Cover des Buches Eis und Dampf (ISBN: 9783867622004)
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Rezension zu Eis und Dampf von Christian Vogt

Let's steam!

von progue vor 10 Jahren

Rezension

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proguevor 10 Jahren
Eine Anthologie, die - wenn man es genau betrachtet -, aus Fanfictions zu einem bestehenden Roman gehören: Kann das funktionieren? Und kann das auch für Leute funktionieren, die den entsprechenden Roman nicht kennen?

Antwort: Es kann. Und wie es kann. Dabei kommt es natürlich ganz entsprechend der unterschiedlichen Autoren und des persönlichen Geschmacks des Lesers zu Abweichungen in Erzählstil und Schreibweise, aber für das Gesamtprojekt kann ich für mich verkünden, dass es eine rundum gelungene Anthologie mit erstaunlich hoher Qualität der Geschichten ist.

Kurzer Pitch zu den einzelnen Geschichten:

Galileo starb zu Recht von M. Krzywik-Groß: Eine spannende, temporeiche Geschichte, die einen sofort ohne großes Pipapo in die Steamwelt warf, bei der sich aber die Fragen prinzipiell selbst erklärten. Steamschnüffler jagt Diebin und muss feststellen, dass er von allen Seiten von Verrat umgeben ist.

Eiken von Christian Vogt: Solide Piratengeschichte im Steampunkgewand, routiniert, jedoch ohne große Überraschungen.

Totenliebe von Torsten Exner: 1. Highlight! Eine Geschichte, die sich aus verschiedenen Handlungssträngen zusammensetzt und sich fast erst auf der letzten Seite erschließt. Sehr steamig, sehr klasse geschrieben.

Das Ägyptische Axiom von Stefan Holzhauer: Klassische Ausgräber- und Abenteuergeschichte in Verbindung mit Steam und Shellys. Zu langatmig, um durchgehend zu fesseln, trotz interessanter Ideen und Informationen.

Das Tourbillon von Henning Mützlitz: Clockworkpunk! Ein exzentrischer Uhrmacher, ein Schläfer in bedeutender Position und zum Schluss ein Riesenkrater und die Aussicht auf einen Krieg. Gute Schreibe, gute Idee.

Der Gipfel von Christian Lange: Ein Geheimdienstler und sein Assistent suchen nach dem Stützpunkt der geheimnisvollen Luftpiraten und kämpfen sich durch den undurchdringlichen Harz. Klasse Geschichte mit zwar voraussehbaren, aber trotzdem recht traurigem Ausgang.

Im Auge des Sturm von Stefan Schweikert: Das 2. Highlight! Toll, toll, einfach nur toll und wert, ein eigenes Buch spendiert zu bekommen. Die 15jährige Sam ist die Anführerin einer Straßenkidgang, die verraten und verkauft und fast zu einem Shelly wird, bevor sie ... Ja, wird sie eventuell ihren Traum, Luftkapitänin zu werden, erfüllen können? Stefan, go, wir wollen das lesen!

Der Puppenmacher von Judith C. Vogt: Eine sehr geile Geschichte über eine Luftpiratin, die dem Geheimnis einer sprechenden Puppe, Dämonen und einem wehrhaften, alten Puppenmacher auf die Spur kommt. Tolle Protagonisten in einer spannenden und kurzweiligen Story.

Honig mit Hindernissen von André Wiesler: Das 3. Highlight! Eine witzige, schnelle Story mit einem Protagonisten, der so ungeschlacht und polternd daherkommt, eigentlich überhaupt keine Sympathiepunkte sammeln kann und es trotzdem en passant tut, der eher aus Versehen den Kopf für eine Tochter aus einem Handelshaus riskiert und dabei rechts und links Tote und Verletzte hinterlässt: macht einfach Spaß!

Japanische Stille: Auch wieder ein sehr geiler Beitrag, der es eigentlich auch verdienen würde, der Auftakt zu einem eigenen Buch zu sein. Vom japanischen Sicherheitschef eines Luftschiffes, der den Dieb von Prototypplänen finden muss und dabei auf die Vertreter höchster Adelskreise Europas trifft. East meets West meets Steam, tolle Idee, toll umgesetzt.

Doppeltes Spiel von Eevie Demirtel: Das doppelte Spiel ist eigentlich sogar ein richtiges Drecksspiel, das ausgerechnet der ausbaden muss, der Folter und Todesdrohungen erträgt, um den entführten Sohn eines Adligen zu retten. Merke: Manchmal enden Geschichten wie im wahren Leben!

Nach Westen von Marcus Rauchfuß: Greift das klassische Entdeckerthema auf. Steamer mit unterwassertauglichem Schiff treffen auf Punkmayas und tun im Endeffekt das, was Europäer mit allen Naturvölkern tun. Sie bringen ihnen negative/tödliche Erfahrungen. Interessant, aber ohne großen Spannungsbogen.

Freiheit für Rumelien! von Christian Vogt: Nette Idee, weniger nett umgesetzt, sehr kurz und für das Buch meiner Meinung nach wirklich nicht nötig, denn es steamt so gar nicht.

Fazit: Ich bin von dem Buch fast durchgehend gut bis sehr gut unterhalten worden und habe sogar einige Namen auf meine NSA-Liste gesetzt (weiter unter Beobachtung halten). Ein Buch, das auch für Steampunkneulinge gut funktionieren dürfte und von daher mehr als empfehlenswert.
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