Als die Treuhand das DEFA-Studiogelände kurz nach der Wende an einen französischen Mischkonzern verkaufte, musste man auch damit rechnen, dass die Geschichte dieser Filmfabrik damit ein Ende gefunden hatte. Doch glücklicherweise kam es anders. Im Jahre 1992 gründete der gut vernetzte Volker Schlöndorff in Babelsberg ein Filmstudio.
Er schrieb damals: "Angesichts der desolaten Zustände vor Ort war ich zunächst geneigt, mich von dem ganzen Unternehmen zurückzuziehen. Aber dann traf ich die Menschen auf dem Gelände, die Fahrer, die Kunstmaler, die Stuckateure, die Tonleute, die Putzmacherinnen, die Tischlermeister, Beleuchter und Bühnenarbeiter - die meisten von ihnen in der zweiten oder dritten Generation beim Film. Beim Umgang mit ihnen spürte ich sofort eine Art zunftmäßiger Gemeinsamkeit. Sie unterschieden sich in nichts von ihren Kollegen in Paris, London oder Hollywood. Ich begriff, dass sich uns hier durch einen Unfall der Geschichte ein klassisches Filmstudio der zwanziger Jahre auf dem Präsentierteller dargeboten wurde, komplett mit Technikern, Handwerkern und ungebrochenen Traditionen, die zurückreichen bis zu den Anfängen des Kinos."
Man kann Schlöndorff für diese Einsichten nicht genug danken, denn sie stellen eine große Ausnahme bei der Abwicklung Ostdeutschlands dar. Im Nachhinein erwies er sich als Visionär. Die Grußworte bedeutender Filmmacher unserer Zeit zum 100. Geburtstag des Babelsberger Studios bezeugen den großen Respekt und die ungeteilte fachliche Anerkennung für die wieder erstarkte Leistungsfähigkeit dieser inzwischen modernisierten und 2005 an die Börse gebrachten Filmfabrik.
Nach einer Einleitung, in der Volker Schlöndorff, Quentin Tarantino, Armin Mueller-Stahl, Kate Winslet, Stephen Daldry, Roland Emmerich, Roman Polanski, Tom Hanks und Tom Tykwer zu Wort kommen, liest man fünf mit vielen Bildern ausgestatte sogenannte Essays, in denen die wesentlichen Ereignisse der entsprechenden Zeit in Babelsberg dokumentiert und kommentiert werden. Im Anschluss folgen jeweils reich bebilderte Vorstellungen von in diesen Epochen gedrehten Filmen. Die fünf Perioden beschreiben rückwärts die Zeit von der Neugründung bis heute (1993-2012), die DEFA-Zeit (1946-1992), die Zeit von 1933 bis 1945, die UFA-Periode (1921-33) und die Anfänge (1912-1921).
Ich hätte mich über eine Liste aller in Babelsberg gedrehten Filme gefreut, aber eine solche Aufzählung fehlt leider. Auch wenn manches nur sehr kurz erwähnt wird, so hat man dennoch ein sehr schönes, informatives und qualitativ hochwertiges Buch über ein Kapitel deutscher Filmgeschichte vor sich, das glücklicherweise nicht abrupt beendet wurde. Der Text ist durchgängig zweisprachig in Deutsch und Englisch gehalten.
"It was a real thrill to work in the Babelsberg studios. I was really taken with the place."