Cover des Buches Unter dem Schutz des heiligen Gaucho (DuMont Reiseabenteuer) (ISBN: 9783770182701)
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Rezension zu Unter dem Schutz des heiligen Gaucho (DuMont Reiseabenteuer) von Christoph Gurk

"Argentinien, ..., ist immer noch nicht ein Land, sondern viele Länder"

von Dr_M vor 8 Jahren

Rezension

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Dr_Mvor 8 Jahren
Woran denkt man zuerst, wenn man auf Argentinien angesprochen wird? An Fußball oder an Steaks? Oder an Evita, den Papst? Wahrscheinlich ruft das eigene Gehirn alles ab, was dazu in seiner Erinnerungsdatenbank aufbewahrt wird. Aber ein wirkliches Bild hat man wohl über dieses Land nicht. Das kann sich ein wenig ändern, wenn man dieses Buch liest.

Wahrscheinlich versteht man ein Land und dessen Menschen nur, wenn man einmal für eine ausreichend lange Zeit dort gelebt und gearbeitet hat. Diese Voraussetzung erfüllt Christoph Gurk. Er hat in München und Buenos Aires Ethnologie studiert und die Deutsche Journalistenschule in München besucht, sich in ein argentinisches Mädchen verliebt und in Argentinien eine Familie gegründet. Für dieses Buch bereiste er das Land in alle Himmelsrichtungen. Dabei benutzte er die ortsüblichen Verkehrsmittel, was wohl nicht immer eine Freude gewesen sein muss. Immerhin aber gelangte er so zum Heiligen Gaucho, bei dem man sich ungefragt etwas wünschen kann. Ob sein unfreiwilliger Besuch an dieser Pilgerstätte der Argentinier tatsächlich etwas gebracht hat, erfährt der Leser allerdings nicht. Dafür aber bekommt man einen recht guten ersten Eindruck von diesem Land, seinen Einwohnern und seinem politischen System.

Einstmals war Argentinien ein reiches Land. Nun steht es in einer langen Reihe von Beispielen dafür, wie unfähige politische Eliten ganze Volkswirtschaften zerstören und Menschen ins Unglück stürzen können. Peronismus, Militärdiktatur und jetzt Kirchnerismus - ein wenig erfährt man auch darüber in diesem Buch. Dass dies aus der Sicht des Autors geschieht, die in gewissem Maße wohl auch das Empfinden vieler Argentinier widerspiegelt, stört nicht, denn schließlich liest man einen Reisebericht und keine politische oder ökonomische Abhandlung. Man fühlt sich beim Lesen vom Autor auf seine Reisen mitgenommen. Im Gegensatz zu manchem Touristen kann er mit den Menschen ins Gespräch kommen, nicht nur, weil er ihre Sprache spricht, sondern vor allem, weil er sich wie einer von ihnen benimmt.

Gurk beginnt seine Reisen in Buenos Aires, wo er lebt. Danach fährt er in die nähere Umgebung. In der Folge stehen Feuerland und Patagonien auf seinem Reiseprogramm. Und schließlich der Norden, den er in Ost und West aufteilt. Dass man als Leser jede Menge interessante Eindrücke vermittelt bekommt, versteht sich dabei fast von selbst. Es wird einem aber auch einiges genommen. Beispielsweise der Glaube, dass in Argentinien die Rinderwirtschaft eine zentrale Rolle spielen würde. Das scheint Geschichte zu sein, denn inzwischen beherrscht die Sojaproduktion die argentinische Landwirtschaft. Und mit ihr kam Monsanto ins Land und brachte genmanipulierte Pflanzen, massive Umweltvergiftungen und Abhängigkeiten mit.

Ob man unbedingt als Tourist nach Argentinien fahren möchte, wenn man Gurks Buch gelesen hat, kann ich nicht beantworten. In diesem Buch geht es weniger um Argentiniens Naturschönheiten, sondern mehrum den Alltag seiner Bewohner, die unterschiedlichen Stimmungen in diesem riesigen Land, um seine Probleme und das Lebensgefühl seiner Menschen. Wer sich dafür interessiert, dem kann man dieses sehr gut geschriebene und in verschiedene Reiseberichte unterteilte Buch nur empfehlen.
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