Charles Nodier

 4,1 Sterne bei 7 Bewertungen
Autor*in von Jean Sbogar, Die Krümelfee und andere Erzählungen und weiteren Büchern.

Alle Bücher von Charles Nodier

Cover des Buches Jean Sbogar (ISBN: 9783989651012)

Jean Sbogar

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Erschienen am 26.11.2024
Cover des Buches Inès de Las Sierras/Lydie (1837/1839) (ISBN: 9783759809278)

Inès de Las Sierras/Lydie (1837/1839)

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Erschienen am 30.04.2024
Cover des Buches Die Krümelfee und andere Erzählungen (ISBN: 9783423240475)

Die Krümelfee und andere Erzählungen

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Erschienen am 01.12.1997

Neue Rezensionen zu Charles Nodier

Cover des Buches Jean Sbogar (ISBN: 9783989651012)
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Rezension zu "Jean Sbogar" von Charles Nodier

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Sich einmal wie Napoleon fühlen ...

Was macht man als gescheiterter Herrscher über ein Riesenreich, wenn man von Gefolgsleuten und Gegnern ans andere Ende der Welt verbannt wurde? Sinniert man über das Leben? Schmiedet man Pläne für eine (neuerliche) Flucht und einen Angriffsplan zur (neuerlichen) Machtergreifung? Schleicht man herum und ergötzt man sich an den Naturschönheiten? Wahrscheinlich.

Doch wahrscheinlicher ist es, dass man sich der Literatur hingibt – Zeit hat man schließlich genug. Und dann fällt einem ein Werk in die einst lenkenden Hände, dass man einfach nicht mehr beiseitelegen kann. Ein Tag – ein Buch. Fertig ist die Legende. Wenn man Napoleon heißt. Und auf St. Helena die letzte Zeit seines Lebens verbringt.

Ist es ein Zufall, dass dem einstigen Herrscher Europas genau dieses Buch in die Hände fiel? Vielleicht. Dass es ihn in seinen Bann gezogen hat, ist dagegen kein Wunder. Eine Frau, ein Mann verlieben sich ineinander. Sie, Antonia, aus reichem Haus, Vollwaise mit sich rührender Ersatzmutter und er, Lithargo, ein wenig geheimnisvoll. Er macht wenig Worte. Doch, wenn er was sagt, dann das Richtige. Und trotzdem schweben zwischen den Beiden die Wolken des Zweifels. Denn Lithargo ist nicht nur Lithargo. Er ist auch Jean, Jean Sbogar. Von Beruf: Räuberhauptmann. Will der vielleicht nur an die Mitgift der zarten Antonia? Oder hat er ehrbare Gefühle für sie? Vollzieht er gar die Wandlung vom Saulus zum Paulus?

Charles Nodier gehört neben Victor Hugo und Honore de Balzac zu den Vätern der französischen Romantik. In „Jean Sbogar“ zog er einst Napoleon und bis heute – seit zweihundert Jahren begeistert er seine Leser – jeden, der das Buch in die Hand nimmt und erst nach der letzten Seite wieder ablegen kann. Pure Fiktion. So wunderschön gefühlvoll, kraftvoll und von bemerkenswerter Eleganz. Triest und Venedig sind allein schon wegen ihres Rufes prädestiniert für eine romantische Handlung. Doch Charles Nodier setzt dem Ganzen die Krone auf. Wer auf spannende Abenteuer mit mehr als einer Nuance Romantik steht, wird mit „Jean Sbogar“ ein wahres Inferno der besten Sorte erleben.

Cover des Buches Jean Sbogar (ISBN: 9783989651012)
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Rezension zu "Jean Sbogar" von Charles Nodier

Sigismund
Klassiker der französischen Romantik

REZENSION
– Vor über einem Jahr gründete die promovierte Romanistin Alexandra Beilharz ihren Flur Verlag. Dessen Schwerpunkte sollen vergessene Klassiker der französischen Literatur sowie anspruchsvolle Phantastik und Essays sein. Ein vergessener Klassiker ist zweifellos die im November herausgegebene, um bisher ausgelassene Passagen ergänzte und von der Verlegerin selbst in Teilen übersetzte Neuausgabe des Räuberromans „Jean Sbogar“, einer 1818 veröffentlichten Erzählung von Charles Nodier (1780-1844). Der französische Schriftsteller gilt als Mitbegründer der französischen Romantik und führte das Phantastische in die französische Literatur ein. „Jean Sbogar“, eine Mischung aus Abenteuer- und Liebesroman, machte Nodier bekannt, obwohl dessen Erstauflage noch anonym erschien. Eine erste Übersetzung ins Deutsche gab es 1835, gefolgt von einer Bearbeitung aus dem Jahr 1914, die beide Grundlage der Neuausgabe waren.

Die romantisch-schauerliche, mit Landschaftbeschreibungen zusätzlich ausgeschmückte Liebesgeschichte, die 1808 in Triest und Venedig spielt, ist schnell erzählt: Die mental schwächliche 17-jährige Kaufmannstochter Antonia lebt nach dem Tod der Eltern mit ihrer 32-jährigen, bereits verwitweten Stiefschwester Alberti im Elternhaus am Stadtrand von Triest. Die Stadt leidet ebenso wie Venedig unter napoleonischer Herrschaft. Eine gegen Adel und Patriziat rebellierende Räuberbande unter Hauptmann Jean Sbogar – im Volk längst eine Legende – soll im verfallenen Schloss Duino oberhalb von Triest ihren Unterschlupf gefunden haben. Während eines Aufenthalts in Venedig lernt Antonia bei einer Abendgesellschaft den geheimnisvollen Lothario kennen, einen jungen Edelmann unbekannter Herkunft, der immer plötzlich auftaucht und bald wieder verschwindet. Antonia verliebt sich in ihn. Ihre Liebe wird auch erwidert, doch nach wenigen Treffen verschwindet Lothario. Er will diese unschuldige junge Frau vor drohendem Unheil bewahren. Denn Lothario ist kein anderer als der gesuchte Rebell Jean Sbogar, der aufgrund seines Doppellebens mit inneren Konflikten zu kämpfen hat. Zwar kommt es später unter dramatischen Umständen zu einem Wiedersehen, bei dem Antonia in Jean Sbogar ihren Liebsten erkennt, doch für beide endet die Geschichte nach einem furiosen Finale äußerst tragisch.

Die Lektüre dieses Romans aus dem frühen 19. Jahrhundert ist für heutige Leser zweifellos gewöhnungsbedürftig. Lange verschachtelte Sätze in wohl gesetzter Wortwahl erschweren das Lesen und erfordern Konzentration. Auch mag die reine Liebesgeschichte nicht mehr in unsere moderne Zeit passen. Doch schildert der Roman neben aller Romantik auch ein Sittenbild damaliger Zeit, als Adel und Patriziat das Land beherrschten, während das einfache Volk darben musste. Gegen diese Ungerechtigkeit, für Demokratie und individuelle Freiheit kämpft Jean Sbogar mit seinen Rebellen. „Ist die Politik zu einer Wissenschaft von Phrasen verkommen, ist alles verloren“, heißt es im Kapitel „Lotharios Aufzeichnungen“, das in frühen Ausgaben ausgelassen und erst jetzt in die Neuausgabe aufgenommen wurde.

An anderer Stelle verteidigt Lothario sein diskreditiertes Alter Ego Jean Sbogar und dessen Einsatz für die Revolution: „Sucht in Eurem Gedächtnis, wer die Stifter der neueren Gesellschaften sind, und Ihr werdet finden, dass es Banditen sind, wie jene, die Ihr so lieblos verurteilt.“ Dieser und andere Sätze sind es, die „Jean Sbogar“ in der Rückschau noch heute zu einem interessanten politischen Roman machen. Dazu zählt literaturhistorisch auch das 35-seitige Vorwort, das Charles Nodier erst der Ausgabe des Jahres 1832 voranstellte. Hier widerspricht er Kritikern, die ihn des Plagiats bezichtigten. Er soll bei vorangegangenen Werken wie Friedrich Schillers „Räuber“ (1782), Heinrich Zschokkes „Abällino, der große Bandit“ (1794) oder Lord Byrons „Corsair“ (1814) und anderen gestohlen haben. Doch tatsächlich hatte Nodier mit seiner Erzählung lediglich die Vielzahl der damals beliebten romantisch-schaurigen Räuberromane um ein weiteres Werk ergänzt. Vielleicht neideten ihm die Kritiker nur seinen Erfolg? Denn sogar Napoleon soll Nodiers Bestseller binnen einer Nacht auf Sankt Helena gelesen haben. Heute dürfte „Jean Sbogar“ besonders für Liebhaber klassischer und romantischer Literatur ein literarischer Leckerbissen sein.

Cover des Buches Jean Sbogar (ISBN: 9783989651012)
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Rezension zu "Jean Sbogar" von Charles Nodier

Buecherbriefe
Erfreuliche Wiederentdeckung

Charles Nodier gelang 1818 mit dem Räuberroman Jean Sbogar der literarische Durchbruch und ein großer kommerzieller Erfolg. Von diesem Ruhm ist vor allem hierzulande nicht mehr viel übrig geblieben. Nun liegt eine Neuauflage im Flur Verlag vor, die dies ändern möchte. Mit Erfolg? 

Zu Unrecht verschollen

Wenn es um französische Klassiker geht, dann kommen zeitgenössischen Lesern sicherlich zahlreiche Namen in den Sinn – Charles Nodier wird nur in den wenigsten Fällen dazuzählen. Doch warum eigentlich?

Charles Nodier wurde 1780 als Sohn eines Richters geboren, veröffentlichte bereits in jungen Jahren provokante Schriften gegen Napoleon und blieb alleine dank des Einflusses mächtiger Freunde vor allzu harten Strafen verschont – dabei soll Napoleon Jahre später Jean Sbogar auf Sankt Helena in nur einer Nacht verschlungen haben.

Seinen literarischen Durchbruch feierte er 1818 mit dem Räuberroman Jean Sbogar, der innerhalb kürzester Zeit mehrere Neuauflagen nach sich zog. Daneben betätigte er sich auch als Kritiker und förderte die Arbeit von jüngeren Kollegen wie etwa Victor Hugo oder Alexandre Dumas. Rückblickend gilt er als Mitbegründer der französischen Romantik und Wegbereiter der phantastischen Literatur in Frankreich. An seinem reinen Schaffen kann sein Verblassen also nicht liegen – liegt es möglicherweise an seinen schriftstellerischen Qualitäten?

Klassischer Räuberroman

Charles Nodier traf mit seiner Erzählung sicherlich den Zeitgeist. Damals wie heute scheint das Publikum von Räubergeschichten fasziniert zu sein. Neben dem allgegenwärtigen Robin Hood feierten Friedrich Schiller, Carl Zuckmayer oder auch Heinrich Zschokke (um nur wenige Beispiele zu nennen) mit ihren eigenen Räubergeschichten große (kommerzielle) Erfolge.

Kein Wunder, was könnte schließlich leichter polarisieren und damit begeistern als ein Haufen wilder und gleichzeitig edler Außenseiter, die soziale Missstände nicht nur anprangern, sondern auch handfest beseitigen können? Dem konnte sich nicht einmal ein Nodier entziehen, der zeit seines Lebens überzeugter Royalist blieb.

Die Mischung überzeugt

Die Handlung weiß in erster Linie durch das Zusammenspiel der einzelnen Elemente (Liebes-, Abenteuer- und Schauergeschichte) zu überzeugen. So verläuft die Liebesgeschichte genau so, wie man es von einer Liebesgeschichte dieser Zeit auch erwarten darf. Die grundsätzlich gut konstruierte Abenteuergeschichte leidet ein wenig darunter, dass der Autor immer dann wegschaltet, wenn es spannend wird. 

Das hat sicherlich mal den Hintergrund gehabt, den Leser möglichst lange über die Identität von Lothario und Jean Sbogar im Unklaren zu lassen – die heutige Leserin weiß aber bereits zu Beginn, aus welcher Richtung der Wind weht. Immerhin tröstet uns das Ende mit einigen stilechten Schauerliteratur-Elementen darüber hinweg, auch wenn diese nur einen kleinen Teil der gesamten Handlung ausmachen.

Sprachlich ein Kind seiner Zeit

In handwerklicher Hinsicht handelt es sich um ein Produkt seiner Zeit. Neben einem auktorialen Erzähler und einer bildhaften Sprache stechen insbesondere die recht langen Satzkonstruktionen hervor, bei denen sich an Nebensatz an den nächsten hängt, ohne ein, wie auch immer geartetes, Ende zu finden. Entscheidende Elemente eines Satzes werden dabei wild verteilt und grundsätzlich erschließt sich der Inhalt erst ganz am Ende, sodass eine gewisse Aufmerksamkeitsspanne nötig ist, um diesen Roman wertschätzen zu können.

Daneben finden wir immer wieder Anspielungen auf die griechische Mythologie, die der heutigen Leserschaft nicht zwangsläufig geläufig sein dürften – hier wäre ein kleiner Anmerkungsapparat vielleicht nicht zwingend, aber wünschenswert gewesen.

Den einzelnen Kapiteln vorangestellt sind Zitate anderer Autoren, wobei es Nodier mit der Wahrheit nicht allzu genau nahm: so manches Zitat wurde von ihm äußerst frei übersetzt, das eine oder andere sogar frei erfunden.

Fazit

Jean Sbogar von Charles Nodier stellt eine äußerst gelungene Wiederentdeckung eines unterhaltsamen Räuberromans dar. Eine womöglich herausfordernde, aber lohnenswerte Lektüre.


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