Rezension zu "Velvet Kiss" von Chihiro Harumi
"Velvet Kiss" ? Nie gehört. Chihiro Harumi ? Nie was von ihr mitbekommen. Hentai mit Story-Telling ? Wusste nicht, dass es sowas gibt.
Das war also wieder ein Experiment. Und es hat sich wahrlich gelohnt.
Doch alles der Reihe nach.
In "Velvet Kiss" (2009-11) von Chihiro Harumi begegnen wir einer verzogenen Göre namens Kanoko aus der High Class Tokyos, die ihren Alltag mit Shoppen und Sexpartys verbringt.
Unser anderer Protagonist ist ein normaler Büroangestellter: Nitta. Nach einer ganz obskuren Trinknacht unterschreibt er unwissentlich ein suspektes Dokument und hat mit einem Mal 80 Mio Yen Schulden bei einer der größten und rücksichtslosesten Firmen Japans ! Als Gegenleistung für seine Zahlungsunfähigkeit soll er sich um die Tochter des Firmenchefs kümmern: Kanoko. Er muss ständig für sie verfügbar sein. Jeden Tag, jede Stunde, wann immer sie will und wozu sie will. Also begleitet er sie beim Shoppen, bringt ihr Essen, muss sich wie ein Hund herbeirufen lassen und muss (*zwinker*) mit ihr vögeln. Nur leider leidet darunter alles: seine lockeren, aber guten Freundschaften zu seinen Arbeitskollegen, seine Arbeit selbst und sein Ego. Wie zu erwarten war, scheinen die beiden sich mehr oder weniger zu mögen und Kanoko ihn sogar zu lieben. Nur begegnet Nitta eines Tages einer anderen Frau: Rumi Saeki, die ihm den Kopf verdreht.
Doch alles ist ein abgekartetes Spiel: die "Beziehung" zwischen Nitta und Kanoko war genauso inszeniert, wie die Beziehung zwischen Nitta und Saeki.
Demungeachtet (wie es denn auch sein muss) gewinnt natürlich die Liebe und Kanoko kann mit Nitta gemeinsam die Intrigen in ihrer Familie und der Firma ihres Vaters besiegen.
Die Zeichnungen gefallen mir gut: Emotionen werden recht gut ausgedrückt (genauso wie die Erschöpfungsphasen Nittas nach langandauerndem und heftigem Sex !). Nur ist es etwas seltsam, dass es so aussieht, als würde Kanoko beim Sex weinen ! Der Comic spart auch nicht mit ausführlichen Sexdarstellungen (wie das für einen normalen Hentai-Comic üblich ist), ohne jedoch zu übermäßig explizit zu werden. Brüste, Bewegungen und Samenerguss sind gezeichnet, doch niemals die Geschlechtsteile, wobei interessanterweise einige Auffälligkeiten auftauchen, wie dass der Sex meistens sehr heftig und schwitzig ist und dass Frauen meistens die passive Rolle spielen (Ausnahme vllt. Yoriko). Die Menschen sind fast ausschließlich schön, perfekt und ziemlich idealisiert.
Interessant war auch das klassische Bild der bösen und intriganten Stiefmutter.
Die Handlung geht für einen Hentai-Comic unvermutet angenehm tief und überrascht ein wenig in manchen Ereignissen und Handlungsabläufen. Sex und Story sind hier ganz gut vermengt, auch wenn einige Momente leider in den wenigen 4 Bänden unausgesprochen oder unvollendet bleiben. Die intriganten Handlungen von Saeki und Yuki werden so leider nicht bestraft, die Treue von Ishizuka wird nicht belohnt. Gleichermaßen bleibt leider auch Nittas Arbeitsumfeld ziemlich oberflächlich.
Doch alles in allem kann ich sicheren Herzens sagen, dass der Comic gut und lesenswert ist.