Rezension zu Katie von Christine Wunnicke
Zur Blütezeit des Spiritismus...
von parden
Kurzmeinung: Eine Erzählung zur Blütezeit des Spritismus mit historisch verbrieften Personen und Geschehnissen - absurd, skurril und unglaublich amüsant!
Rezension
pardenvor 7 Jahren
ZUR BLÜTEZEIT DES SPIRITISMUS...
1870 gingen die Uhren noch anders - auch in London. Hochmodern waren zu jener Zeit Séancen, spiritistische Sitzungen, in denen mit Hilfe eines Mediums versucht wurde, mit dem Jenseits in Kontakt zu treten. Zur Blütezeit des Spriritismus lebte auch Florence Cook, ein berühmtes Medium, das bereits als Jugendliche Berühmtheit erlangte. Ihr gelang es, einen leibhaftigen Geist erscheinen zu lassen, wobei Florence selbst gefesselt und mit den Haaren festgebunden in einem Schrank lag. Die Materialisierung des Geistes entpuppte sich als eine vor 200 Jahren verstorbene junge Frau, Katie: in gleißendes Weiß gewandet (vermutet wurde Ektoplasma), spukte die ehemalige Piratenbraut während der öffentlichen Auftrittte Florence Cooks herum.
Was für eine blühende Fantasie, dachte ich beim Lesen - doch ein Satz des Klappentextes machte mich stutzig: "Eine herrlich übersinnliche Geschichte. Und das Beste: Es ist alles wahr. Wirklich." Google half wie immer weiter: Florence Cook gab es seinerzeit wirklich, ebenso 'ihren' Geist Katie, dazu noch Sir William Crookes (Physiker, Chemiker, Wissenschaftsjournalist und selbsternannter Parapsychologe) sowie seinen Gehilfen Pratt, die den Nachweis antreten wollten, ob diese geisterhafte Erscheinung real war oder aber betrügerischer Humbug. Alle damals bekannten wissenschaftlichen Untersuchungen wurden herangezogen, um Florence und Katie auf Herz und Nieren zu prüfen. Genau davon handelt dieses Buch.
Christine Wunnicke schafft hier ein herrliches Panoptikum skurriler Gestalten. Entlang der historisch verbrieften Personen und Geschehnisse führt sie den Leser hinein in eine absurde Geschichte, bei der niemand letztlich genau weiß, ob es sich bei dem Geist des toten Piratenmädchens nun um eine wahre Erscheinung handelt, um eine kollektive Halluzination oder aber um eine geschickte Manipulation. Dabei ist die Geschichte äußerst unterhaltsam - ich habe mich beim Lesen schon lange nicht mehr derart amüsiert! Christine Wunnicke hat jeden der Charaktere auf eine Weise angelegt, dass man keinen davon sonderlich mag oder auch nur ernst nimmt. Obgleich die sorgfältig recherchierten Details der historischen Darstellung allesamt stimmig sind, kann man angesichts der Geschehnisse oft nur kichernd den Kopf schütteln - wohl wissend, dass viele der damaligen 'wissenschaftlichen Erkenntnisse' genauso Humbug waren wie es der Geist von Florence Cook womöglich zu sein schien.
Besonders verblüffend und unterhaltsam fand ich den damaligen unfassbar sorglosen Umgang mit Medikamenten und Chemikalien! Herrlich! Quecksilberkügelchen als Spielzeug für zwischendurch, Arsenik in der Wandfarbe, und dann das seinerzeit gängige Chlorodyne: eine Mischung aus Opium, Canabis und Chloroform, ein Allheilmittel, das nahezu jeder wie Bonbons schluckte - auch unsere Helden in dieser Geschichte. Da brauchte es eigentlich keinen Geist mehr, um Absonderliches zu sehen oder zu erleben. Dies aber nur als Anekdote am Rande.
Nicht alle dargelegten wissenschaftlichen Details aus dem Jahre 1870 habe ich wirklich verstanden, manche Passagen mit längeren Aufzählungen fand ich zudem etwas ermüdend. In der Summe jedoch hat mich dieser Roman, der nun auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2017 steht, aufs Beste unterhalten. Eine tolle Überraschung!
© Parden
1870 gingen die Uhren noch anders - auch in London. Hochmodern waren zu jener Zeit Séancen, spiritistische Sitzungen, in denen mit Hilfe eines Mediums versucht wurde, mit dem Jenseits in Kontakt zu treten. Zur Blütezeit des Spriritismus lebte auch Florence Cook, ein berühmtes Medium, das bereits als Jugendliche Berühmtheit erlangte. Ihr gelang es, einen leibhaftigen Geist erscheinen zu lassen, wobei Florence selbst gefesselt und mit den Haaren festgebunden in einem Schrank lag. Die Materialisierung des Geistes entpuppte sich als eine vor 200 Jahren verstorbene junge Frau, Katie: in gleißendes Weiß gewandet (vermutet wurde Ektoplasma), spukte die ehemalige Piratenbraut während der öffentlichen Auftrittte Florence Cooks herum.
Was für eine blühende Fantasie, dachte ich beim Lesen - doch ein Satz des Klappentextes machte mich stutzig: "Eine herrlich übersinnliche Geschichte. Und das Beste: Es ist alles wahr. Wirklich." Google half wie immer weiter: Florence Cook gab es seinerzeit wirklich, ebenso 'ihren' Geist Katie, dazu noch Sir William Crookes (Physiker, Chemiker, Wissenschaftsjournalist und selbsternannter Parapsychologe) sowie seinen Gehilfen Pratt, die den Nachweis antreten wollten, ob diese geisterhafte Erscheinung real war oder aber betrügerischer Humbug. Alle damals bekannten wissenschaftlichen Untersuchungen wurden herangezogen, um Florence und Katie auf Herz und Nieren zu prüfen. Genau davon handelt dieses Buch.
Christine Wunnicke schafft hier ein herrliches Panoptikum skurriler Gestalten. Entlang der historisch verbrieften Personen und Geschehnisse führt sie den Leser hinein in eine absurde Geschichte, bei der niemand letztlich genau weiß, ob es sich bei dem Geist des toten Piratenmädchens nun um eine wahre Erscheinung handelt, um eine kollektive Halluzination oder aber um eine geschickte Manipulation. Dabei ist die Geschichte äußerst unterhaltsam - ich habe mich beim Lesen schon lange nicht mehr derart amüsiert! Christine Wunnicke hat jeden der Charaktere auf eine Weise angelegt, dass man keinen davon sonderlich mag oder auch nur ernst nimmt. Obgleich die sorgfältig recherchierten Details der historischen Darstellung allesamt stimmig sind, kann man angesichts der Geschehnisse oft nur kichernd den Kopf schütteln - wohl wissend, dass viele der damaligen 'wissenschaftlichen Erkenntnisse' genauso Humbug waren wie es der Geist von Florence Cook womöglich zu sein schien.
Besonders verblüffend und unterhaltsam fand ich den damaligen unfassbar sorglosen Umgang mit Medikamenten und Chemikalien! Herrlich! Quecksilberkügelchen als Spielzeug für zwischendurch, Arsenik in der Wandfarbe, und dann das seinerzeit gängige Chlorodyne: eine Mischung aus Opium, Canabis und Chloroform, ein Allheilmittel, das nahezu jeder wie Bonbons schluckte - auch unsere Helden in dieser Geschichte. Da brauchte es eigentlich keinen Geist mehr, um Absonderliches zu sehen oder zu erleben. Dies aber nur als Anekdote am Rande.
Nicht alle dargelegten wissenschaftlichen Details aus dem Jahre 1870 habe ich wirklich verstanden, manche Passagen mit längeren Aufzählungen fand ich zudem etwas ermüdend. In der Summe jedoch hat mich dieser Roman, der nun auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2017 steht, aufs Beste unterhalten. Eine tolle Überraschung!
© Parden