Cover des Buches Wahn (ISBN: 9783847905516)
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Rezension zu Wahn von Christof Kessler

Fiktive Patientengeschichten für Einsteiger in die Neurofächer

von sabatayn76 vor 10 Jahren

Rezension

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sabatayn76vor 10 Jahren
Inhalt:
Der Neurologe Christof Kessler erzählt in 'Wahn' zwölf Geschichten über neurologische und psychiatrische Erkrankungen. Dabei sind die Fälle erfunden, der Autor betont jedoch, dass sie sich so zugetragen haben könnten und dass sie auf seiner langjährigen Arbeit als Neurologe und den damit assoziierten Erfahrungen basieren.

Mein Eindruck:
Ich habe sehr viel Erfahrung mit Neurofächern wie Neurochirurgie, Neurologie, Psychiatrie und Neuropsychologie, und ich arbeite im Bereich der bildgebenden Hirnforschung. Die von Kessler angeschnittenen Themen sind mir somit geläufig.

Das Buch liest sich flüssig und unterhaltsam, wurde in einfacher Sprache geschrieben. Ich habe bei der Lektüre nichts Neues gelernt, was aber sicherlich daran liegt, dass ich schon viel Erfahrung zum Thema habe. Ich bin mir jedoch sicher, dass ein Laie, der sich noch nie mit den Neurofächern beschäftigt hat, hier Neues entdecken und lernen kann. Insgesamt bleiben die Fälle jedoch sehr oberflächlich.

Ich empfand die Kommentare und Dialoge oft als gestelzt und als wenig natürlich. Bisweilen hatte ich das Gefühl, ich würde eine dieser gestellten Gerichtsshows im Nachmittagsprogramm eines privaten Fernsehsenders anschauen, denn ich empfand den Kontext oft übertrieben und wenig glaubwürdig (also nicht die eigentliche Krankengeschichte, sondern das, was um diesen Fall herum erzählt wurde).

Aufgefallen sind mir ein paar Ungenauigkeiten, z.B. sagt man heutzutage nicht mehr 'Hysterie' (Seite 52). Die Alzheimer-Demenz ist eine sogenannte Ausschlussdiagnose, die man erst nach dem Tod des Betroffenen eindeutig feststellen kann, die man zu Lebzeiten nur dann diagnostiziert, wenn man alles andere ausgeschlossen hat. Die Diagnose einer Alzheimer-Demenz anhand von neuropsychologischen Testergebnissen, wie man auf Seite 71 lesen kann, ist nicht möglich bzw. nicht korrekt. Gerade für Laien, die sich durch die Lektüre des Buches vielleicht ein bisschen über Neurologie und Psychiatrie informieren wollen, finde ich solche Fehler und Ungenauigkeiten ungünstig.

Mein Resümee:
Wer ein Buch wie 'Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte' von Oliver Sacks oder wie die populärwissenschaftlichen Bücher von Andreas Marneros erwartet, der wird meiner Meinung nach von 'Wahn' enttäuscht werden. Wer sich ein bisschen ins Thema einlesen möchte, dem könnte 'Wahn' gefallen.
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