Die Protagonistin des Romans ist über 70, hat schon lange ihren Mann verloren, ist von den Kindern entfremdet. Plötzlich denkt sie wieder im Dialekt ihrer Heimat - einem besonderen japanischen Dialekt, für den es natürlich keine wirkliche deutsche Entsprechung gibt. Der deutsche Verlag hat in Zusammenarbeit mit dem Übersetzer und einem Sprachprofessor entschieden, den Dialekt mit dem Vogtländisch-Erzgebirgischen zu übersetzen, da dieser in seinen Gegebenheiten, seinen Bedingungen, dem japanischen am nächsten kommt.
Vorweg: Ich komme aus dem Erzgebirge. Und ja, ich verstehe, was da steht, auch wenn es mehr als ungewohnt ist, es so zu lesen. Für diejenigen, die es gar nicht verstehen - es gibt keine konkrete Übersetzung ins Hochdeutsche, weil diese Dualität ein Teil des Buches ist. Es gibt nach Passagen im Dialekt aber meist einen Satz, der in gewissem Maße erklärt, was da gerade im Dialekt gesagt wurde. Ob das ausreicht, kann ich nicht beurteilen.
Ich hatte mich vor allem auf diesen Sprachaspekt im Buch gefreut und wann dann überrascht, wie sehr die Geschichte mich doch mitnimmt. Eigentlich passiert nicht viel. Als Leser/in ist man in den Gedanken der Protagonistin unterwegs, Gegenwart wie Vergangenheit. Und das ist teilweise sehr intensiv. Es geht um Leben, aber auch um Sterben und vor allem um das Altern dazwischen. Und es geht um Einsamkeit. Es geht um Trauer, aber auch um Freiheit und Selbstverwirklichung. Damit hatte ich nicht gerechnet, dass mich dieses Buch so packt, dass ich es in einem Rutsch durchgelesen habe. Wobei gut 100 Seiten natürlich auch kein Wälzer sind.
Überrascht war ich auch über die Nähe zur Protagonistin, die sich für mich tatsächlich vor allem durch den Dialekt ergibt. Es war ein bisschen als würde meine Oma zu mir sprechen, obwohl die Umstände ganz anders sind und waren. Es ist klar, dass es eine teilweise völlig andere Kultur ist als die unsere. Und doch hat sich das ganze Buch erstaunlich vertraut angefühlt.
Fazit: Ein wirklich besonderes Buch, für das ich gern eine Lesempfehlung aussprechen würde, mir aber dabei sehr bewusst bin, dass allein ob des Dialekts es wohl nicht für jeden etwas ist.




