Die Ich-Erzählerin Erzsébet verharrt über drei Wochen dicht gedrängt mit anderen Hausbewohnern, aber auch fremden Menschen in einem Keller zum Jahresübergang von 1944 nach 1945. Die Russen belagern ihre Heimatstadt Budapest. Die Deutschen hatten sie fast ein Jahr zuvor eingenommen und ihre Schreckensherrschaft aufgerichtet. Erzsébets Vater musste in den Untergrund, sie selber eine fremde Identität annehmen. Kurz vor der 'Befreiung' wird der Keller jedoch zwangsgeräumt. Nur Erzsébet und ein mysteriöser Gelähmter bleiben zurück. Dann endlich taucht ein junger Mann in russischer Uniform auf. Zunächst ist es die sprachliche Barriere, die ein Übereinkommen verhindert. Doch dann kommt es anders, als von Erzsébet herbeigesehnt...
Weder vor noch nach der 'Befreiung' durch die Rote Armee war Ungarn wirklich frei im demokratischen Sinne. Márai selber hat diesen Übergang in Budapest miterlebt. Seine Protagonistin zählt zu der Menschengruppe, die tatsächlich den Tod zu befürchten hatten unter der deutschen Besatzung. So konnte es für sie nur besser werden. Der Roman schildert in Rückblicken die schrecklichen Zustände in der Stadt für Andersdenkende und wie die Unterschlupfmöglichkeiten immer rarer wurden.
Vom Stil er habe ich auch in diesem Buch wieder eindeutig den von Màrai erkennen können. Er legt nicht so sehr den Fokus auf die äußeren Geschehnisse, sondern auf die inneren Bilder und Interpretationen seiner Figuren. Mitunter verliert er sich in den Gedankengängen der Hauptperson und schafft somit eine innige, fast schmerzlich nahe Verbindung. Manche Ansichten erscheinen aus heutiger Sicht etwas antiquiert, schaffen aber gemeinsam mit den geschilderten Vorurteilen einen authentischen historischen Rückblick.
Schleierhaft bleibt mir jedoch, wie das jüdische Mädchen aus Auschwitz in den Keller gelangen konnte, da die Bereifung dort zeitlich erst später stattgefunden hat. Doch diesen Fauxpas mag man Màrai gerne nachsehen.
Ergänzt wird das Buch durch ein aufschlussreiches Nachwort von Lázló F. Földényi, einem Kenner der ungarischen Literatur.
Fazit: Nicht mein erstes Werk von Márai, sicherlich nicht mein letztes. Er versteht es, eine vergangene Zeit wieder aufleben zu lassen und uns an den Gedanken der Menschen, die damals lebten intensiv teilhaben zu lassen.