Wie läuft eigentlich eine Weinverkostung ab? Wo liegt der Unterschied zwischen Weiß-, Grün- und Schwarztee? Was bedeutet obergärig bzw. untergärig bei einem Bier?
All diese Fragen habe ich mir schon gestellt. Dieses Buch beantwortet jede sowohl ausführlich als auch verständlich und informiert darüber hinaus weiter über die Welt der Getränke. Ich war ganz überrascht, als ich hier das erste Mal von „Shrub“ und „Kombucha“ las. „Für den Shrub werden Früchte oder Gemüse und Zucker in Essig angesetzt. Nach einigen Tagen Ziehzeit verdünnt man den Sirup mit Wasser. Himbeershrub war während der Prohibition ein beliebtes Fruchtgetränk in den USA.“ (S.71) Kombucha wird aus gesüßtem Tee hergestellt, der mit dem Kombucha-Pilz (Symbiose von Hefen und Essigsäurebakterien) versetzt wird. Dadurch ist dieses Getränk leicht alkoholisch.
Inhalt
Der Getränkeführer besteht zu ca. einem Viertel aus Fakten zu den Getränken Wein, Bier, Destillate, Tee, Saft, Shrub, Kombucha und Sake, wobei der Wein-Teil dominiert. Wie entsteht Wein? Welche Weinstile, Weinkategorien und Weintypen unterscheidet der Sommelier? Was sagt der Knigge zum Weineinschenken? Verkostung –Wie? Interessant fand ich in diesem Zusammenhang, dass bei einer Weinverkostung zwischen dem Probieren der einzelnen Sorten besser mit einem Schluck Wasser neutralisiert werden sollte statt mit einem Stück Weißbrot.
Sehr informativ empfand ich neben dem Wein-Teil auch den Abschnitt zum Tee. „Tee ist nicht nur der ideale Begleiter fürs tägliche Frühstück, sondern auch eine exzellente alkoholfreie Variante zu Wein in der Anpassung zu Speisen. Früher servierte man ihn zu einfachen Gerichten, in letzter Zeit findet man ihn aber immer öfter auf den Speisekarten renommierter Gourmet-Restaurants.“ (S. 62) Fun-Fact: Sowohl Weiß-, Grün- und Schwarztee stammen von derselben Pflanze, nur ihre Verarbeitung unterscheidet die Arten. Der Ratgeber geht auf die unterschiedlichen Anbaugebiete ein und gibt Auskunft darüber, wie man den qualitativ hochwertigsten Tee finden kann.
Wer allerdings viele Fakten zu Bieren erwartet, wird eher enttäuscht sein. Auf zwei Seiten Text wird das Nötigste erklärt (was für mich persönlich dennoch vollkommen ausreichend ist).
Im Hauptteil des Getränkeführers werden (149) Gerichte, eingeteilt in Menügänge, aufgeführt, die geschmacklichen Besonderheiten analysiert und dazu Getränke empfohlen. In erster Linie werden dabei Weine aufgelistet, gegliedert nach Herkunftsgebiet (Südtirol, Italien, Deutschsprachigem Raum und International), daneben stehen „Weitere Getränke“-Empfehlungen je nach Gericht von Bier über Tee bis Sake. Rezepte zu den einzelnen Gerichten sind nicht enthalten, das würde hier den Rahmen sprengen. Die Autorin hat sich an den Rezepten aus den Büchern „So kocht Südtirol“ und „So schnell kocht Südtirol“ orientiert. Appetitliche Fotos sind jeweils abgebildet, wodurch sich neben dem Text ableiten lässt, was in der Speise an Zutaten enthalten ist. Auch wenn man –so wie ich- die Rezepte nicht kennt, lässt sich leicht ein Eindruck zu den möglichen Kombinationen von Getränk und Speise herstellen.
Ein Beispiel: Worunter sich jeder etwas vorstellen kann, ist der „Hamburger“-Rindfleisch, Tomaten, Käse, Salat, Zwiebeln und Mayonnaise zwischen zwei Brötchenhälften. Die Autorin schreibt dazu: „Zu Burger, gefallen bodenständige, unkomplizierte Weine. Sie sollten genügend Fülle sowie eine schmeichlerische Ader aufweisen, um Würzigkeit, Schärfe und säuerliche Aromen aufzufangen.“ (S.165) Sie empfiehlt Südtiroler Merlot, dieser ist -leicht gereift- samtig und weich. „Ein leichter Holzausbau verleiht dem Wein angenehm rauchige Noten, welche gut mit den Röstaromen des Fleisches harmonieren.“ Oder lieber kein Wein? Wie wäre es mit dunklem Bockbier –„kraftvoll mit wenigen Noten und einer malzaromatischen Duftnote“? Oder besser gar keinen Alkohol zum Burger? Kein Problem: Darf es ein unkomplizierter Darjeeling Tee sein? Auch der spritzige Kombucha passt hier gut.
Kleiner Tipp von mir an dieser Stelle:
Wenn man zu Hause einen guten Wein zu stehen hat und nicht recht weiß, zu welchem Gericht man diesen servieren könnte, kann man leicht bei diesem Getränkeführer ins hintere Register schauen und erhält die Seitenzahlen der dazu passenden Gerichte. Zum Merlot finden sich so elf Verschläge. Auch das Glossar ist sehr hilfreich –von Adstringenz bis ziseliert-werden Getränkevokabeln erklärt.
Südtiroler Einfluss
In jedem Getränketeil des Buches finden sich auch Südtiroler Tipps. Allerdings kann der Leser entscheiden, ob ihn diese interessieren oder er sich allgemein informieren möchte. Ich finde es gut, dass der Südtiroler Anteil nicht überhandnimmt und sich die Tipps auch allgemein/international anwenden lassen.
Die Autorin
Christine Mayr ist die führende Getränkeexpertin Südtirols. Als Berufssommelière und Biersommelière ist sie Präsidentin, Vorstandsmitglied und Referentin der Sommeliervereinigung Südtirol und Vorstandsmitglied der italienischen Sommeliersvereinigung. Neben zahlreichen Abschlüssen ist sie zertifizierte Knigge-Trainerin. Ihr Fachwissen fließt in diesen Getränkeführer wie exquisiter Wein aus der Flasche wohldosiert ins Glas.
Mit der Unterstützung des „So kocht Südtirol“-Teams (Gerhard Wieser, Heinrich Gasteiger und Helmut Bachmann) gelingt Frau Mayr ein abgestimmtes Gesamterlebnis zwischen Speise und Getränk mit alternativen Auswahlmöglichkeiten.
Gestaltung & Haptik
Dieses Buch macht etwas her, es liegt gut in der Hand. Als Begleiter in der Küche besticht er durch einen wasserabweisenden Einband. Der Inhalt ist gut strukturiert, die Fotographien sind appetitlich anzusehen. Einzig an einer Stelle hätte ich mir eine passende Bildunterschrift gewünscht. Bei der Vorstellung der unterschiedlichen Weingläser (S. 28, 29) kann ich nicht ausschließlich durch den Text erkennen, welches abgebildete Glas nun zum jeweiligen Textabschnitt gehört, da sich die Glasformen natürlich sehr ähneln. Vielleicht hätte man hier die Reihenfolge der Texte der Reihenfolge auf der Fotographie angleichen können. Zumindest lässt sich erkennen, dass die beiden Reihenfolgen hier nicht identisch sind.
Fazit
Erst das richtige Getränk macht ein Gericht vollständig. DAS „SO KOCHT SÜDTIROL“ GETRÄNKEBUCH von Christine Mayr ist ein informativer & inspirierender Ratgeber, der mit seiner Gestaltung und seinem Preis-Leistungsverhältnis punkten kann. Für den reichhaltigen Informationsgehalt, die wertige Aufmachung und die gute Anwendbarkeit finde ich den Preis wirklich sehr angemessen. Bei vergleichbaren Ratgebern zahlt man gut und gerne nochmal 10 Euro drauf. Ich habe einiges lernen können und möchte dieses Buch nicht mehr in der Küche missen! Jetzt gilt es eigentlich nur noch herauszufinden, wie Shrub und Kombucha –beim Essen- schmecken. Ich bin mega inspiriert –alles kann kombiniert werden, nichts muss! Die Autorin meint: Richtig ist, was gefällt J Da schließe ich mich gerne an.
DAS „SO KOCHT SÜDTIROL“ GETRÄNKEBUCH| Christine Mayer| Athesia Verlag| 11. 2020|256 Seiten| 19,90€ D/A/I