Cover des Buches Eigentlich ist mein Leben gar nicht so übel (ISBN: 9783036957364)
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Rezension zu Eigentlich ist mein Leben gar nicht so übel von Chris Nolde

Ein witziger, ironischer, toll geschriebener Roman über das Leben und das Schreiben.

von Wedma vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Ein witziger, toller Roman über das Leben und das Schreiben mit einem bemerkenswerten Protagonisten, der Spaß macht & zum Nachdenken anregt.

Rezension

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Wedmavor 8 Jahren

Es ist ein gekonnt geschriebener Roman über einen jungen Mann, der unbedingt seinen Weg gehen will, egal, wie steinig er momentan erscheint. Max ist bemerkenswert unerschütterlich in seinem Wunsch, nichts anderes als ein Schriftsteller zu sein.

Die Erzählerstimme ist schön humorig, gar stellenweise spöttisch. Einige Szenen sind manchmal überdeutlich gezeichnet. Manchmal kommt einem vor, dass Max über die aktuellen Entwicklungen seines neuen Romans eher traurig ist und sich im Zweckoptimismus übt. Auch seine Marotten kommen ans Licht. Aber das alles macht ihn lediglich sympathisch.

Max ist 27, ein netter Typ, der in das „normale“ Leben nicht zu passen scheint: Er will sich selbst treu bleiben. Seine Schriftstellerei begreift er als Berufung. Trotz dem, dass er nur Hohn und Spott für sein erstes Buch erntet, und trotz der Tatsache, dass das zweite Buch nicht so leicht von der Hand geht. Trotz der hartnäckigen Versuche seiner Mutter, ihn in einen Brotjob zu stecken. Max ist jemand, dem sein Weg wichtiger ist, als Meinungen anderer Leute. Er wohnt in einer kleinen Wohnung in Berlin, hat kein Geld, die Miete zu bezahlen, da er sich in seinem alten Job im Antiquariat nicht beugen und das Frettchen am Rad keineswegs spielen wollte. Und trotzdem bleibt er gelassen und bastelt weiter am zweiten Roman. Seiner angepassten Freundin Nele war es zu viel und sie hat ihn verlassen. Als Max Emma trifft, ist ihm klar, dass er eine verwandte Seele gefunden hat. Da muss er aber ganz tapfer sein, denn sie verlangt, dass er seinen sichersten Schild ablegt.

Es gibt jede Menge Tiefsinn, meist in Max‘ Beobachtungen, der einen zum Nachdenken verleitet, u.a. über den eigenen Platz im Leben, über die eigene Identität und inwiefern sie täglich gelebt wird.

Einige Zitate:

„Berlin bleibt ein Geheimnis. Ein Geheimnis, kein Rätsel. Ein Rätsel kannst du lösen, so wie du die Konventionen eines fremden Landes verstehen lernst, ein Geheimnis aber kennt nur ein Versuch, die Annäherung. Und es steckt immer auch ein Teil von dir drin.“ S. 45.

„Wir leben in beschissenen Zeiten, hast du es noch nicht gemerkt, Emma? Das Wertvollste musst du für dich behalten. Es schielt doch jeder nach dem kostbaren Gut des anderen, nur weil er darauf herumtreten möchte. Wer sich öffnet, ist verletzbar, deshalb nehmen wir vorsorglich Abstand. Nur so akzeptieren wir einander, ohne uns gegenseitig den Kopf abzuhacken.“ S. 144-145.

„Es gibt eine Möglichkeit, hinter den Schleier der Inspiration zu blicken und dir das Ganze von außen anzusehen. Und dann begreifst du: Im Grunde bist du deinem Werk ausgeliefert – die Geschichte sucht sich ihren Autor. Doch du musst dir einen Plan schnell zurechtlegen, ansonsten verläufst du dich.“ S. 190.

Es gibt auch Situationskomik, z.B. das Gespräch mit dem Geldautomaten, oder Max‘ Gespräche mit den großen Schriftstellern, wie das hier: „Sie können nicht mehr nach draußen, Herr Baum“, sagt Thomas Mann hinter mir in einer hohen Tonlage… „Dies ist das Ende des Weges! ‚Freie Schriftstellerei!‘- was haben Sie sich denn dabei gedacht? Sie leben doch nicht im Paris der Zwanzigerjahre. Seien Sie froh, dass man sie nicht in eine Zwangsjacke gesteckt hat.“ S. 160

Und der Roman von Max, ist im Text dabei, verdient aufgrund seiner Gedanken auf jeden Fall Aufmerksamkeit.

Trotz all Identitätskrisen wird zum Schluss mit manchem falschen Glaubenssatz aufgeräumt und recht optimistisch in die Zukunft geblickt. Nach einem Jahr, solange begleiten wir Max in diesem Roman, fällt die Geburtstagsparty zum 28.sten ganz anders aus. Die ganze Familie ist da, obwohl es keine von Max‘ Erfolgen zu feiern gibt. Emma, die selbst eine Künstlerin ist, jedoch hpts. in ihrer Freizeit, hilft Max dabei, seinen Weg weiterzugehen, so wie er es für richtig hält.

Fazit: Ein toller, gekonnt geschriebener Roman mit einer guten Portion Gesellschaftskritik über das Leben und das Schreiben mit einem bemerkenswerten Protagonisten, der nichts anderes, nur er selbst sein will. Hat Spaß gemacht und vielerorts zum Nachdenken angeregt. Eine reife Leistung.

Ich vergebe sehr gerne die 5 Sterne und eine Leseempfehlung, insb. für diejenigen, die mit der Schriftstellerei und dem Autorendasein liebäugeln. Hier wird aus dem Nähkästchen geplaudert.

Ich hoffe, bald auch weitere Werke aus der Feder von Chris Nolde lesen zu können.

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