Cover des Buches Plötzlich in Peru (ISBN: 9783522502153)
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Rezension zu Plötzlich in Peru von Chantal Schreiber

Rezension zu "Plötzlich in Peru" von Chantal Schreiber

von goldmarie vor 12 Jahren

Rezension

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goldmarievor 12 Jahren
Eigentlich hat die achtzehnjährige Elena ihr Leben nach dem Schulabschluss genau geplant: Wirtschaftsstudium in Wien, eine gemeinsame Wohnung mit Langzeitfreund Theo und irgendwann Hochzeit und Kinder. Doch dann scheint sich Theo auf einmal nicht mehr so sicher zu sein, und Elena ergreift spontan die Chance, drei Monate als Volontär in einem Waisenhaus in Peru zu arbeiten. Nachdem anfängliche Organisations- und Hygieneschwierigkeiten überwinden sind, lernt Elena bald das wahre Peru kennen und in seiner rauen Schönheit auch lieben. Doch nicht nur das Land löst widersprüchliche Gefühle in ihr aus – Spanischlehrer Sebastián bringt sie mit seinem ironischen Grinsen zur Weißglut und dennoch muss sie sich eingestehen, dass er nicht nur das südländische Temperament in ihr geweckt hat… Schön, dass es noch Jugendbücher abseits des Vampir-, Engel- und Dystopiendschungels gibt. Plötzlich in Peru ist Reisebericht, Liebesgeschichte und Selbstfindungstrip in einem. Über 600 Seiten starkes pures Lesevergnügen, das mich bis zur letzten Seite unglaublich gut unterhalten hat. Trotz der geschichtlichen und kulturellen Passagen wird das Buch nie langatmig, da diese schön und schlüssig in die Geschichte eingeflochten sind. Elena ist ein toller und vielseitiger Charakter – stark, intelligent, humorvoll und sensibel. Ihre anfänglich fast zwanghafte Zielstrebigkeit und ihr Organisationswahn werden im Laufe des Buches abgelöst von einer erfrischend temperamentvollen Seite, die ihr ausgesprochen gut tut. Chantal Schreiber schafft es, ihre Protagonisten so liebevoll und einzigartig zu zeichnen, dass man sich direkt in ihrer Rolle hineinversetzt, mit ihnen liebt, leidet und eine Entwicklung durchmacht. Die Beziehungen und Gefühle der Charaktere sind einfach echt und nachvollziehbar, genau das macht sie so sympathisch. Die Arbeit als Volontär in einem Waisenhaus, eine Reise in ein weit entferntes Land, das sich in gesellschaftlichen und kulturellen Strukturen stark von Europa unterscheidet, das bietet interessanten Stoff für einen Jugendroman. Gerade Charaktere wie Elena, die sich über ihre Zukunft immer so sicher zu sein schien, und in Peru wichtige Erfahrungen zur Selbstfindung und ihr ganzes Leben macht, braucht das Jugendbuch-Genre. Viele Jugendliche und junge Erwachsene – ich schließe mich selbst nicht aus – kommen auf dem Weg zum Erwachsenwerden irgendwann an den Punkt, wo sie nicht weiter wissen, wo sie wichtige Entscheidungen treffen müssen, wo es um die ersten großen Gefühle geht, die erste große Liebe, den ersten tieftraurigen Schmerz. Ich wünsche mir mehr Autoren wie Chantal Schreiber, die den Leser so nahe an Elenas Entwicklung teilnehmen lässt. Und ich hoffe, dass das Buch viele junge Leser dazu ermutigen wird, sich der Erfahrung eines Auslandsaufenthalts zu stellen und davon zu profitieren. Warum ich trotz meiner Begeisterung einen halben Punkt abziehen muss? Das Ende der Geschichte war mir einfach zu kitschig. Wo das Buch bisher durch realitätsnah gezeichnete Gefühle punktete, war der Schluss schlicht und ergreifend überladen – von der Standard-Flughafenszene bis zu Elenas Zukunftsplänen, alles schien irgendwie in rosa Watte gepackt, um den Haken an der Sache schön draußen zu halten. Andere mögen gerade dieses Happy End als besonders süß empfinden, ich persönlich bevorzuge es gewürzt mit einer kleinen Prise Drama.
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