Rezension zu Störfall. Nachrichten eines Tages von Christa Wolf
Rezension zu "Störfall. Nachrichten eines Tages" von Christa Wolf
von Heike110566
Rezension
Heike110566vor 14 Jahren
26. April 1986 - Super-GAU im sowjetischen Atomkraftwerk Tschernobyl. Dem Menschen wird bewusst, wie wenig er die Kräfte der Natur beherrscht, wenn sie ihm ersteinmal außer Kontrolle geraten und wie sehr diese Nichtkontrollierbarkeit dann die Grundlagen seines Lebens akut gefährden. Dieses Desaster bildet den Anlass und Auslöser für "Störfall", dass den Untertitel "Nachrichten eines Tages" trägt. Innerhalb weniger Monate, Mai bis September 1986, schrieb Christa Wolf (geb. 1929) dieses nachdenklich stimmende und betroffen machende Epos, dass am ehesten in seiner literarischen Form der Erzählung zuzuordnen ist. Geschildert wird der Tag danach. Das erzählende Ich ist an diesem Tag gleich zwei Katatstrophen ausgeliefert. Zum einen den Meldungen über Tschernobyl im Radio, zum anderen der Gehirntumor-Operation des Bruders. Christa Wolf schildert eindrucksvoll die Gefühle und Gedanken des Ichs, dass sich der Vergänglichkeit von allem bewusst wird. Durch die Assoziationsketten, bestehend aus wissenschaftlichen Überlegungen und persönlichen Erinnerungen, wird der Leser emotional in die Gedankenströme einbezogen. Es gelingt der Autorin die beiden Erzählebenen, "Tschernobyl-Katatstrophe" und "OP des Bruders" (die autobiografische Züge trägt), auf hervorragende Art und Weise miteinander zu verknüpfen. Scheinbar übergangslos wechseln sie einander ab, aber ohne dass der Leser dies als störende Leseflussunterbrechungen empfindet, da diese Wechsel sich wie ganz selbstverständlich aus den Gedankenketten der Erzählerin ergeben. Unterbrochen werden die Gedanken der Ich-Erzählerin nur durch wenige Begegnungen mit anderen Menschen an diesem Tag. Auffällig ist, dass dies ausnahmslos nur weibliche Personen sind, die dabei von ihren Ängsten und Empfindungen berichten. Einfach lesenswert!