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schon auf Reise
Christian Gailly
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Ein Abend im Club
KV 622
Bebop
Letzte Liebe
L' incident
Neue Rezensionen zu Christian Gailly
Eingereicht von Astrid G.:
Der todkranke Komponist Paul sitzt inmitten eines neugierigen und allzu kritischen Publikums im Konzertsaal und erlebt mit jedem seiner Sinne die Niederlage der Premiere seiner letzten Komposition. Er fährt hinaus aufs Land, in das Ferienhaus am Meer, in dem er mit seiner großen Liebe viele schöne Sommer verlebt hatte. Jetzt ist sie nicht da, denn er bat sie ihn allein zu lassen, damit er in Ruhe sterben könne. Das traurige Ende einer Karriere, das traurige Ende einer Liebe und eines Lebens, schwermütig und bedingungslos begeht Paul seine letzten Schritte.
Doch auch wenn sein Körper allmählich versagt, sein Verstand ist noch wach, sein Herz schlägt. Er hört nicht auf zu zweifeln, sein Leben, seine Musik, seine Lieben zu überdenken und sich zu fragen ob er alles so gemacht hat, wie er es wollte. Sind die Kritiker tatsächlich zu kritisch, versteht niemand seine Musik oder ist sie schlicht unverständlich? Er liebt diese Frau, doch ist sie deshalb die einzige?
Würden Sie im letzten Moment wagen, sich anders zu entscheiden?
Paul wagt es, er verliebt sich neu, er findet Geschmack an alter Melodie, doch er täuscht sich über nichts hinweg. Er stirbt und fühlt die letzen Tage mit allen Konsequenzen.
Ohne sich auch nur im Ansatz verleiten zu lassen in Romantik oder in Hoffnung zu verfallen, zeichnet Gailly den Weg, den sein Protagonist in seinen letzten Stunden geht. Er beschreibt fast sachlich aber dann doch in unvergleichbarer Melancholie wie sich die Gedanken in Paul wandeln und er mit jeder Faser seines Körpers fühlt, fühlt als gäbe es kein Morgen. Wie er sich selbstmörderisch jeder Vernunft entzieht und nur sein Herz sein Handeln dirigieren läßt. Gailly schreibt als ginge es selbst um sein Leben, als wäre dieser Roman selbst seine „letzte Liebe“. Sein Schreibstil spiegelt dabei den Inhalt des Buches wider, es ist eins mit sich selbst, das schaffen nur wenige.
Gaillys Schreibstil erinnert mich sehr stark an Miles Davis Jazz-Spiel. Er schreibt mit einem ungewöhnlichen Stil, der dem Thema Jazz nur gerecht wird. Die Geschichte erzählt direkt aus dem Leben und geht unter die Haut. Eingebettet in diese wirklich tolle Sprache und den vielen Konventionen die der Autor über Bord wirft, kann man dafür nur die Bestnote vergeben. Dies war mein erster Roman von ihm, ich hoffe die Weiteren sind auf einem ebenfalls hohem Niveau. Dieser ist auf jeden Fall zu empfehlen - nicht nur für Jazzfans.