Zugegeben, auf dieses Buch wäre ich wahrscheinlich (auch wegen seines unspektakulären Covers) nicht selbst gekommen. But never judge a book by its cover! Und zum Glück gibt es die Bookstagram Gemeinde, die immer wieder solche Perlen ausgräbt 😊.
Autobiographien sind ja oft so eine Sache, aber der Autorin gelingt es von Anfang an, die Lesenden mit auf ihren Lebensweg zu nehmen. Tatsächlich war mir nicht bewusst, dass in Williamsburg eine solch große Gemeinde der ultra-orthodoxen Juden lebt, ja dies quasi deren eigener Stadtteil ist, obwohl ich New York mittlerweile ganz gut kenne. In der Stadt habe ich sie immer mal wieder gesehen, ohne jedoch viel über ihre Lebensweise und die extreme Auslebung ihres Glaubens zu wissen. Umso interessanter und teilweise wirklich bedrückend fand ich deshalb die Schilderung von Deborah Feldman über ihre strenge Erziehung und die Regeln, denen sie sich über 20 Jahre lang in ihrer jüdischen Gemeinde unterwerfen musste. Es liegt mir fern, diese Religion zu verurteilen, es kann doch jeder selbst entscheiden, wie und was er oder sie glauben möchte. Sobald es aber in Zwänge und vor allem in Unterdrückung der Frau und ihren Rechten endet, darf aus meiner Sicht auch Kritik an patriarchalisch geprägten Glaubensrichtungen erlaubt sein. Vor allem die Praktiken zur Säuberung der "unreinen" Frau haben mich mehr als schockiert zurückgelassen.
Umso erstaunlicher ist es, dass Feldman sich ihren starken Charakter nie hat zerstören lassen und es ihr letztendlich quasi alleine gelang, aus dieser Welt auszubrechen und ihren eigenen Weg zu gehen.
Ein bisschen schade fand ich, dass man nichts mehr über ihr Leben direkt nach der Flucht und ihren weiteren Weg in die Freiheit erfährt.
Diesen Erzählstrang hat die 2020 erschienene, gleichnamige Netflix-Serie aufgegriffen, deren Handlung allerdings frei erfunden wurde. Trotzdem werde ich sie mir jetzt im Anschluss an das Buch anschauen. Und wenn man mehr über das echte Leben der Autorin erfahren will, kann man ihr bei Insta folgen 😉.
Christian Ruzicska
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Deborah Feldman wächst bei ihren Großeltern als Teil der chassidischen Satmarer-Gemeinde auf. Ihr Leben lang muss sie dafür kämpfen, sie selbst zu sein, da sie sich einfach nicht in die vorgegebenen Formen pressen lassen will und es wagt, Fragen zu stellen. Es wird einem schmerzhaft vor Augen geführt, wie wenig Mädchen und Frauen in dieser Gesellschaft wert sind - und das mitten im aufgeklärten New York.
Reflektiert und unaufgeregt erzählt Feldman auf literarischem Niveau von ihrer Kindheit, Jugend sowie sehr persönlichen Erlebnissen und wie sie es letztlch geschafft hat, sich eigenständig aus den für sie als Fesseln empfundenen Umständen zu befreien.
Dieses Buch wird mich noch einige Zeit beschäftigen. Es ist der Welt der Ungerechtigkeiten eine neue Dimension und auch, wenn man theoretisch von diesen Parallelwelten weiß, ist es doch etwas anderes, da einmal einzusteigen und einen Innenblick zu bekommen.
"Unorthodox" von Deborah Feldmann ist eine autobiographische Erzählung der in New York Williamsburg geborenen Autorin, welche in einer chasiddischen Gemeinschaft aufwuchs. Das Buch nimmt uns mit in diese Gemeinschaft und ihre strengen Regeln. Bisher hatte ich keine konkrete Vorstellungen wie strenggläubige Juden ihr Leben gestalten oder viel mehr diese eine Gemeinschaft, da es sicher auch große Unterschiede und Varianzen gibt. Die Sprache und die Bilder der Autorin sind sehr stark und immer wieder ertappe ich mich dabei, wie meine Emotionen zwischen lachen und weinen hin und herschwanken. Ich hatte beim Lesen das Gefühl voll und ganz in die Geschichte eintauchen zu können, in diese Welt die so fern von meiner eigenen Lebensrealität ist. Eine Welt in der es für alles Regeln gibt, in der jeder seine Rolle hat. Selbst wann Sex stattzufinden hat. Das ist ein großes Thema des Buches, ihre Ehe die sie als sehr junge Frau einging, welche durch ihre Familie und die Familie ihres Mannes beschlossen wurde. Der Versuch in dieser Welt glücklich zu werden und der Druck Sex zu haben und ein Kind zu bekommen, hat in mir oft Beklemmung erzeugt. Spannend war für mich in dem Zusammenhang auch der Vaginismus de Erzählerin und die ganzen Prozeduren denen sie sich unterwarf um doch ein Teil der Gemeinschaft zu sein.
Wer in dem Buch "Unorthodox" von Deborah Feldman 1:1 die Geschichte aus der Serie erwartet wird absolut überrascht werden, da die Serie nur aus Teilen und Motiven des Buches besteht und viele neue Erfindungen hat. Daher finde ich den Sticker auf dem Deckblatt dieser Ausgabe etwas irreführend.
Ich bin froh, dass dieses Buch auf Umwegen zu mir führte und mich zum einem daran erinnerte, wie priviligiert ich aufgewachsen bin und zum anderen mich in diese Welt eintauchen lies und mich diesen spannenden und mutigen Weg der Befreiung und Reise zu den eigenen Wünschen der Protagonistin, unabhängig der streng gläubigen Gemeinschaft, begleiten lies. Ich vergebe 5 von 5 Sternen.
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