Cover des Buches Grimm (ISBN: 9783453529601)
K
Rezension zu Grimm von Christoph Marzi

Viel Potential, leider verschenkt.

von Kai_Aquila vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Nach einem sehr langatmigen Einstieg bekommt man eine tolle Idee präsentiert, die viel zu schnell endet.

Rezension

K
Kai_Aquilavor 10 Jahren
Ich habe Grimm vor etwa einer Woche ausgelesen und bin sehr zwiegespalten.
Zur Geschichte: Christoph Marzi ist meiner Meinung nach einfach ein Meister darin, altbekannten Elementen eine neue Seite zu verleihen. So auch hier mit den Märchen, die wohl jeder kennt (Dornrösschen, Rotkäppchen etc.). Leider zeigt sich hier auch die meiner Meinung nach größte Krux des Buches. Der riesige Schatz an Märchen und Märchengestalten den man hätte ausschöpfen können wurde kaum genutzt. Dabei sind da doch soviele interessante Geschichten zu finden.
Ein weiteres Problem war für mich der langatmige Einstieg. Während mir Vesper nach der Schulsekretariatsszene symphatisch gemacht war geht es über hundert Seiten weiter und man hat noch immer keine Ahnung, wo das alles hinführen soll. Ich will natürlich nicht auf Seite 50 schon das Ende erahnen können, aber ich möchte zumindest sowas wie eine Storyline auf Seite 150 erkennen. Die kam für mich aber erst mit Hernn Andersen und dem Refugium ins Spiel. Was auf Seite 300 (geschätzt) war. danach hat der Author einfach viel zu wenig Zeit um die gerade entdeckte Welt auszugestalten und so hatte ich das Gefühl, nur eine hastige Skizze der Welt zu sehen, die Marzi mir zeigen wollte. Ein Pluspunkt ist allerdings das relativ unvorhersehbare Ende. Damit wird das Rad zwar nicht neu erfunden, aber das muss es ja auch nicht immer.
Zu den Charakteren: Auch hier wird viel Potential verschenkt. Während man zwar mit der zynischen Vesper eine wundervolle Heldin bekommt, bleiben die beiden einzigen anderen wichtigen Charaktere weitgehend blass. Greta und ihre Mutter könnte man ohne Umstände ganz aus der Geschichte nehmen ohne sie signifikant zu ändern. Überhaupt kamen die beiden mir vor, als wenn sie nur erfunden worden wären um zu zeigen, dass Vesper zu irgendjemandem regelmäßig Kontakt hat. Die Liebesgeschichte zu Leander war leider etwas gewollt. Sie ist einfach da und man hat eigentlich keine Ahnung, warum Vesper ihn so liebt, dass sie am Ende quasi nichtmehr ohne ihn leben will. Er ist einfach nur nett, so wie hundert andere Charaktere auch.
Schade ist, dass kein einziges Fabelwesen eine größere Rolle spielt, Edgar ausgenommen. Von den Zwergen wird hin und wieder gesprochen, abern ie taucht einer auf. Ein Höhepunkt des Buches war der gefangene Goldspinner, der verrückt geworden ist. Doch dieser taucht für 10 Seiten auf und wird dann nie wieder erwähnt.
Zum Schreibstil: Der Schreibstil ist klassisch Marzi: Manche lieben ihn, andere haßen ihn. Ich plädiere für die Mitte. Die abgehackten Sätze sidn nicht jedermanns Fall und manchmal schriebt er schon sehr träumerisch. Auf der anderen Seite hatte ich nie Schwierigkeiten das Kopfkino zum laufen zu bringen.
Fazit: Auf den ersten 200 Seiten habe ich ernsthaft überlegt, ob ich nach der Lycidas-Reihe nichtsmehr von Christoph Marzi erwarten kann. Die letzten 200 Seiten haben mich dann allerdings entschädigt und waren sehr spannend. Sollte man es lesen? Nicht unbedingt, es sei denn, man hat gerade nichts Besseres zur Hand oder ist einfach in Marzis Schreibstil vernarrt.

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