Inhalt
Der Titel stellt schon unmissverständlich klar, dass sich der Roman vornehmlich mit einer lesbischen Thematik befasst. In Zentrum steht hierbei Tina. Heterosexuell und erst kürzlich von ihrem untreuen Lebensabschnittsgefährten getrennt, gerät sie auf ihrer spontanen Wohnungssuche schnell an die Frauen-WG, in der sie sich Hals über Kopf niederlässt. Was sie nicht weiß, die Frauen, die dort leben, sind alle lesbisch. Gleichzeitig ahnen die Frauen nicht, dass das auf Tina nicht zutrifft. Die Geschichte entspinnt sich aus dem anfänglichen Missverständnis, das völlig unterschiedliche Lebenswelten zusammenführt.
Rezension
Vorab ist zu sagen, dass das Buch für mich aus diversen Gründen ernüchternd, teilweise sogar problematisch ist. Bevor ich dazu komme, möchte ich aber darauf hinweisen, dass das möglicherweise auch an dem zeitlichen Kontext liegt, in dem das Buch eingebettet ist. Leider konnte ich nicht herausfinden, wie alt die Autorin ist. Das Buch jedoch wurde 2010 veröffentlicht, was ungefähr den Zeitraum umfasst, in dem ich mich selbst voll im Outing befunden habe. Tatsächlich habe ich diese Zeit und die gesellschaftlichen Umstände aber völlig anders wahrgenommen als in diesem Buch beschrieben. Dementsprechend ist möglicherweise das Phänomen Generationskonflikt schuld, dass mir das Buch jetzt, 15 Jahre nach seiner Veröffentlichung, überhaupt nicht gefallen hat. Warum das so ist, dazu komme ich jetzt.
Ich freue mich immer für mich neue, lesbische Literatur zu entdecken, habe leider aber Vorbehalte gegenüber deutschen Geschichten. Grund dafür ist so banal wie albern: die Namen. Hier wurden meine Vorurteile bestätigt. Das ist wahrscheinlich sehr subjektiv, aber ich stoße mich an Namen wie „Olga“, „Käthe“ oder „Astrid“, weil ich dabei – warum auch immer – alte Damen im Kopf habe und keine lesbischen Frauen in ihren Zwanzigern. Damit hätte ich mich allerdings noch arrangieren können, wären die Charaktere nicht derart stereotypisch gewesen. Begriffe wie Butch oder Kampflesbe, werden in diesem Buch nicht nur selbstverständlich genutzt, sondern auch ihrem Klischee entsprechend dargestellt. Vielleicht liegt es daran, dass ich einer Zeit aufwachse, in der man sich von diesem Schubladendenken distanzieren möchte, weil es zu Diskriminierung und Vorurteilen in der eigenen Community führt, aber dadurch haben mir die meisten Charakterkonzepte missfallen.
Dabei finde ich die Idee einen Perspektivwechsel zu erschaffen, in dem sich die Protagonistin als heterosexuelle Cis-Frau als Außenseiterin sind und sich unwohl damit fühlt, sich als heterosexuell zu outen, wahnsinnig gut. Leider scheitert es an der Umsetzung. Die Dialoge sind meistens flach und die feminisierte Sprache hat mich einfach nicht abgeholt. Auch Tinas inneres Erleben und ihre eigene sexuelle Selbstfindung gingen mir meistens mehr auf die Nerven, als dass ich mich damit hätte identifizieren können. Es gab genau einen Charakter, Lilly, die mir sympathisch war und in ihren Schilderungen und Verhalten authentisch gewirkt hat.
Ansonsten versucht der Roman eben auch gewollt witzig zu sein, erlangt dabei aber nur das „auf einer Banane ausrutschen“ Niveau, was mir persönlich zu stumpf ist.
Der wahrscheinlich größte Kritikpunkt bildet für mich aber die Pauschalisierung von Männern. Tinas Ex ist selbstverständlich der patriarchische Macho vom Dienst, der über die Dörfer geht und in Konflikten aufbrausend und teilweise übergriffig reagiert. Tina hingegen ist zu Anfang nur wenig emanzipiert und hinterfragt dieses Verhalten erst gar nicht. Dafür ist erst eine Gruppe Frauen nötig, die sich mit Phrasen wie „du verhältst dich wie ein Kerl“ stets abfällig über das andere Geschlecht äußert und ihre WG zur männerfreien Zone erklärt hat. Damit kann ich persönlich überhaupt nichts anfangen und meiner Meinung nach impliziert es auch ein völlig falsches Bild von lesbischen Frauen. Denn es steht im krassen Kontrast zu en Forderungen nach gesellschaftlicher Akzeptanz und Gleichberechtigung, wenn man die selbst nicht erbringen kann.
Mal abgesehen davon, dass Bisexualität nur am Rande eine Erwähnung findet, während Transsexualität völlig ignoriert wird und schwule Männer auch nur sehr stereotypisch behandelt werden.
Fazit
Möglicherweise ist das Buch einfach nicht mehr zeitgemäß, aber auch vor dem Hintergrund des zeitlichen Kontextes empfinde ich das Buch als schwierig, weswegen ich es niemandem empfehlen würde, der mit seiner Sexualität hadert oder einfach neugierig ist. Wenn man eine leichte Lektüre sucht, ist es vielleicht ein nettes Buch für zwischendurch, mehr aber auch nicht.