Chisako Wakatake

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Cover des Buches Jeder geht für sich allein (ISBN: 9783944751252)

Jeder geht für sich allein

(11)
Erschienen am 15.02.2021

Neue Rezensionen zu Chisako Wakatake

Cover des Buches Jeder geht für sich allein (ISBN: 9783944751252)
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Rezension zu "Jeder geht für sich allein" von Chisako Wakatake

Favole
Jeder geht für sich allein

Die Protagonistin des Romans ist über 70, hat schon lange ihren Mann verloren, ist von den Kindern entfremdet. Plötzlich denkt sie wieder im Dialekt ihrer Heimat - einem besonderen japanischen Dialekt, für den es natürlich keine wirkliche deutsche Entsprechung gibt. Der deutsche Verlag hat in Zusammenarbeit mit dem Übersetzer und einem Sprachprofessor entschieden, den Dialekt mit dem Vogtländisch-Erzgebirgischen zu übersetzen, da dieser in seinen Gegebenheiten, seinen Bedingungen, dem japanischen am nächsten kommt. 

Vorweg: Ich komme aus dem Erzgebirge. Und ja, ich verstehe, was da steht, auch wenn es mehr als ungewohnt ist, es so zu lesen. Für diejenigen, die es gar nicht verstehen - es gibt keine konkrete Übersetzung ins Hochdeutsche, weil diese Dualität ein Teil des Buches ist. Es gibt nach Passagen im Dialekt aber meist einen Satz, der in gewissem Maße erklärt, was da gerade im Dialekt gesagt wurde. Ob das ausreicht, kann ich nicht beurteilen. 

Ich hatte mich vor allem auf diesen Sprachaspekt im Buch gefreut und wann dann überrascht, wie sehr die Geschichte mich doch mitnimmt. Eigentlich passiert nicht viel. Als Leser/in ist man in den Gedanken der Protagonistin unterwegs, Gegenwart wie Vergangenheit. Und das ist teilweise sehr intensiv. Es geht um Leben, aber auch um Sterben und vor allem um das Altern dazwischen. Und es geht um Einsamkeit. Es geht um Trauer, aber auch um Freiheit und Selbstverwirklichung. Damit hatte ich nicht gerechnet, dass mich dieses Buch so packt, dass ich es in einem Rutsch durchgelesen habe. Wobei gut 100 Seiten natürlich auch kein Wälzer sind. 

Überrascht war ich auch über die Nähe zur Protagonistin, die sich für mich tatsächlich vor allem durch den Dialekt ergibt. Es war ein bisschen als würde meine Oma zu mir sprechen, obwohl die Umstände ganz anders sind und waren. Es ist klar, dass es eine teilweise völlig andere Kultur ist als die unsere. Und doch hat sich das ganze Buch erstaunlich vertraut angefühlt. 

Fazit: Ein wirklich besonderes Buch, für das ich gern eine Lesempfehlung aussprechen würde, mir aber dabei sehr bewusst bin, dass allein ob des Dialekts es wohl nicht für jeden etwas ist.

Cover des Buches Jeder geht für sich allein (ISBN: 9783944751252)
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Rezension zu "Jeder geht für sich allein" von Chisako Wakatake

Albatraliestgern
Die Frage, was es heißt, Mensch zu sein.

„Jeder geht für sich allein“ von Chisako Wakatake erzählt von Momoko, die im Alter in Tokyo lebt und den typischen Weg geht, den die japanische Gesellschaft vorgibt: Heirat, Kinder, Haus. Jetzt mit 74 Jahren ist Momoko allein. Ihr Mann ist verstorben, die Kinder aus dem Haus und sie denkt über das Leben ganz allgemein nach. Sie reflektiert ihre Liebe, die Einsamkeit im Alter und ihre Heimat.
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Momoko mag man zunächst als Leser für etwas verschroben halten, denn sie hört manchmal Stimmen. Es sind die Stimmen in ihrem Kopf, die sich miteinander unterhalten. Stellenweise fällt eine dieser Stimmen in einen japanischen Dialekt, den Tohoku-Dialekt, der im Deutschen ins Vogtländische übersetzt wurde. Das ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, man liest und hört sich aber schnell ein. Zunächst sieht man Momoko beim Teetrinken. Ihre Stimmen, diese „Zotten“ nennt, reflektieren ihre Situation. Und stellt die Frage nach der eigenen Identität: Wer bin ich? Die Stimmen kommentieren wild und durcheinander. Sie begleiten Momoko durch den Alltag. Momoko lässt Szenen aus der Vergangenheit in ihrer Erinnerung Revue passieren, die mit unterschiedlichen Gefühlslagen einhergehen. Sie überlegt, was ihr Leben ausmacht. Die Erkenntnisse sind teilweise berührend, teilweise stimmen sie traurig, wenn man beispielsweise die Mühen des Alters betrachtet. Die große Frage, was das Menschsein eigentlich ausmacht, beantwortet Momoko auf ihre ganz eigene und individuelle Art.
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Eine - auch wenn die Stellen im Dialekt sehr ungewöhnlich sind und den Lesefluss erschweren - empfehlenswerte, da besondere Lektüre.

Cover des Buches Jeder geht für sich allein (ISBN: 9783944751252)
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Rezension zu "Jeder geht für sich allein" von Chisako Wakatake

Paperboat
Dialektale Stolpersteine beim Lesen

Momoko ist alt geworden. Mit 74 lebt sie allein in dem großen Haus, in dem ihre Familie einst lebte. Ihr Mann Shizo schon lange tot, die Kinder längst erwachsen. Sie hat immer die Einsamkeit geschätzt. Doch nun, im Alter, wird sie ihr zunehmend zur Last. Oft spricht Momoko mit sich selbst, im Dialekt ihrer provinzialischen Wurzeln. Dabei sinniert sie über ihr vergangenes Leben und setzt sich mit dem Alter auseinander.

Der nur etwa 100 Seiten lange Roman ist etwas zum Nachdenken. Es ist das kurze Porträt einer Frau, die auszog ihre Wurzeln hinter sich zu lassen, um am Ende doch genau dort wieder anzukommen.
Dennoch, muss ich sagen, habe ich mich mit diesen 100 Seiten unheimlich schwer getan. Für die originale Sprachfärbung des Romans, die so weit vom Hochjapanischen entfernt ist, dass jemand aus Tokyo Schwierigkeiten hätte, die Protagonistin zu verstehen, wurde im Deutschen ein vergleichbares Äquivalent gesucht. Die Schwierigkeiten, die ich mit diesem Buch hatte, waren genau darin begründet, und der Dialekt im Deutschen, der für Momokos Heimatsprache gewählt wurde, ist ebenso weit vom Hochdeutschen entfernt. Ich hatte Mühe gewisse Passagen nachzuvollziehen. Sie waren für mich wie unerwünschte Stolpersteine. Wenn es aber nur das gewesen wäre... Jedesmal beim Aufkommen des deutschen Dialekts wurde mein aufgebautes einer japanischen Momoko durch eine bäuerliche Hinterland-Deutsche ersetzt. Dieses „Rausreißen“ aus einem japanischen Roman war es, das für mich das Leseerlebnis ziemlich getrübt hat. An sich ein schöner Text, hatte ich aber doch immer wieder das Gefühl aus Japan nach Deutschland gezogen zu werden – etwas, das ich beim Lesen eine:r japanischen Autor:in eigentlich nicht will.
Die Mühe, die der Cass-Verlag in die Übersetzung dieses Buches gesteckt hat, konnte ich somit leider nicht würdigen.

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