Es ist ein Jugendbuch, das darf man nicht vergessen und dementsprechend bewerte ich so ein Buch auch anders. Denn ich muss mich fragen, ob es mir als Jugendlicher gefallen hätte. Jain, die Antwort ist ein unklares Jain.
Der Anfang hätte mir echt gefallen. Ein Junge wird gezwungen, seinen Heimatplaneten Mars zu verlassen, um auf der Erde mit seiner Mutter zu leben. Er will da überhaupt nicht hin, sondern liebt das eingeschränkte Leben dort, die strengen Regeln, die Luftschleusen, die Raumanzügen, den roten Himmel und die Marsmonde, die einen Namen erhalten haben, während der Erdenmond ganz langweilig Mond heißt.
Er kehrt zurück, hasst die Erde, seinen neuen Wohnort, die Wohnung, die Mama, die Schule, die Mitschüler, einfach jeden Menschen dort. Aber dann findet er Freunde, eine Schatzsuche nach einem geheimen Gerät findet statt, während seine Mama verzweifelt versucht, eine Mama zu werden.
Das war echt gut. Das hat mir Spaß gemacht und ein deutliches jüngeres Exemplar von mir hätte das alles geliebt. Von Anfang bis zur Mitte. Vor allem wie er die Bande kennenlernt und mit Gülcan Abenteuer erlebt. Das war voll der Hammer und ganz ehrlich, ich bin doch ein kleines bisschen in Gülcan verliebt!
Aber dann beginnt der Autor, die ganzen Figuren zu verbiegen und auch die Handlung, damit daraus ein billiges Happy-End entsteht, der die Vorarbeit unter seinen Füßen zertritt.
Die Mutter findet nämlich heraus, was der Sohn alles getan hat, und statt darauf wie ein normaler Elternteil zu reagieren, der ihren verrückten Sohn vermutlich wegen all dem Wahnsinn für Ewigkeiten bestraft hätte, schlägt sie sich auf seine Seite. Er wird angeschossen, er wird bedroht, eine Gangsterbande ist hinter ihm und er hat gerade einen wahnsinnigen Hack durchgeführt, und die Mama ist plötzlich ganz cool mit allem. Wieso? Wieso benimmt sie sich nicht wie ein Mensch, sondern wie ein verdammter Alien? Hätte mein Sohn so etwas Wahnsinniges getan, ich hätte ihn bis zu seinem fünfzigsten Lebensjahr bestraft!
Dann diese Sache mit dem Hack! Er ist absolut sinnlos. Ja, es ist eine Actionszene, die gelungen ist, aber absolut nichts zur Handlung beiträgt. Die ganze Geschichte würde ohne den Hack genauso ablaufen, weshalb ich nicht begreife, wieso der Autor darauf gepocht hat, um es im späteren Verlauf gänzlich aus der Geschichte rauszuhalten? Hätte es doch etwas gebracht, nur in bisschen etwas, würde ich mich nicht darüber ärgern.
Dann der Roboter, der superfreundlich ist und total menschlich reagiert! Er verrät dem Jungen, dass Roboter eigentlich etwas empfinden, aber so tun müssen, als würden sie nichts fühlen. Das ist eine riesige Information, ein bahnbrechendes Detail, was die ganze Gesellschaft der Geschichte auf den Kopf stellt. Auch das verschwindet aus der Geschichte, so dass ich mich auch hier frage: Wieso? Wieso vergessen das die ganzen Figuren in der Geschichte? Ich hätte das erforscht und wäre dem nachgegangen.
Dann das Ende: Da wird die ganze Realität verbogen, so dass es sich wie ein lächerlicher Witz anfühlt. Und darüber hätte sich eine Jugendausgabe von mir aufgeregt. Über dieses herbeigezauberte Happy-End, bei dem ich eindeutig gemerkt habe, dass nicht nur dem Autor die ganze Luft ausgegangen ist, sondern er unbedingt die Geschichte beenden wollte. In den letzten zehn Seiten passiert viel zu viel und noch mehr Zufälle sorgen dafür, dass der Protagonist total glücklich wird. Das ist ekelhaft. Zum Kotzen. Das ist so schlecht, dass die ganze Vorarbeit flöten geht und ich am liebsten das E-Book drucken und als Kotztüte verwenden würde.
Wäre das Ende doch ernster gewesen, vielleicht sogar ohne ein Happy-End, würde ich das Buch liebend gern jedem Jugendlichen empfehlen, dem ich zufällig begegne. Aber in dieser Form ist es eine herbe Enttäuschung.