Rezension zu "McCreadys Doppelspiel" von Frederick Forsyth
Ein Buch von Altmeister Frederick Forsyth aus dem Jahr 1991, welches durch den Kunstgriff von vier Rückblenden allerdings überwiegend in den Tagen des Kalten Krieges der 1980er spielt- als „gut“ und „böse“ noch klar anhand der Blockzugehörigkeit erkennbar schienen. Ein in sich geschlossener „Super-Thriller“, wie der Klappentext behauptet, liegt daher nicht vor, die einzelnen vier Stories, „Grenzgänge“ (116 Seiten), „Der Brautpreis“ (120 Seiten), „Ein Kriegsopfer“ (100 Seiten) und „Skorpione im Paradies“ (121 Seiten) sind thematisch nicht verbunden, demzufolge gibt es weder eine durchgehende Storyline noch einen Spannungsbogen.
Sie haben einzeln nicht den nötigen Umfang für einen eigenständigen Roman und wurden anscheinend mit Hilfe der Person „Sam McCready“ als eine Art „Scharnier“ zu einem Roman von 494 Seiten addiert. Aufbau, Thema und Atmosphäre der ersten beiden Geschichten ähneln m. M. nach stark den Spionage-Romanen von John le Carré. So beinhalteten „Grenzgänge“ und „Der Brautpreis“ die beiden klassischen Roman-Themen im Kalten Krieg: Informationsbeschaffung im feindlichen Territorium und ein überlaufender KGB-Offizier. McCready agiert in ihnen wie George Smiley als schroffer Gegensatz zur - mühsam um etwas Noblesse bemühten – geschmeidigen SIS-Führung. Beide haben sich abseits der etablierten Old-Boy-Netzwerke im Dienst nach oben gearbeitet, achten wenig auf ihr Äußeres, sind kerzengrade und loyal und haben somit für opportune „Bauernopfer“ nichts übrig. Beide werden am Ende als nützliche, aber überständige Relikte behandelt, die nie „richtig“ zum Establishment gehörten und daher am besten geräuschlos in den Ruhestand entsorgt werden sollten. Der SIS wird realistisch, wie bei le Carré, als starrer, unflexibler und daher kaum steuerbarer Verwaltungsapparat geschildert. Rivalisierende Behörden wie der MI5 und bürokratische Lähmungen und Knebelungen nach den Verrats-Skandalen der Cambridge Five lassen oft nur Zufallserfolge zu.
Der Autor nutzt die nach Ende des Kalten Krieges stark verbesserte Quellenlage und kann so die inneren Strukturen und die Arbeitsweise von KGB und Staatssicherheit präzise darstellen. So wird HVA-Chef Markus „Mischa“ Wolf und die beliebte „Romeo-Methode“ ebenso korrekt beschrieben wie die unterschiedlichen Grüntöne in den Uniformfarben von NVA und Volkspolizei. Über kleinere Schnitzer wie die Verwendung des Begriffs „ostdeutsch“ durch das KGB in der offiziellen Kommunikation mit der „Stasi“ (völlig undenkbar) kann man da getrost hinweg sehen. Interessant nebenbei, dass wohl 1991 die übliche Bezeichnung der Volkspolizei durch DDR-Bürger (nämlich „VP“) noch nicht landläufig bekannt war und vom Autor daher einer DDR-Lehrerin stattdessen der westdeutsche Jargon-Ausdruck „Vopo“ in den Mund gelegt wurde. Gleiches gilt für den Staatssicherheitsdienst der DDR, der wurde nur von Westdeutschen mit „SSD“ abgekürzt, in der DDR mit „MfS“ (Ministerium für Staatssicherheit).
„Ein Kriegsopfer“ behandelt hingegen das Thema internationalen Terrorismus, hier anhand der IRA und Libyen. Man erfährt etwas über das Warum und Wie, bei Lichte besehen ist die Story aber ziemlich beliebig und oberflächlich. Liest sich eher wie eine Rahmenskizze und fällt hinter den ersten beiden Geschichten dramaturgisch deutlich ab.
Die letzte der vier Geschichten, „Skorpione im Paradies“ , erinnert mit seinen lakonischen Bemerkungen und trockenem Humor an Tom Sharpes „Klex in der Landschaft“. Sie ist durchgehend mit Understatement geschrieben und hebt sich dadurch von ihren drei Vorgängern deutlich ab. Dadurch verringert sie die einsetzende Ermüdung etwas, vier inhaltlich nicht verbundene Geschichten hintereinander zu lesen, verstärkt aber den Eindruck, dass mehr oder weniger wahllos Geschichten zusammengefügt wurden, bis man halt auf die erforderliche Seitenanzahl für einen Forsyth-Roman kam.
Fazit: Gut lesbare Geschichten aus dem Kalten Krieg, stellenweise qualitativ hochwertig, sehr gut recherchiert.