Heutzutage glaubt kein Mensch mehr, dass ein vierzehnjähriges Mädchen mitten im Winter sein Elternhaus verlassen könnte, um den Mord an seinem Vater zu rächen; aber damals erschien einem das nicht so seltsam – wenn ich auch sagen muss, dass es sicher nicht alle Tage vorkam. Ich war gerade mal vierzehn, als ein Feigling namens Tom Chaney meinen Vater unten in Fort Smith, Arkansas, über den Haufen schoss und ihm sein Leben, sein Pferd, 150 Dollar sowie zwei kalifornische Goldstücke raubte, die er im Hosenbund trug. (S.7)
Die 14jährige Mattie Ross will den Mörder ihres Vaters zur Rechenschaft ziehen. Sie begibt sich nach Fort Smith und heuert den alternden Marshal Rooster Cogburn an, um den Mörder Tom Chaney zu jagen. Ebenfalls auf der Suche nach Chaney ist der Texas Ranger LaBœuf, denn in Texas ist auf diesen ein hohes Kopfgeld ausgesetzt. Die beiden Männer wollen gemeinsam den Mörder im angrenzenden Indianerterritorium aufspüren. Doch beide haben nicht damit gerechnet, dass Mattie sich der Jagd anschließen wird.
Mattie ist ein überaus kluges und selbstbewusstes Mädchen. Sie lässt sich auch vom Widerstand der Männer nicht beeindrucken, nimmt an der Jagd teil und erwirbt sich nach und nach den Respekt der Männer. Überhaupt lebt diese Geschichte von den drei unterschiedlichen Charakteren der Hauptfiguren. Die mutige, resolute, manchmal vorlaute Mattie, der etwas abgehalfterte, dem Alkohol nicht abgeneigte, einäugige Rooster und der hartgesottene und großspurige LaBœuf sind sich anfangs alles andere als grün, sie reiben sich aneinander, aber – man ahnt es – raufen sich im Laufe der Geschichte zusammen. Das ist zumeist ziemlich vergnüglich zu lesen.
Die Handlung spielt um das Jahr 1880 in Arkansas und dem damaligen Indianer-Territorium (heute: Oklahoma). Zu Beginn taucht auch die echte Person des berühmt-berüchtigten Richters Isaac Charles Parker in der Story auf. Die Geschichte wird von Mattie rückblickend als Ich-Erzählerin erzählt. Die Erzählperspektive empfand ich durchaus als suboptimal, denn Mattie kommt in ihrer eigenen Erzählung manchmal etwas altklug daher. Zudem verliert sie sich gerade am Anfang in etwas belanglosen Szenen, ein wenig mehr Stringenz wäre nicht schlecht gewesen. So richtig Fahrt nimmt die Story erst zur Mitte des Buches auf, als Mattie, Rooster und LaBœuf ins Indianer-Territorium aufbrechen, um Chaney nachzustellen, der sich der Bande des Banditen Ned Pepper anzuschlossen hat.
Charles Portis arbeitete zunächst als Journalist, ehe er sich der Schriftstellerei widmete. Bereits mit seinem Debüt „Norwood“ war er erfolgreich, sein 1968 erschienener zweiter Roman „True Grit“ wurde dann sein größter Erfolg. Erstmals wurde der Roman schon 1969 unter der Regie von Henry Hathaway verfilmt, in Deutschland unter dem Titel „Der Marshal“. John Wayne gewann damals in der Rolle des Rooster Cogburn einen Oscar als bester Hauptdarsteller.
Vierzig Jahre später verfilmten die Coen-Brüder den Stoff erneut. Auf die üblichen Skurrilitäten, die man bei den Coens gewohnt ist, muss man jedoch nicht verzichten, so etwa findet die erste Begegnung zwischen Mattie und Rooster durch die Tür eines Klohäuschens statt oder Mattie übernachtet zunächst beim Bestatter zwischen den Särgen. Später im Film beißt sich LaBoeuf fast die Zunge entzwei und lispelt fortan. Dennoch ist True Grit deutlich enger am Originalwerk als „Der Marshal“. Er beginnt sogar mit den Original-Anfangssätzen. Wie im Buch ist das Zusammenspiel der Darsteller von besonderem Reiz. Dabei hat mich durchaus überrascht, dass die damals 13jährige Hailee Steinfeld als Darstellerin der Mattie sich gegen die schauspielerischen Schwergewichte Jeff Bridges (als Rooster) und Matt Damon (als LaBoeuf) behaupten kann. Interessant fand ich die Anpassung im Drehbuch, dass die drei sich im Streit gleich zweimal trennen, während dies im Buch nicht passiert. Insgesamt ist die Verfilmung aus meiner Sicht gut gelungen, da sie die Atmosphäre und den Stil des Buches adäquat in Bilder umsetzt.
Insgesamt muss ich zusammenfassen, dass „True Grit“ (übersetzt übrigens: „Echter Schneid“) ein Spätwestern um ein Rache/Vergeltungsmotiv ist, der mich gut unterhalten hat, aber bei dem mir ein paar Überraschungsmomente für die ganz große Begeisterung fehlten. Das Grundgerüst ist ziemlich genrekonventionell, allerdings sorgen die unterschiedlichen Charaktere der drei Hauptfiguren durchaus für Abwechslung.