Christoph Flarer

 3,7 Sterne bei 10 Bewertungen
Autor*in von Albwachen und Am achten Tag.
Autorenbild von Christoph Flarer (©Flarer)

Lebenslauf

CHRISTOPH FLARER wurde 1979 in Meran (Südtirol) geboren. Nach Abschluss seines Architekturstudiums in Innsbruck arbeitet er als Architekt in Bozen und ist als Hobbymusiker aktiv. Flarer veröffentlichte zahlreiche Texte, die sich vor allem durch ihren großen Ideenreichtum auszeichnen. 2013 erschien sein vielbeachteter Debütroman Am achten Tag bei Septime.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Christoph Flarer

Cover des Buches Albwachen (ISBN: 9783991200062)

Albwachen

(10)
Erschienen am 06.09.2021
Cover des Buches Am achten Tag (ISBN: 9783903061040)

Am achten Tag

(0)
Erschienen am 23.02.2015

Neue Rezensionen zu Christoph Flarer

Cover des Buches Albwachen (ISBN: 9783991200062)
Christian1977s avatar

Rezension zu "Albwachen" von Christoph Flarer

Christian1977
Im Kopf eines Neurotikers

Seit frühester Kindheit leidet Thomas unter dem Zwang, seine Träume in Realität zu verwandeln. Was noch relativ harmlos mit dem abgerissenen Bein einer Puppe beginnt, entwickelt sich mit zunehmendem Alter zu einem wirklich gewordenen Albtraum...

Der kleine Septime-Verlag hat in den letzten Jahren vermehrt sein glückliches Händchen bei der Auswahl seiner (nicht nur) deutschsprachigen Autor:innen bewiesen. Ob Tobias Sommers geniales "Jagen 135" oder Salih Jamals berauschendes "Das perfekte Grau" - stets zeichnet die Verlagstitel eine gewisse Kompromisslosigkeit, gar Radikalität aus.

In allen Belangen kompromisslos ist auch Christoph Flarers zweiter Roman "Albwachen" geraten. Wobei ich nicht behaupten kann, dieses Buch gern gelesen zu haben. Doch darauf setzt Flarer auch gar nicht.

Mit aller Konsequenz versetzt der Autor seine Leser:innen in die kranken Gedanken eines Neurotikers. Der erste, durchaus bemerkenswerte Satz des Romans lautet: "Thomas stoppte das Metronom und schaltete das Licht aus." Es ist der einzige Satz des kompletten Romans, den wir nicht aus dem Munde des Ich-Erzählers Thomas hören. Denn mit dem Ausschalten des Lichts sind wir auch schon mitten drin in Thomas' Kopf - und werden ihn auf den nächsten knapp 250 Seiten nicht mehr verlassen.

Literarisch wagt Flarer ungemein viel und wird dabei nicht nur auf breite Zustimmung stoßen. Thomas' Sätze brechen schon mal abrupt ab, manchmal heißen sie nur "Ich." Weil es dem Erzähler in diesem Moment einfach nicht möglich ist, seine Gedanken zu ordnen, sie auszuformulieren. Zu furchtbar sind diese, zu albtraumhaft. Diese Unrast überträgt sich durchaus auf den Leser. Manchmal vermischen sich die Buchstaben auch einfach, oder ein irres "Tschack.Tschack.Tschack" platzt aus Thomas heraus. Tagebucheinträge sind nicht nur wegen der Daten unsortiert, auch die Zuordnung von Tagen und Daten stimmt nicht. Auf direkte Rede verzichtet der Autor nahezu konsequent.

Es gelingt auch (anfangs) schwerlich bis (gegen Ende) überhaupt nicht, eine Bindung zum Protagonisten aufzubauen. In den Kindheits- und Jugendszenen verspürte ich noch ein gewisses Mitgefühl mit diesem Jungen, der von so furchtbaren Zwängen und Angstzuständen geplagt ist. Doch mit zunehmender Romandauer ließ dies bei mir nach, weil Thomas ein ganz schrecklicher Egomane ist. "Ich, ich, ich", tönt es aus allen Seiten. Dabei wüsste man gern so viel mehr über Björn beispielsweise, seinen besten Freund, der wohl als Einziger von seinem (Alb-)Traum-Geheimnis weiß und immer zu Thomas steht. Warum auch immer. 

An einigen Stellen wusste ich nicht mehr, was Lüge und was Wahrheit ist, weil Thomas es mit letzterer auch nicht so genau nimmt. Mal deckt er seine Lügen im nächsten Moment zwar auf, anderes bleibt aber einfach so stehen und man zögert. Das ging bei mir so weit, dass ich sogar an der Existenz gewisser Figuren zweifelte. Und auch die immer drastischer werdenden Ereignisse hoffte ich als Unwahrheiten abhaken zu können.

In einer besonders bemerkenswerten Szene versucht es Thomas mithilfe seiner Freunde, von denen er erstaunlicherweise einige hat, wenn man ihm glauben darf, mit einem tagelangen Schlafentzug, um anschließend in einen tiefen, traumlosen Schlaf fallen zu können. Hier entwickelt der Text eine immense Intensität, fast eine Art Rausch und die Buchstaben tanzen hin und her. 

Im letzten Drittel des Buches war die Lektüre für mich schwer aushaltbar. Zahlreiche explizite Grausamkeiten reihen sich dort aneinander, auf die ich gerade in ihrer Häufigkeit doch hätte verzichten können. Spätestens hier wird bei den Leser:innen wohl auch das letzte Fünkchen Empathie erlöschen. Dennoch gestaltet sich das Finale so rasant und spannend, dass man doch wieder mit Thomas auf ein gutes Ende hofft. Ob sich diese Hoffnung erfüllt, lasse ich natürlich offen. Fest steht aber, dass der letzte Satz mindestens genauso bemerkenswert ist wie der erste...

Christoph Flarers "Albwachen" ist ein Roman, den ich im Grunde nicht mochte, nicht mögen konnte und bei dem ich heilfroh war, als ich die Lektüre beendet hatte. Dennoch halte ich ihn für gelungen, weil er es mit seiner Intensität und Radikalität schafft, den Leser:innen den "schwarzen, bösartigen, pechtriefenden Klumpen" aus Thomas' Träumen direkt in die Köpfe zu pflanzen. Bemerkenswert polarisierend.

Cover des Buches Albwachen (ISBN: 9783991200062)
Beate_Freitags avatar

Rezension zu "Albwachen" von Christoph Flarer

Beate_Freitag
Ein tiefer, verstörender Blick in die Seele.

Anders, als ich es erwartet hatte ist der Schreibstil und ich brauche eine Weile, ehe ich in einen Lesefluß gelange. Erfrischend anders umfangen mich die Halbsätze, die Sätze zerlegt in Fragmente und Fetzen.

Der Protagonist nimmt mich gefangen, macht es mir nicht immer leicht ihn zu verstehen, Sympathie zu empfinden oder gar seine Gedankengänge nachvollziehen zu können. 

Trotzdem fesselt mich das Buch und ich will wissen, wie die Geschichte endet.

Der etwas anderer Lesegenuss.

Cover des Buches Albwachen (ISBN: 9783991200062)
SotsiaalneKeskkonds avatar

Rezension zu "Albwachen" von Christoph Flarer

SotsiaalneKeskkond
Ein ewiger Albtraum

In der Regel verpuffen die Erinnerungen an einen Albtraum bereits kurz nach dem Erwachen. Nicht so für Thomas, seine Albträume brennen sich in seinen Kopf ein, lassen ihn nicht mehr los und entwickeln sich so zum wahren Albtraum. Das Leid lässt erst nach, wenn Thomas seinen Traum Detail für Detail nachstellt. Doch wird ihm dadurch nur eine kurze Linderung verschaffen und mehr und mehr steigert sich der innere Zwang, bis es für Thomas nur mehr einen Ausweg gibt. Er verlässt seine Familie und begibt sich auf eine Flucht vor sich selbst und seinen Träumen. 

Vorab sei gesagt, dass das Buch definitiv nicht für jeden geeignet ist, und man sich auf eine intensive und anspruchsvolle Lektüre einlassen muss können. Anfangs stockt der Lesefluss noch. Auf sprunghafte Weise mimt der sprachliche Stil die jugendhafte Unerfahrenheit des anfangs noch jungen Thomas, der sich erst mit seinen Problemen zurechtfinden muss. Im Laufe des Buches stellt sich dann aber ein angenehmer Lesefluss, während der sprachlich hochtrabende Stil erhalten bleibt. Besonders gut gelungen sind die Beschreibungen der psychischen Probleme Thomas'. Mit akribischer Genauigkeit wird den Leser:innen vor Augen geführt, wie sich Thomas vergeblich versucht dem Einfluss seiner Träume zu entziehen, die Angst davor, zu Träumen. Unterschwellig steigert sich die Spannung, entstanden dadurch, dass sich Thomas merklich in einer Spirale abwärts bewegt, aus der es kein Entkommen gibt. Schnell ist klar, dass es für Thomas keine Absolution geben wird, und trotzdem hält das Ende eine Überraschung bereit, die bei rückwirkender Betrachtung durch ihre geniale Banalität besticht. 

Letztendlich ist das Buch wirklich interessant und lesenswert, da man in eine Welt der ungewollten menschlichen Abgründe entführt wird. Auch wenn der sprachliche Stil sehr gewöhnungsbedürftig ist und sehr viele Leser:innen vielleicht abschrecken mag, hat er mich letztendlich doch für sich begeistern können. 

Gespräche aus der Community

Als Thomas als Kind davon träumt, dass der Puppe seiner Schwester ein Bein fehlt, schnappt er sich am nächsten Morgen die Puppe und schlägt sie so lange gegen die Wand, bis er nur mehr den Beinstumpen in seiner Hand hält. Mit diesem Albtraum beginnt eine surreal - reale Reise durch das Leben des Ich-Erzählers, bis er nach einer verhängnisvollen Nacht vor einer schweren Entscheidung steht...

47 BeiträgeVerlosung beendet
Christian1977s avatar
Letzter Beitrag von  Christian1977

Vielen Dank, den wünsche ich dir auch!


dabei finde ich, dass es - sei es in den (Fernseh-)Medien oder im realen Leben doch weitaus brutalere, schmerzendere Geschehnisse und Schilderungen gibt, die ich zumindest viel erschreckender finde. Aber wahrscheinlich ist dort die Distanz anders als hier im Buch, da wir Thomas wirklich extrem nah begleiten.

Das stimmt, aber im realen Leben erlebt man diese Brutalität (bestenfalls) tatsächlich nicht so nahe wie in deinem Roman.

Und fiktive Brutalitäten versuche ich normalerweise in Filmen und Büchern zu umgehen.

Ich könnte mir vorstellen, dass das bei anderen Leser:innen auch so zutrifft.

Herzliche Grüße und alles Gute!

Gewöhnlich hält die Erinnerung an einen Albtraum lediglich wenige Sekunden nach dem Erwachen an. Doch nicht so für Thomas, der besessen von seinen Träumen ist. Für ihn endet die Illusion nicht, wenn der Schlaf verfliegt. Für Thomas beginnt der eigentliche Albtraum erst. Eine surreal-reale Reise durch ein von einem Wahn getriebenes Leben beginnt.

153 BeiträgeVerlosung beendet
Irisblatts avatar
Letzter Beitrag von  Irisblatt

Lieber Christoph,

danke dir auch ganz herzlich. Ich habe übrigens dein erstes Buch über Moluna gekauft - es wird aber bestimmt 2022 bis ich zum Lesen kommen.

Alles Gute auch für Dich 🌻

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