Rezension zu "Die Letzten ihres Standes - Geschichtenerzähler" von Christian Schuster
REZENSION
„Die Letzten ihres Standes – Geschichtenerzähler“ von Christian Schuster
Je mehr mich die Geschichten in den Bann zogen, desto schwerer fiel es mir, sie zügig zu lesen. Und es fällt mir auch ungewohnt schwer, hier eine angemessene Rezension zu schreiben. Wie sollte man auch das Leben selbst mit all seinen dunkelgrauen Erfahrungen, Regenbogenhoffnungen und erneuten Tiefschlägen rezensieren? Man kann nur mitempfinden, das Beste für die Menschen hoffen, die einem in den Geschichten begegnen. Es sind Begegnungen, mit glasklarer, asketisch knapper Sprache von dem erzählt, der die Menschen kannte, begleitete, ihnen half, sie medizinisch und vor allem auch menschlich versorgte. Der Autor hat sie uns vor Augen geführt und dabei keine Spannungsbögen gebaut, keine Cliffhänger eingesetzt, keine Emotionen hervorgehoben. Nüchtern, im Notizblockstil, beschreibt er, wertet nicht, verurteilt niemanden, aber er schaut hin, zeigt hin, geht hin.
Christian Schusters Stil ist sowohl brillant durch seine Exaktheit als auch „anstrengend“ durch die verdichtete Darstellung von Schicksalen. Ich möchte fast sagen, die Geschichten haben allesamt ein hohes „spezifisches Gewicht“. Keine leichte Lektüre also trotz des messerscharfen Stils des Autors. Gleichzeitig ist jeder Satz ein Statement, unaufgeregt, stoisch.
Besonders berührte mich die Beschreibung von Sandra mit ihrer autistischen Tochter. Da ich selbst Kinder mit dieser Diagnose kenne, staunte ich, wie gut die täglichen Schwierigkeiten beschrieben sind, ohne die Würde der Personen durch übertriebene Actions zu verletzen.
Jede der hier gesammelten Geschichten aus dem reichen Erfahrungsschatz des Autors hat mich bewegt. Ich musste und wollte danach immer eine gewisse Zeit verstreichen lassen, denn große Einblicke verdienen es, Wurzeln im Gemüt schlagen zu können. Oft übermannte mich auch einfach Trauer um so manches schwere Schicksal und darum, wie tapfer die Menschen es oft tragen. Christian Schuster hat mit seinem Werk ein Fenster geöffnet, durch das man verborgenen Helden sieht. Durchzuschauen bereichert. Ich spreche eine klare Leseempfehlung aus.