Rezension zu "Schnitter, Gevatter und Sensenmann" von Christian von Aster
‚Schnitter, Gevatter und Sensenmann‘ ist ein kleines, schwarzes Büchlein, das durch sein tolles Cover sofort ins Auge springt. Darauf sieht man nämlich einen lächelnden Gevatter Tod, der auf einem Grabstein sitzt. An seiner Sense hängen einige Notizzettel geklammert. Sofort wird klar, was einen beim Lesen erwartet: Geschichten, in denen der Tod durchaus zentral steht, dafür aber nicht unbedingt traurig sind.
Mir haben die Texte von Christian von Aster, die in diesem Erzählband gesammelt worden sind, unglaublich gut gefallen. Sie erzählen über verschiedene Personen, die auf unterschiedliche Art und Weise mit dem Tod konfrontiert werden. Manche schon in jungem Alter, andere während sie schon alt geworden sind. Einige wollen ihn überlisten, andere freuen sich, wenn er endlich da ist. Es gab Texte, die mich sehr berührt haben und andere, die mich haben schmunzeln lassen. Auf jeden Fall sind diese Kurzgeschichten sehr abwechslungsreich. Alle haben sie mich aber begeistert, obwohl ich natürlich auch einige Favoriten habe.
Der Text, der mich am meisten mitgenommen hat, trägt als Titel: ‚Presunto – Eine Liebe zwischen Beischlaf und Raubkopien‘. Es handelt sich um zwei Menschen, die beide die Filme des Regisseurs Presunto mögen und einander auch dadurch kennenlernen. Die Filme begleiten sie ihre ganze Beziehung lang. Ich kann es nicht genau beschreiben, wieso mich diese Geschichte so hart getroffen hat, aber ich glaube, der Schreibstil hat viel damit zu tun. Irgendwie abstrakt, aber auch konkret gehalten, lernt man diese beiden Personen kennen. Es spricht einfach so viel Liebe aus den Buchstaben, obwohl auch klar wird, dass nicht alles perfekt läuft. Die Protagonisten gehören einfach zu einander. Da ist so eine Stärke und Tiefe in dieser Kurzgeschichte, dass es mich am Ende wirklich zu Tränen gerührt hat.
Zum lauten Lachen brachte mich dann ‚Biedermanns Bilanz‘, eine Geschichte über einen Mann, der ein sehr erfolgreiches Leben geführt hat und unglaublich reich geworden ist. Sehr sympathisch erschien er mich nicht, trotzdem hat es Spaß gemacht, seine Erinnerungen lauschen und erfahren zu dürfen, wie er zu seinem Vermögen gekommen ist. Am Anfang denkt man noch, es wird das klassische klischeehafte Ende haben, aber dann kommt zum Schluss noch eine großartige, geniale Überraschung, die mich unglaublich viel Spaß gemacht hat.
Und zum Schluss gab es noch eine Geschichte, die mich durch ihre Ruhe besonders gut gefallen hat, nämlich ‚Freunde besuchen‘. Ein Text über eine ältere Frau, die in einem Altersheim wohnt, mit einem Rollator gehen muss und sich trotzdem die Mühe macht, ihre Freunde, die schon verstorben sind, auf dem Friedhof zu besuchen. Während des Lesens hatte ich das Gefühl, das ich neben ihr lief. Es war unglaublich schön und rührend zu erfahren, wie sie an früheren Zeiten dachte, sich an ihren Freunden erinnerte und, was für einen großen Platz der Tod schon in ihrem Leben eingenommen hatte. Der Friedhof, auf dem sie spazierte, wirkte auf mich, wie ein Ort des Friedens, eine Art zweites Zuhause für Frau Bernstein. Sie kannte die Friedhofskatze und die Eichhörnchen und auch die Tiere kannten sie. Und es sind genau diese Details, die mir so gut gefallen haben und mir beim Lesen ein unglaublich starkes Gefühl der Ruhe hervorgerufen haben. Das war großartig.
Aber wie schon geschrieben, es gibt noch andere viele lustige und berührende Geschichten in diesem Buch. Von Märchen bis Realität ist alles mit dabei. Nur der Tod spielt jedes Mal eine entscheidende Rolle, auch wenn es jedes Mal auf eine andere Art und Weise ist. Mir hat es auf jeden Fall außerordentlich gut gefallen, wie der Autor es schafft, ein Thema, das in der Regel mit Trauer und Tristesse behaftet ist, in all seinen Facetten auf lockere Art zu zeigen und den Leser ständig wieder aufs Neue klar zu machen, dass der Tod ein Teil von Leben ist und er früher oder später vor der Tür stehen wird. Absolut lesenswert!