Rezension zu "Ganz normale Männer" von Christopher R. Browning
Gelesen habe ich dieses Buch bereits vor mehr als einem Jahr, die Rezension dazu habe ich jedoch lange vor mir hergeschoben. So richtig habe ich mich an dieses schwierige Thema dann doch nicht rangetraut. Nun, im Zuge meiner Lektüre von Anne Berests "Die Postkarte" habe ich auch diese Dokumentation über das Polizeibataillon 101 wieder hervor geholt.
Anhand der Befragungen und Gerichtsakten der Mitglieder des Reserve-Polizeibataillons 101 zeichnet Christopher R. Browning dokumentarisch die Beweggründe der Mitglieder und den Holocaust in Polen nach.
Das Polizeibataillon 101 (und alle anderen natürlich auch) bestand aus 500 Männern, die für das Einziehen in die Wehrmacht als zu alt angesehen wurden. Stattdessen sollten sie unter anderem in Polen die Räumung der Lager und die Umsetzung der "Endlösung" vorbereiten.
Erschreckend, aber leider nicht überraschend war es dann doch zu lesen, wie oft der Satz "Ich habe doch nur meine Pflicht getan" in den Befragungen gefallen ist.
Zwei Erkenntnisse, die vielleicht nicht allgemein bekannt sind: den Mitgliedern des Bataillons wurde zu Beginn vom Kommandanten angeboten, sich anderweitig versetzen zu lassen, falls man sich der Aufgabe nicht gewachsen fühle. Davon haben lediglich 12 (!) von 500 Männern Gebrauch gemacht. Meist aufgeführte Begründung: Was sollen die anderen denn von mir denken? Dann mache ich da lieber mit.
Die Anzahl der Menschen, die vor Ort (hier in Polen, Litauen und der Ukraine) den deutschen Besatzern geholfen haben, hat mich ebenfalls erschreckt, wenn auch leider nicht überrascht.
Eine eindringliche Dokumentation, natürlich keine leichte Kost, aber ich bin froh, es gelesen zu haben.