Der Titel dieses Werkes wird nicht jeden ansprechen, denn die meisten Menschen streben nach Konformität. Wenn man schon nicht die Kunst, anders zu leben, erlernen möchte oder auch darauf verzichten will, eigene Regeln zu erschaffen, wie es uns der erste Untertitel des Buches empfiehlt, dann würden wir doch sicher alle gerne das Leben führen, das wir uns wünschen. Das ist nämlich die dritte Verheißung, die uns versprochen wird, wenn wir den Ratschlägen des Autors folgen.
Gibt es außer diesen diffusen Marketingsprüchen aber vielleicht doch ein Geheimnis, von dem wir noch nie etwas gehört haben und das in diesem Buch steht? Die ersten paar Seiten lesen sich noch ganz spannend, aber dann wird zunehmend deutlicher, dass sich der Autor an eine sehr kleine Gruppe von Menschen wendet, die in der Tat ein Leben führen wollen, das recht ungewöhnlich aussieht, den meisten anderen aber kaum gefallen wird.
Meister Guillebeau reist sehr gern durch die Welt, hilft ab und zu in Afrika aus, spielt in einer Jazz-Band und betreibt kleinere Geschäfte, die er Unternehmen nennt. Für deren Gründung reichen nach seiner Auskunft jeweils hundert Euro. Vorrangig aber ist er Betreiber einer Internetseite und Autor. Mit anderen Worten: Er finanziert sein nonkonformistisches Leben durch Berichte darüber und Ratschläge für Nachahmungswillige. Und offensichtlich funktioniert dies ziemlich gut.
Neben einigen interessanten Gedanken, auf die ich gleich komme, fällt dem gewöhnlichen Leser sicher auf, dass sich der Autor vielleicht unbewusst, vielleicht auch nicht, gerne selbst erhöht und recht selbstgefällige Ansichten besitzt. Im Kapitel 6 ("Universität versus Blogosphäre") stellt er eine Tabelle auf, über die man je nach Laune lächeln oder den Kopf schütteln kann, denn mit ihr will er dem Leser einreden, dass im Gegensatz zur Universität, die alternative Methode, Fachkenntnisse zu erwerben, das Verfassen von Texten fürs Internet wäre, was darüber hinaus wesentlich billiger, schneller und effektiver sei.
Mit solchen Aussagen werden das Niveau des Textes und seine Zielgruppe ziemlich deutlich beschrieben. Auf der anderen Seite enthält dieses Buch zahlreiche Anregungen zum Hinterfragen eigener Lebensmodelle.
Im ersten Teil rät uns der Autor ein besonderes Leben zu führen. Er bringt dazu eine Reihe von Beispielen von Menschen, die ihrem Leben schlagartig eine andere Richtung gegeben haben, nachdem die Einsicht zu ihnen durchgedrungen war, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann. Er appelliert an uns, die Angst vor Veränderungen zu überwinden, uns von zu viel überflüssigem Besitz zu verabschieden und den großen Sprung zu wagen.
Berichte und Empfehlungen aus dem Arbeitsleben des Autors füllen den zweiten Teil ("Selbstbestimmtes Arbeiten"). Während der erste Teil noch relativ allgemein gehalten war, dominiert nun die spezielle Arbeitswelt des Autors in seiner "Blogosphäre". Das setzt sich auch im dritten Teil fort ("Die Macht der Konvergenz"). Er beginnt mit einigen Ideen zur Entrümpelung des eigenen Daseins, der Erstellung einer "Nicht-Erledigungs-Liste" und anderen minimalistischen Grundsätzen.
Dann folgen Hinweise für Leute, die es dem Autor nachmachen und möglichst billig und lange durch die Welt reisen wollen. Schließlich lernen wir noch, dass wir unsere Arbeitszeit nicht nach Stunden, sondern nach ihrem Ergebnis messen sollten. Am Ende geht es dann noch um Glück und das Verändern der Welt.
Das Buch enthält einige interessante Anhänge zu den Online-Aktivitäten des Autors und seiner Tätigkeit in Äthiopien.
Besonders aufschlussreich fand ich seine Antworten auf "häufig gestellte Fragen". Da erfahren wir, dass Nonkonformität für den Autor die Alternative zum "Schlafwandeln" der meisten Leute sei. Auch sei es gut, wenn man beginnt, Autoritäten infrage zustellen. Dass der gesamte Text mit Zitaten von solchen Menschen bepflastert ist, würde Freud sicherlich hintergründig lächeln lassen.
Fazit.
Im Gegensatz zu seinem recht allgemeinen Titel bietet dieses Buch außer einigen Fragestellungen im Grunde nur einen Einblick in den sehr speziellen Nonkonformismus seines Autors. Dies tut es allerdings sehr konsequent und reichlich selbstgefällig. Diejenigen, die dem Autor nacheifern wollen, würden es wohl mit fünf Sternen benoten. Ich würde ihm drei geben, also hat es wohl vier verdient.