Rezension zu "Léonide" von Charlotte Schaefer
Inhalt:
Léonide Geroux lebt mit ihrem Bruder Willem bei ihren Eltern in Arles - Südfrankreich, am Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Willem, ein leidenschaftlicher Maler erkrankt in der Hitze des Jahres 1888 an Fieberwahn und sein Leben wird von da an von Halluzinationen, aggressiven Ausbrüchen und Stimmen in seinem Kopf bestimmt. Léonide wendet sich verzweifelt an den berüchtigten Mediziner und Alchimisten Constantini, der ihr für ihren Bruder ein Heilmittel gibt, das ihn schnell wieder auf die Beine bringen soll. Doch dieses Mittel versagt und nach zwei Wochen scheint es, als würde sich Willems Zustand nur noch mehr verschlechtern. Der Arzt Frédéric untersucht die Substanz und stellt fest, dass es sich dabei nur um einfaches Wassergemisch handelt. Gemeinsam mit ihm macht sich die stutzig gewordene Léonide auf die Suche nach der Wahrheit. Was hat Constantini mit Willem zu tun? Warum wollte er ihm schaden? Im Laufe der Reise kann Léonide weder Wahn noch Wirklichkeit unterscheiden und sieht selbst ihre engsten Vertrauten als ihre größten Feinde. Wird sie dem Geheimnis um Willem und Constantini auf die Spur kommen?
Schreibstil:
Charlotte Schaefers Schreibstil ist gespickt mit Beschreibungen und fremden Attributen, die noch nie jemand gehört hat. Manche näheren Beschreibungen zu den Substantiven scheinen krampfhaft an den Haaren herbeigezogen zu sein und man findet kaum ein Nomen, das ohne ein merkwürdiges Adjektiv beschrieben wird. Alles in allem ist der Schreibstil nicht schwer, aber auch nicht leicht. Locker flockig lassen sich die Seiten nicht umblättern, aber mehr als drei Minuten braucht man für eine Seite auch nicht. Léonide ist der Ich-Erzähler in dieser Geschichte und ihre Wahnvorstellungen zum Ende hin werden sehr ausführlich - aber auch teilweise viel zu langatmig beschrieben. Durch manche Sätze entsteht Verwirrung beim Leser und manchmal schweift die Autorin auch geradezu von der Geschichte ab. Besonders tiefsinnig ist der Schreibstil also nicht. Vielleicht sollte er so wirken, aber das Ergebnis scheint dann doch ein wenig krampfhaft aufs Papier gekommen zu sein.
Meine Meinung:
Dieses Buch wollte ich lesen, weil ich noch nie einen historischen Roman gelesen habe und ich habe mich dazu durchgerungen, das Genre endlich auch einmal zu entdecken. Ha! Nix da. Nichts mit 19. Jahrhundert und Historie. Entweder hat sich die Autorin nicht wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt, oder sie hat es im Laufe des Schreibens einfach vergessen. Denn von zwei Jahrhunderten Unterschied bekommt man nichts mit. Man würde denken, das Buch spielt in der heutigen Zeit, wenn nicht hinten auf dem Buchrücken etwas anderes stehen würde. Nun gut, kann ich mich also doch noch eine Weile vor diesem Genre drücken.
An keiner Stelle konnte mich das Buch in seinen Bann ziehen. Der Autorin ist es nicht gelungen, Spannung aufzubauen und den Leser zu fesseln. Der rote Faden der Geschichte, der sich eigentlich mit einigen kleinen (oder auch großen) Abzweigungen durch die Handlung ziehen sollte, war manchmal mehr oder weniger komplett abgerissen und wurde nicht wieder neu aufgenommen. Plötzlich stand über wahnsinnig viele Seiten eine ganz andere Handlung oder ein Ziel im Vordergrund und man wusste nicht, welcher Faden denn jetzt nun am Ende wieder aufgegriffen werden würde. Genauso wie dieses wirre Geschreibsel hätte sich Charlotte Schaefer auch die unendlich langen und teilweise unnützen Beschreibungen sparen können. Zwar sind die Ortsbeschreibungen manchmal sehr schön und auch bildhaft, wenn man sie dann aber alle zehn Seiten liest, wird es zu viel.
Ich bin mir sicher, dass dieses Buch für viele definitiv KEIN Blickfang ist. Es spricht mich keineswegs an und ist auch keine Schönheit in meinem Regal. Vom Titel möchte ich gar nicht anfangen. Zwar hat Stephen King bei manchen seinen Büchern auch nur die Namen der Protagonisten benutzt, aber bei seinen Romanen konnte wenigstens der Inhalt das wieder wett machen. Charlotte Schaefer hätte sich dank des nicht wirklich ansprechenden Covers schon einen Titel ausdenken sollen, der einem zusagt und neugierig macht, was wohl im Buch geschieht. Leider beide Kritikpunkte in meinen Augen total verfehlt.
Über Léonide Geroux, die Protagonistin erfährt man im Buch nicht wirklich viel, da die Geschichte von einem Ich-Erzähler (in dem Falle Léonide) erzählt wird. Meiner Meinung nach hätte die Autorin bei diesem Buch lieber auf eine andere Erzählperspektive zurückgreifen sollen, weil der Leser keine richtige Beziehung zu den Charakteren aufbauen kann. Auch zu Willem, Léonides Bruder kann der Leser kaum durchdringen. Das einzige, was ihn mir ein wenig näher gebracht hat, ist die Malerei. Frédéric, der behandelnde Arzt von Willem bleibt im Laufe der Geschichte genauso unnahbar wie die anderen Figuren. Insgesamt sind die Charaktere viel zu oberflächlich. Es fehlt ihnen die Tiefe und die Verbindung zum Leser. Selbst wenn das Buch dann vielleicht noch etwas länger geworden wäre, geschadet hätte es nicht. Wiederum hat mir die Beziehung von Frédéric und Léonide gut gefallen. Beide erwachsene Menschen, beide intelligent. Vielleicht war Léonide in dieser Beziehung ein wenig naiv, aber nicht so sehr, dass es angefangen hat zu nerven. Keine oberflächliche Liebe, die nur mit "Schatz hier, Schatz da" ihren Weg durch das Buch sucht.
Fazit:
Von diesem Buch darf man auf keinen Fall einen historischen Roman erwarten. Der Klappentext muss größtenteils außen vor gelassen werden und wert auf eine atmeberaubend spannende Mystery-Geschichte darf auch nicht gelegt werden! Oberflächliche Charaktere und kein bestimmtes Handlungsziel machen den Roman zu einem langweiligen Erlebnis. Die guten schriftstellerischen Fähigkeiten der Autorin sind nicht zu bestreiten, jedoch sollte sie mehr an der Kreativität und der Idee arbeiten. Dieses Buch ist verschenktes Potential, nicht richtig ausgereift. Vielleicht lese ich irgendwann noch ein Buch von ihr und hoffe dann, eine bessere Bewertung abgeben zu können.
2/5
http://good-books-never-end.blogspot.de/2013/08/rezension-leonide-von-charlotte-schaefer.html