auf den nächsten Band. Ich bin gespannt, welche Entwicklung Autorin und Hauptfigur noch machen werden.
4 Sterne für die unglaubliche Idee!
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