Vor kurzem habe ich auch "Liebesrausch: Anaïs Nin und Henry Miller in Paris" von Charlotte von Feyerabend gelesen. Das Buch ist 2025 im Droemer Verlag, einem Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG erschienen und als Romanbiografie einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars nach Rezensionsangebot durch die Autorin.
Paris, 1931. Als Anaïs Nin den zwölf Jahre älteren Henry Miller trifft, wird ein Feuer entfacht: Beide inspirieren sich nicht nur literarisch, zwischen ihnen brennt auch eine ungezügelte Leidenschaft. Das Leben mit allen Sinnen zu fassen, alle Schranken zu sprengen und dafür die perfekten Worte zu finden, das streben beide an – koste, was es wolle. Sie tanzen auf den rauschendsten Festen und lassen ihrer Fantasie freien Lauf. Doch während sich Henry voll und ganz den Exzessen hingibt, führt Anaïs auch eine konventionelle Ehe mit Hugo, der sie über alles liebt und finanziell für sie und ihre Künstlerfreunde sorgt. Den emotionalen Spagat zwischen Hemmungslosigkeit und Konventionen kann Anaïs nur in ihren berühmt-berüchtigten Tagebüchern verarbeiten: Gehören Erotik und Sinnlichkeit in den Mittelpunkt des Lebens? Und darf man dafür die Menschen belügen, die einen lieben?
"Liebesrausch: Anaïs Nin und Henry Miller in Paris" ist nach "Seid nett aufeinander" meine zweite Romanbiografie von Charlotte von Feyerabend, die sich um Frauen der Geschichte dreht - in beiden Romanen jeweils um prägnante Figuren des 20. Jahrhunderts. In "Liebesrausch" steht aber nicht nur Anaïs Nin im Mittelpunkt, sondern auch Henry Miller, sodass wir keine klassische Romanbiografie, sondern fast sogar einen historischen Liebesroman haben - was auch die beiden Erzählperspektiven verdeutlichen. Da allerdings nur Anaïs eine Ich-Perspektive erhalten hat - Henrys Sicht wird aus personaler Perspektive erzählt - kann man Anaïs schon als Hauptfigur des Buches sehen.
Die Geschichte begleitet Anaïs und Henry im Wesentlichen in der Zeit von 1931 bis 1936 - kleine Rückblenden in Anaïs' Vergangenheit ausgenommen. Leider wird das Buch zum Ende hin etwas hastig, endet relativ plötzlich und unerwartet. Dabei spielt die Handlung vor allem in Paris, auch bei Abwesenheiten einer der Protagonisten verbleibt die Perspektive oftmals bei der in Paris verbliebenen Person. Dadurch gelingt es Charlotte von Feyerabend, den Fokus auf die Künstler:innen-Szene im Paris der 1930er Jahre zu legen, eine Szene, die insbesondere bei Autor:innen so fernab vom heutigen Berufsbild ist, dass das teils abstrus anmutet.
Generell ist das Leben von Anaïs und Henry geprägt von toxischen Beziehungen - auch die Affäre untereinander ist hier keine Ausnahme. Wie man im Nachwort erfährt, wird Anaïs Zeit ihres Lebens nicht aus diesem Schema ausbrechen können. Genau wie Henry Miller geht Charlotte von Feyerabend schonungslos mit der Sprache um, passt sich der Zeit und den handelnden Personen an - insgesamt zeugt das Buch nicht nur hier von einer gelungenen Recherche. So verbleibt das Buch spannend und abwechslungsreich und macht nicht nur Lust auf die Zeit, sondern vor allem auch darauf, vielleicht mal etwas von Anaïs oder Henry zu lesen.
Die Buchgestaltung ist überzeugend. Lektorat und Korrektorat sind nur Kleinigkeiten durchgerutscht, der Buchsatz ist ordentlich. Der Buchumschlag ist mit Klappen und farbigen Coverinnenseiten versehen, die Geschichte wird durch ein Quellenverzeichnis, diverse Anmerkungen und ein Nachwort abgerundet. Das Covermotiv passt zur Handlung und ist durchaus ansehnlich und genretypisch, insbesondere die Farbkombination überzeugt. Leider wird es zum Buchrücken hin krass unterbrochen - und die Coverrückseite wirkt durch den langen Klappentext auch etwas überladen.
Mein Fazit? "Liebesrausch: Anaïs Nin und Henry Miller in Paris" ist eine in weiten Teilen überzeugende Romanbiografie über zwei faszinierende Persönlichkeiten im Paris der 1930er, die vor allem durch das Setting, durch gelungene Recherche und die damit verbundene schonungslose Sprache punkten kann und dabei nur kleinere Schwächen aufweist. Für Leser:innen des Genres bedenkenlos zu empfehlen - ab einem Lesealter von 16 Jahren.