Cover des Buches Das Gedächtnis der Insel (ISBN: 9783896675910)
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Rezension zu Das Gedächtnis der Insel von Christian Buder

Plot mit Bart.

von Gulan vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Trauer, Schuld, eine raue bretonische Insel, die Zutaten sind gut, aber die Kriminalgeschichte ist so altbekannt und vorhersehbar.

Rezension

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Gulanvor 6 Jahren

„Jacques hat sich seinen Verstand über die Jahre weggesoffen. Wenn du einen Rat von mir willst: Begrabe deinen Vater und verlasse die Insel.“

„Du weißt, warum meine Mutter rausgefahren ist.“
Rose konnte nicht ruhig stehen. Sie blieb in Bewegung, als hinge ihr Leben davon ab. „Jeder hat damals mitbekommen, was passiert ist. Die Insel ist kein guter Ort von Geheimnisse.“
„Für die Geheimnisse, die jeder begraben will, ist es der perfekte Ort.“ (S.182)


Der Archäologe Yann kehrt erstmals nach zwanzig Jahren zurück auf seine Heimalinsel vor der bretonischen Küste, um seinen Vater zu beerdigen. Dieser soll sich mit einem Sprung von der Fähre ins kalte Wasser selbst umgebracht haben. Doch als er auf der Insel eintrifft, begegnet ihm als erstes seine Jugendfreundin Gwenn, die inzwischen bei der Gendarmerie arbeitet und ihm gegenüber Zweifel äußert, ob es sich beim Tod seines Vaters wirklich um Selbstmord handelte.


Mit der Wiederankunft auf der Insel holt Yann auch ein altes Trauma wieder ein. Im Alter von acht Jahren fuhr seine Mutter mit einem Unbekannten auf einer Yacht aufs Meer, die dann in einem Jahrhundertsturm sank. Mit der neuen Partnerin seines Vaters, Rakel, konnte er sich nie anfreunden. So verließ Yann mit 18 die Insel. Doch nun beginnt er mit Hilfe Gwenns sowohl den Selbstmord seines Vaters als auch den Unfalltod seiner Mutter anzuzweifeln.


Von der Inselbewohnern sagte man, dass sie weder zum Festland gehörten noch zum Meer. Seit Jahrhunderten hockten sie auf einem grauen Granitfelsen und harrten aus, als warteten sie auf ein Zeichen des Aufbruchs. (S.8)

Das Setting gelingt Autor Christian Buder durchaus ansprechend. Eine (fiktive) kleine, felsige Insel an der Küste der Bretagne. Ein Leuchtturm, Steinhäuser, ein kleiner Hafen. Der Menschenschlag rau, zurückhaltend, verschwiegen. So gelingt es Yann zunächst auch nicht, das Schweigen über die Ereignisse von damals zu brechen, doch die Schuld des Mitwissens nagt schließlich doch an einigen wenigen, während andere zunehmend mit aller Macht verhindern wollen, dass Vergangenes wieder hervorgeholt wird. Und zu allem braut sich wieder ein großer Sturm zusammen – wie damals vor 30 Jahren.


Autor Christian Buder war zunächst als Journalist tätig, veröffentlichte schließlich zwei Kriminalromane und zuletzt ein philosophisches Sachbuch. Seine Intention für diesen Roman hat er auf der Rückseite formuliert: „Ich habe immer wieder beobachtet, wie Menschen die Liebe gerade dann als das Höchste empfinden, wenn die Liebenden dabei zugrunde gehen. Überleben die Liebenden, dann sind sie nicht mehr dieselben. Davon handelt mein Roman.“

Das hörte sich für mich ein wenig bedeutungsschwanger an. Aber ich hätte mir vorstellen können, dass dieses Unterfangen dem Autor gelungen wäre, wenn er sich auf die Aspekte von Trauma, Schuld und Vergangenheitsbewältigung in dieser isolierten Inselatmosphäre vollständig gekonzentriert hätte. Stattdessen konstruiert er einen Kriminalfall und da beginnen meine Probleme mit dem Roman.


Normalerweise bin ich ja ein ziemlicher Verfechter, dass dem Krimigenre endlich mal auch der literarische Wert anerkannt wird. Hier allerdings muss ich konstatieren, dass die Kriminalgeschichte der Handlung nicht gut tut. Je weiter die Geschichte kommt, desto vorhersehbarer wird der Plot. Die Story entpuppt sich als Gier- und Eifersuchtsdrama, dass man schon x-mal in ähnlichen Varianten erleben durfte. Echte Spannung kommt erst spät und dann noch sehr spärlich auf. Obwohl der Roman literarisch ansprechend geschrieben ist, war der Plot für mich hintenheraus ziemlich enttäuschend. Mit dem passenden Drehbuch könnte diese Geschichte durchaus auch sonntags um 20:15 Uhr im ZDF laufen. Das ist vielleicht ein wenig hart, aber ein wenig mehr Finesse hätte man durchaus erwarten können.

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