Zum Inhalt:
Welche Bedeutung steckt hinter den einzelnen Märchen, wofür stehen die einzelnen Akteure dieser Märchen wirklich und was symbolisieren sie aus psychologischer Sicht? Christian Feldmann hat die zehn bekanntesten Märchen genauer untersucht und interessante Entdeckungen gemacht.
Folgende Märchen werden thematisiert:
Schneewittchen: Wie bekommt man einen Prinzen?
Frau Holle: Der achtsame Umgang mit Dingen
Der Froschkönig: Warum Partner Klartext reden sollten
Dornröschen: Warum Liebe und Schmerzen zusammen gehören
Hänsel und Gretel: Der gefahrvolle Weg, erwachsen zu werden
Aschenputtel: Der Glaube an die eigene Würde
Rumpelstilzchen: Der Kampf gegen das "Zergen-Ich"
Rotkäppchen: Welchen Preis hat die Freiheit?
Das tapfere Schneiderlein: Warum Tricks erlaubt sind
Rapunzel: Das Ende einer Abhängigkeit
Mein Eindruck:
Je intensiver man sich mit einem Märchen befasst, desto facettenreicher wird es auch. Das Märchen-Entwirrbuch geht auf jedes Märchen sehr ausführlich ein, beginnend mit einer kleinen Einleitung über Herkunft des Märchens, seine verschiedenen Urfassungen und Einflüsse, die deutlich machen: So "typisch deutsch" wie oft angenommen wird, sind viele Märchen gar nicht. Viele haben französische, persische oder gar chinesische Vorbilder.
Bei genauerer Betrachtung wird jedoch ein gemeinsamer Kontext deutlich: Fast alle Märchen handeln vom Erwachsenwerden, von der persönlichen Reifung der Figuren. Jede Figur geht gestärkt, aus ihrem Abenteuer hinaus, hat entweder negative Charaktereigenschaften ablegen können oder ist erwachsen geworden.
Wer geht schon davon aus, dass Aschenputtel an ihrem Schicksal selbst Schuld ist? Geht man der Sache jedoch genauer auf den Grund, so spricht jedoch einiges dafür. Auch in den anderen Märchen finden sich überraschende Wahrheiten: Beispielsweise wird die Hexe in Rapunzel nicht als böse Hexe, sondern als eine Art Patin dargestellt.
Das Buch geht über die bisherigen allgemein bekannten Annahmen zu Märchen hinaus (Rotkäppchens Wolf = Mann), und liefert gut recherchierte und fundierte neue Erkenntnisse.
Bevor in die Analyse des Märchens eingestiegen wird, ist der komplette Märchentext abgedruckt (Fassung von 1857), so dass man seine Kenntnisse über die einzelnen Märchen noch einmal auffrischen kann, bevor man sich eingehender damit beschäftigt. Das ist sicher auch sinnvoll schon in Hinblick darauf, dass es gerade die Details sind, die oft von großer Bedeutung sind.
Das Buch ist verständlich geschrieben und die Argumentationen sehr gut nachzuvollziehen. Es ist also kein Buch, dass sich (ausschließlich) an Experten richtet, sondern eignet sich für jeden, der sich näher mit dem Thema Märchen befassen möchte.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, ich habe sehr viele neue Einsichern gewonnen, die mir das ein oder andere Märchen unter einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.
Daher gibt es von mir für das Märchen-Entwirrbuch eine 5/5 Sterne Leseempfehlung!