Rezension zu "Gräfin Hatzfeldt" von Christiane Kling- Mathey
Ehescheidungen waren im 19. Jahrhundert juristisch zwar in Grenzen erlaubt, gelebt wurde diese Möglichkeit jedoch nur von Wenigen. Gräfin Sophie von Hatzfeldt war eine der wenigen Frauen des Hochadels, die nach einer 24 Jahre währenden demütigenden Ehe die Scheidung erwirkten - jedoch erst, nachdem sich die Eheleute einen scharfen, den anderen verunglimpfenden Trennungsprozess und Streit um die Kinder geliefert hatten. Juristischer Beistand wird für die Gräfin schließlich der junge und aufstrebende Ferdinand Lassalle, der nicht nur Anwalt ist, sondern eben auch für die Belange der Arbeiterbewegung eintritt und mit der Rechtsvertretung der Gräfin im Gesamten auf soziale Probleme der preußischen Gesellschaft zur Mitte des 19. Jahrhunderts aufmerksam machen will.
Das Buch versteht sich als Biographie der Gräfin von Hatzfeldt, skizziert darüber hinaus aber auch die beginnende Arbeiterbewegung und das Engagement intellektueller Köpfe wie Lassalle und Marx. Sehr lebendig und gut geschrieben, versteht sich die Arbeit als wissenschaftlicher Beitrag zum besseren Verständnis einer Epoche und natürlich einer Frauenbiographie, von denen es noch immer - wie die Autorin selbst bemerkt - zu wenige gibt, denn streitbare und aktive AkteurINNEN gab es im 19. Jahrhundert trotz des vorherrschenden Frauenbildes und Patriarchat dennoch. Sophie von Hatzfeldt ist eine dieser Frauen.