Ich habe diese Biografie von Choga Regina Egbeme vor vielen, vielen Jahren zum ersten Mal gelesen, und seither immer wieder. Ihr Schicksal und das Leben, das sie beschreibt, ist einerseits traurig und schockierend, andererseits aber auch von Glück durchzogen.
Choga ist in einem "Harem" aufgewachsen, bzw. in einer christlichen Sekte in Nigeria, als Tochter eines Schwarzen Afrikaners und einer Weißen Deutschen. Nicht nur aufgrund der Herkunft ihrer Mutter, sondern auch aufgrund einer Gehbehinderung nimmt sie eine Sonderrolle in der Gesellschaft ein. Sie beschreibt in diesem Buch ihre glückliche Kindheit mit vielen Müttern und vielen Geschwistern, mit viel Liebe und Geborgenheit. Zugleich wird durch ihre Beschreibungen jedoch auch deutlich, welchen strengen Regeln die Mitglieder dieser Familie unterliegen. Das Ausmaß dieser Regeln ist Choga in ihrer Kindheit nicht immer bewusst, zudem fehlt ihr der Vergleich mit anderen Kulturen, in denen (insbesondere die Frauen) selbstbestimmter Leben können. Als sie jedoch langsam erwachsen wird und nicht nur mit dem Tod geliebter Menschen, sondern auch ihrer eigenen Zwangshochzeit konfrontiert wird, beginnt sie, die Regeln ihres Vaters in Frage zu stellen.
Während die erste Hälfte dieses Buches Chogas Kindheit beschreibt und ein eher friedliches Bild dieser Kommune abgibt, gibt es in der zweiten Hälfte einige dramatische Szenen und Wendungen. Ich konnte Chogas Verzweiflung und Angst sehr gut nachempfinden und habe mit ihr gezittert und gebangt. Einige besonders schmerzvolle Szenen waren für mich nur schwer zu ertragen. Choga war in meinen Augen eine sehr starke junge Frau, die trotz ihrer scheinbar aussichtslosen Lage um ihre Freiheit gekämpft hat. Ihre Erlebnisse haben mich sehr berührt.
Obwohl Chogas Geschichte so schmerzvoll und traurig ist, hat mir das Buch durch die positive Beschreibung ihrer Kindheit auch begreiflich gemacht, warum es manche Menschen in solch eine Form des Zusammenlebens zieht.
"Hinter goldenen Gittern" ist der erste Teil einer Trilogie und beschreibt Chogas gesamte Kindheit und Jugend, während die beiden folgenden Bücher einen sehr viel kürzeren Zeitraum danach behandeln. Obwohl mir auch diese gefallen haben und mich insbesondere das traurige Ende dieser Reihe sehr berührt hat, ist dieser erste Band für mich deutlich ergreifender gewesen.
Fazit:
Eine sehr bewegende, schockierende und spannende Biografie, die sowohl die positiven, als auch die negativen Seiten der Gesellschaft beschreibt, in der die Autorin aufgewachsen ist. Sehr empfehlenswerte 4,5 Sterne.
Choga Regina Egbeme
Alle Bücher von Choga Regina Egbeme
Hinter goldenen Gittern
Hinter dem Schleier der Tränen
Die verbotene Oase
Neue Rezensionen zu Choga Regina Egbeme
Eine Bayerin trennt sich von ihrem Ehemann und ihrer Tochter in Deutschland, um in Lagos die 33. Frau eines wohlhabenden Afrikaners zu werden.
Die Autorin, Choga Regina Egbeme, wächst als Tochter dieser nach Afrika ausgewanderten Frau im Harem auf. Dort hat sie viele Mütter, von denen jede sich um jedes Kind kümmert, und ebenso zahlreiche Geschwister. Ihr Vater leitet die Glaubensgemeinschaft "Church Of Black Jesus", die gesamte Familie wird im Sinne des Christentums erzogen und lebt danach. Die Nächstenliebe, die CHoga gelehrt wurde, kommt an vielen Stellen des Buches vor.
Sie beschreibt, wie zufrieden sie ihre Kindheit hinter den Mauern des Haarems verbrachte, mit welcher Wärme und Liebe sie aufgezogen wurde. Die Welt außerhalb des Harems lernt sie erstmalig kennen, als ihre Mutter im Auftrag des Vaters auf eine weit entfernte Farm geschickt wird, um diese zu bewirtschaften. Choga entdeckt ihre Liebe für die Natur und unterstützt ihre Mutter und die Mitfrauen in allen Arbeiten auf der Farm.
Ihre persönliche Hölle beginnt, als ihr Vater beschließt, sie an einen 40 Jahre älteren Mann zu verheiraten.
Viele Jahre später lernt Choga ihre Halbschwester Magdalena bei einem Treffen in Lagos kennen und erzählt ihr die Geschichte ihres Lebens.
Das Buch war trotz der darin teils beschriebenen Ereignisse erfrischend zu lesen. Unterschiede zu bisher von mir gelesenen Büchern ähnlichen Themas sind zum einen die Religion und der damit verbundene Glaube und die harmonische Vorgeschichte. Erst ab dem letzten Drittel des Buches beginnt die Welt, in die man sich zuvor eingelesen hat, Stück für Stück zu zerbrechen. Trotz aller schrecklicher Ereignisse jedoch liest man immer wieder Zeilen voller Hoffnung.
Choga lebt mittlerweile mit ihrem Sohn, einigen ihrer alten „Mamas“ und anderen Frauen des Compound sowie deren Kindern zusammen auf der Farm ihrer verstorbenen Mutter auf der sie aufwuchs. Sie führen ein ruhiges, sparsames Leben, wobei Choga ihre Heilerinnenfähigkeiten tatkräftig für die Familie einsetzt.
Eines Tages steht Efe, Chogas Halbschwester, mit ihrem todkranken Sohn vor der Tür. Sie wird mit offenen Armen empfangen, genauso wie Magdalena, Chogas deutsche Halbschwester, die zukünftig die Kinder unterrichten soll. Neben einer Schule schaffen es die Frauen mit etwas Hilfe auch ein Heilhaus aufzubauen.
Allerdings nehmen die religiösen Konflikte zwischen Muslimen und Christen um die Gemeinschaft herum zu und äußern sich in immer stärker werdender Gewalt. Auch ihre kleine Oase bleibt nicht verschont …
Wie bereits im erste Band, kann man sich mit dieser Story in eine fremde Kultur hineinfühlen. Man erlebt als Leser die festen Familienbande der Frauen mit und es ist bemerkenswert, was hier alles gemeinsam geschaffen wird.
Allerdings weckte die Handlung eine gewisse Antipathie gegenüber Muslimen in mir. Sicher sind nicht alle Muslime so wie in diesem Buch beschrieben, doch dass es Menschen gibt, die aufgrund ihres Glaubens anderen Menschen – in diesem Fall vor allem Frauen – das Leben so schwer machen ist erschreckend; wenn auch leider nicht neu.
Wie schon Hinter goldenen Gittern (Band 1) sehr zu empfehlen.
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