Rezension zu "Die Passage nach Maskat" von Cay Rademacher
(ACHTUNG SPOILER WEITER UNTEN)
Im Oktober 1929 reist Theodor Jung mit seiner Familie Dora und deren Familie von Marseille mit einem Schiff nach Maskat. Doras Familie möchte dort Geschäfte abwickeln und Jung eine Reportage über den Orient machen. Nach ein paar Tagen verschwindet Dora spurlos und jeder an Bord behauptet, dass sie nich auf dem Schiff gewesen sei. Ihre Familie legt Jung sogar ein Telegramm vor, das Dora angeblich aus Berlin geschickt habe. Er glaubt, wahnsinnig zu werden, denn auch Doras Sachen sind verschwunden, so als wäre sie tatsächlich nie an Bord gewesen. Sein Wahnsinn wird durch die Stewardess Fanny beendet, die natürlich seine Frau zusammen mit ihm gesehen hat. Die beiden verbünden sich, um der Sache auf die Spur zu gehen.
„Die Luft schmeckte nach Salz“ ist ein Satz, den Rademacher anscheinend gerne verwendet. Er kommt so oft vor, dass er fast zu einem komischen Element wird. Nein! Auf dem Meer schmeckt die Luft nach Salz? Wie kann das denn?
Scherz beiseite, es war ein richtig tolles Buch. Anfangs war ich mir lange unsicher, ob ich die Geschichte mag oder nicht und war sehr lange neutral gegenüber der Handlung und der Personen eingestellt. Gepackt hat es mich erst so nach der Hälfte. Vorher fand ich es einfach sehr schwer zu lesen, wie doof Jung von seinen Schwiegereltern und Konsorten einfach behandelt wird. Allerdings ist mir schleierhaft, dass die Hauptbösewichte so einfach, schnell und offen, Jung gegenüber alles zugeben. Das fand ich etwas an den Haaren herbeigezogen, aber notwendig, weil die Handlung von Hinweis zu Hinweis linear vonstattengeht. Aber wie er sich von Brotkrumen zu Brotkrumen hangelt, war eigentlich auch ganz spannend.
Sprachliches ist das Buch echt top! Rademacher verwendet hier und da hochgestochene Sprache, die es dem Leser leichter macht, sich in das noble Ambiente der Ersten Klasse einzufühlen. Auch Berliner Dialekt ist mit drin. Klasse!
Jung als Protagonist war… eigentlich charmant. Ich mochte ihn die meiste Zeit sehr gerne, außer wenn er zu hitzig war. Allerdings ist er wirklich, wie auch von mehreren Passagieren angemerkt, richtig naiv. Er zieht bis zum Schluss keine Minute die Wahrheit auch nur in Betracht, obwohl dem Leser schon ziemlich früh der Verdacht kommt, dass Dora das alles eingefädelt hat. Allerdings macht ihn das auch wieder zu einem sehr angenehmen Charakter; dass er in seiner eigenen Welt lebt. Das sieht man auch am Schluss so gut, wenn er spontan entscheidet, dass er nicht mehr nach Berlin zurückkehren möchte.
Also, bis auf ein paar kleine Makel, fand ich das Buch sehr schön und würde es immer weiterempfehlen.