Cover des Buches Lauter gute Absichten (ISBN: 9783455405835)
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Rezension zu Lauter gute Absichten von Christopher Isherwood

Der zerrissene angry young man.

von Marina_Nordbreze vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Kurzweilige Geschichte um einen angry young man, der sich gegen die Familie auflehnt - und an den eigenen Ansprüchen scheitert.

Rezension

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Marina_Nordbrezevor 6 Jahren
Mit den wunderschönen Bänden von Christopher Isherwood macht mit Hoffmann und Campe seit Jahren froh (hier beispielsweise "Praterveilchen"). Nun ist mit "Lauter gute Absichten" der Debütroman des Autors erschienen und durfte selbstverständlich nicht in meiner Isherwood-Sammlung fehlen.

Um was geht es?

Unser Held Philipp Lindsay ist gar kein Held. Er ist ein angry young man, lebt auf kosten seiner Familie, versucht sich als Künster, als Landschaftsmaler und Dichter und endet doch an einem Büro-Schreibtisch. Genervt, entnervt will er aus diesem Korsett ausbrechen – Afrika ruft! Das große Glück ist nur eine Schifffahrt entfernt, endlich flügge werden, endlich der Familie entkommen! Doch Philipp fehlt der Mut und so endet die Geschichte dort, wo sie begonnen hat.

Anfangs war ich sehr irritiert von "Lauter gute Absichten", weil der Leser direkt in einen Streit zwischen Philipp und seinem Freund Allen geworfen wird. Um was es geht, wo sie überhaupt sind – unwichtig. Was man aber direkt mitbekommt: Zwischen den beiden jungen Männern besteht eine Spannung, die nichts mit dem derzeitigen Streit zu tun hat. Und weil der Autor Christopher Isherwood heißt und weil der Verlag schreibt, dass dieser Roman stark autobiografisch ist, stellt sich direkt die Frage, ob Philipp und Allen möglicherweise schwul sind. Darauf gibt der Roman aber keine Antwort, jedenfalls hab ich keine heraus gelesen. Es ist auch nicht wichtig. Viel interessanter ist das Spannungsverhältnis zwischen Philipp und seiner Familie, die ihn drängt, einem normalen Bürojob nachzugehen anstatt sich in der brotlosen Kunst zu verlieren.

Ganz besonders Joan, die Schwester von Philipp, ist eine faszinierende Persönlichkeit, die zwischen Loyalität zu ihrem Bruder und Loyalität zu ihrer Mutter schwankt. Zudem hat sie einen Vielleicht-Vielleicht-nicht-Verlobten an der Backe, der ihre Aufmerksamkeit fordert.

Zerrissenheit – ein Thema, welches sich in wohl allen Werken von Christopher Isherwood findet. Wie findet man seinen Platz in der Gesellschaft, wenn die Gesellschaft doch will, dass man ganz anders ist als man eigentlich sein möchte?

Mit dem angry young man Philipp ist Isherwood eine weitere interessante Charakterstudie zu dieser Frage gelungen, die mit keinem happy end endet. Aufgrund des sehr holprigen Einstiegs würde ich "Lauter gute Absichten" prinzipiell Isherwood-Fans empfehlen. Neulinge sollten lieber zu "A Single Man" greifen, weil dieses sehr viel runder und gefälliger gestaltet ist.
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