Cover des Buches Homunculus (ISBN: 9783839210130)
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Rezension zu Homunculus von Christian Gude

Rezension zu "Homunculus" von Christian Gude

von sturlu vor 14 Jahren

Rezension

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sturluvor 14 Jahren
Wenn man ein Genre bearbeitet, das derart von Klischees bevölkert ist wie die Kriminalliteratur, hat man wohl im Prinzip zwei Möglichkeiten: Entweder man versucht, sich so weit wie möglich von diesen Klischees zu entfernen, oder man nimmt sie ironisch frontal auf die Hörner. Gude hat sich für den zweiten Weg entschieden und seinen Kommissar Rünz mit allen einschlägigen Merkmalen ausgestattet: Mittelalter Zyniker, Alkoholiker mit chronischen Eheproblemen, Probleme mit wichtigtuerischem Chef und dämlichen Assistenten, ... und geht dabei so weit, seinen Helden in die Lesung eines Darmstädter Krimi-Autoren zu schicken und an dessen Helden genau diese Klischees zu bemäkeln. Das ist recht amüsant zu lesen, mir auf die Dauer aber dann doch etwas zu viel, weil die Lebendigkeit der Figuren darunter leidet. Auch wollen die entschieden anti-intellektuelle Hauptfigur (aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird) und der oft etwas gewollt-verkopfte Schreibstil nicht recht zusammen passen (Rünz würde sicher "Hintern" sagen anstatt "Gluteus Maximus", nur so als Beispiel). Selbst sein Assistent, der eigentlich als ziemlich beschränkt dargestellt wird, weiß an einigen Stellen einfach zu viel über den Uni-Betrieb, um noch glaubhaft zu sein. Trotzdem kommt keiner der beiden auf den Gedanken, der jedem mittelmäßig gebildeten Leser bei dem Namen "Kastor" geradezu anspringen dürfte und auf ein recht entscheidendes Handlungs-Element hindeutet. Die Story selbst ist nicht wirklich der Rede wert: für einen Krimi vielleicht recht originell, aus Sicht eines Lesers mit etwas Science-Fiction-Erfahrung aber kaum; das Finale ist nur mäßig spannend. Was Roboter und künstliche Intelligenz angeht, verfügt der Autor offensichtlich über mehr als nur oberflächliches Wissen, was Kennern der Materie sicher Freude bereiten wird. Wesentlichen Einfluss auf die Handlung hat das aber nicht, die entscheidenden Eigenschaften der auftretenden intelligenten Maschinen sind weniger Science und mehr Fiction. Fazit: Ich habe mich beim Lesen nicht gelangweilt, oft geschmunzelt und hier und da laut lachen müssen. Aber über amüsante Unterhaltung hinausgehende intellektuelle Stimulation (die man es sich von einem "Wissenschafts-Krimi" mit lateinischem Titel und Kybernetik als Thema vielleicht erhoffen könnte) war "Homunculus" nicht gerade. Übrigens: "Homunculus" ist der dritte Fall von Kommisar Rünz, aber der erste, den ich gelesen habe. Das hat bei der Lektüre nicht weiter gestört, auch wenn hier und da Anspielungen die Vorgänger zu erkennen sind.
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