Cover des Buches Wer schuld war (ISBN: 9783423248136)
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Rezension zu Wer schuld war von Christa Bernuth

Rezension zu "Wer schuld war" von Christa Bernuth

von M.Lehmann-Pape vor 13 Jahren

Rezension

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M.Lehmann-Papevor 13 Jahren
Unentrinnbare Beziehungen Paul, Mitte Dreißig, Psychotherapeut, nicht unmaßgeblicher Teil eines Geflechtes von Beziehungen, ist tot. Vordergründig ereilte ihn ein Schlaganfall, bei genauerem Hinsehen allerdings entdeckt die Gerichtsmedizin eine Fraktur des Schädels, die durchaus der Auslöser des Schlaganfalls gewesen sein könnte. Woher stammt die Verletzung? Das ist die Frage, der der leitende Ermittler, Kommissar Klaus Kreitmeier, nachgeht. Was allerdings auf den ersten Blick wie das klassische Sujet eines Krimis daherkommt, wendet sich schnell zu einer Betrachtung von Persönlichkeiten und Beziehungen untereinander in einem ganz andrem als dem gewohnten Stil. Christa Bernuth erzählt die Geschichte des Todes und der Verletzung aus beständig wechselnder Perspektive und, in diesen, fast ausnehmend aus der Innensicht der verschiedenen Protagonisten her. Protagonisten, die alle in der ein- oder anderen Form mit Paul und untereinander vernetzt waren und sind. Beziehungen, die unter der Oberfläche ebenso brodeln, wie es in den Personen selbst brodelt. Gina, vorgeblich rein platonische, beste Freundin von Paul, zerrissen in ihrem eigenen Leben als durchaus erfolgreiche Malerin, trägt schwer an der Last ihrer langweiligen Vergangenheit und ihrer Sucht zur Intrige. Pilar, Geliebte Pauls, seit langem wartete sie auf einen Antrag von seiner Seite und spürt eine um sich greifende Ermattung im Leben wie in ihrem Beruf als Lehrerin. Zudem entgleist ihr 16jährigen Sohn mehr und mehr. Barbara, gerade von Manuel verlassen, schleicht wie ein Gespenst ihrer selbst durch die Seiten des Buches und hat dennoch ungeahnte Tiefen in sich, nicht erst seit Neuestem, schon als Kind hatte sie eine ungeahnte Nähe zum Feuer. Manuel, erleichtert und wie befreit sich fühlend, kann doch seiner schwierigen Beziehung zum Vater nicht entfliehen und auch mit Paul gibt es ein Verbindung, die aber lange im ungefähren verbleibt. Alex, der außerordentlich betont, dass er Paul eigentlich gar nicht kannte, so sehr betont, dass mehr Fragen entstehen als beantwortet werden, versinkt in seinen spirituellen und spiritistischen Gedanken und Seminaren. Manuels Mutter, Martha, wiederum, erlebt hilflos die Auflösung der Ehe Manuels mit und wir heimgesucht von Erinnerungen an Kriegszeiten, Flucht und die vielen Verstorbenen Ihres Lebens. Innere Betrachtungen von Figuren, die an Intensität nichts zu wünschen übrig lassen. Selbst der ermittelnde Kommissar wird von dieser Art der Betrachtung nicht ausgneommen. Sie alle stehen in Beziehungen zueinander und sie alle kannten Paul, in der ein- oder anderen Weise. Alle Figuren sind von widersprüchlichen Gefühlen durchzogen, Liebe und Hass liegen nah beieinander und irgendwo zwischen all dem liegt das Motiv für die Schädelverletzung Pauls, ein Motiv und ein Hergang der Tat, die lang im unklaren bleiben. Eine Tat, an der allerdings alle Figuren ihren Teil an Beteiligung und Schuld zu tragen haben. Christa Bernuth schreibt mehr ein Psychogramm denn einen Krimi, über weite Strecken des Buches verbleibt der Tod Pauls weit im Nebenbei. Die einzelnen Personen aber sind in ihrer Geschichte, ihrer inneren Zerrissenheit und Ermattung und in ihrer gegenseitigen Beziehung minutiös und hautnah dargestellt. Durch den ständigen Wechsel der Perspektive entsteht ein umfassendes Puzzle, dessen einzelne Teile erst langsam und immer auf der inneren Ebene der Protagonisten beschreiben zusammenfallen. Ein Buch, das seine Stärken in der intensiven Schilderung der Figuren besitzt und in der Form anregende, überraschende Wege in der Darstellung der Geschichte geht. Ein Wehrmutstropfen ist der Verlust von Spannung im Blick auf den eigentlichen Todesfall im Buch, die Auflösung dieses Falles steht letztendlich nicht im Vordergrund. So muss man wissen, worauf man sich einlässt, wird aber in der inneren Darstellung von tiefgreifenden, emotionalen Zuständen durchaus gut bedient. Ein Krimi oder Thriller im eigentlichen Sinne ist dieses Buch allerdings nicht, auch wenn der Hergang der Tat letztendlich aufgelöst werden wird.
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