Cover des Buches Unvollendet: Roman (ISBN: 9783958182233)
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Rezension zu Unvollendet: Roman von Christine Jaeggi

Fast schon eine Familiensaga

von kabig vor 7 Jahren

Kurzmeinung: "Jede Geschichte braucht ein Ende, auch wenn es noch so tragisch ist." - Robert Arndt (S.244)

Rezension

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kabigvor 7 Jahren
Unvollendet erzählt die Geschichte von Grace, deren größter Traum es ist eine Filmschauspielerin zu sein und die nie aus dem Schatten ihrer weltberühmten Großmutter, der Hollywood-Darstellerin Hannah Miller, heraustreten konnte. Es erzählt auch die Geschichte von Benjamin Landolt, der noch immer darunter leidet, dass er seine Frau Leonie verloren hat. Es erzählt die Geschichte der jungen Hannah Miller und ihrer bewegten Kindheit und Jugend in der Schweiz. Aber allem voran erzählt es die Geschichte eines weltberühmten Romans und dessen verschollener Fortsetzung.

Nachdem ich den Klappentext gelesen hatte, erwartete ich eine typische Liebesgeschichte bei der nach und nach die Wunden der beiden Hauptakteure heilen würden und sie am Ende gemeinsam in eine glückliche Zukunft starten. Doch "Unvollendet" ist viel mehr als das! Die Geschichte von Benjamin hat mich sofort betroffen gemacht und je mehr Grace im Kauf des Buches von seinen Geheimnissen lüftet, desto mehr habe ich mit ihm gelitten. Zwar fand ich manche Reaktion seinerseits überzogen, aber mit seinem Hintergrund auch durchaus verständlich. Aber auch die Geschichte von Grace hat mich berührt, denn man spürt von Beginn an, wie sehr sie mit ihrem Traum und ihrem Schicksal hadert. Sie leidet sehr unter der Bekanntheit ihrer Großmutter und den Vergleichen mit ihr und sie verbittert immer mehr, weil sie der alten Frau einen Streit von vor ein paar Jahren einfach nicht verzeihen kann. Doch das Beste, was ihr passieren konnte, war sich auf die Suche nach der verschollen Fortsetzung zu begeben. Wenn sie anfänglich dabei auch nur an ihre mögliche Rolle denkt, wird nach und nach klar, dass diese Suche ihr Leben noch auf ganz andere Weise verändern kann. Nicht nur, dass sie in der Schweiz Benjamin begegnet, sie lernt dort auch ihre europäische Verwandtschaft kennen und muss sich mit der Vergangenheit ihrer verstorbenen Großmutter beschäftigen über die diese nie sprach. An all diesen Dingen schient Grace mehr und mehr zu wachsen und sie wurde mir mit jeder Seite sympathischer.
Auch die zahlreichen Nebenfiguren fand ich sehr gelungen, mit Ausnahme von Mara. Obwohl sie eigentlich nicht die Böse ist und versucht wird ihr Verhalten zu erklären, konnte ich sie bis zum Ende nicht leiden und kann auch das Verhalten der anderen Figuren ihr gegenüber manchmal nicht nachvollziehen!
Am meisten gefesselt aber hat mich die Geschichte der jungen Hannah Miller. Ihre bewegte Vergangenheit hat mich tief bewegt und ich fand es beeindruckend, wie der Roman es geschafft hat aufzuzeigen, welche Bedeutung diese Vergangenheit auch noch in der Gegenwart und der Zukunft haben kann, wenn man es zulässt!

"Wir dürfen uns nicht verantwortlich fühlen für die Fehler unserer Vorfahren, aber wir dürfen sie auch nicht verheimlich." (S.358)

Eine ganz klare Leseempfehlung für jeden, der Lust hat eine spannende Geschichte über eine junge Frau zu lesen, die auf der Suche nach einem Manuskript in die Geschichte ihrer Familie eintaucht und dabei mehr über sich selbst lernt, als sie vermutet hätte.
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