Christos Tsiolkas

 3,5 Sterne bei 130 Bewertungen
Autor*in von Nur eine Ohrfeige, Barrakuda und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Christos Tsiolkas, geboren 1965 im australischen Melbourne als Sohn griechischer Immigranten, arbeitet u.a. fürs Theater und Fernsehen. Mit »Nur eine Ohrfeige« legte er sein bislang erfolgreichstes Buch vor, das auch über Australien hinaus für Furore sorgte und mit dem »Commonwealth Writers‘ Prize« bedacht wurde sowie für den »Man Booker Prize« nominiert war. Tsiolkas lebt in Melbourne.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Christos Tsiolkas

Cover des Buches Nur eine Ohrfeige (ISBN: 9783453437272)

Nur eine Ohrfeige

 (81)
Erschienen am 12.08.2013
Cover des Buches Barrakuda (ISBN: 9783453418295)

Barrakuda

 (42)
Erschienen am 08.09.2015
Cover des Buches The Slap (ISBN: 9780143122661)

The Slap

 (7)
Erschienen am 22.02.2012
Cover des Buches Dead Europe (ISBN: B004TSW1K6)

Dead Europe

 (0)
Erschienen am 01.04.2011

Neue Rezensionen zu Christos Tsiolkas

Cover des Buches Barrakuda (ISBN: 9783453418295)
Bella5s avatar

Rezension zu "Barrakuda" von Christos Tsiolkas

Kampf eines Underdogs
Bella5vor 2 Jahren

Vorab: 

Meine Rezension  von 2014 wurde wohl beim letzten Lovelybooks - Relaunch verschluckt. Daher 'reupped'. 


Meine Leseerwartung:

Seit "Nur eine Ohrfeige" fesseln mich die Bücher des griechischstämmigen Australiers. In "Barrakuda" nimmt er sich eines Themas an, das gerne tot geschwiegen wird - wir steht es um die soziale Aufwärtsmobilität und ist es wirklich so leicht, als Kind aus einfachen Verhältnissen in die middle oder upper class aufzusteigen? Gerne wird ja suggeriert, dass es jeder schaffen könne, es wird dabei aber verschwiegen, wieviel ungleich schwerer es Leute haben, deren Eltern nicht über das nötige Kleingeld oder Vitamin B verfügen. ;-)

Interessant finde ich, dass der Protagonist, ein Schwimm-As, also trotz Stipendium scheitert - das Finanzielle scheint gesichert. Doch die eigenen Erwartungen und die Hoffnungen der anderen sind einfach zu gross.
Eine grosse psychische Bürde. Einmal mehr legt der Autor den Finger in die Wunde von modernen Gesellschaften. Nicht nur eine , nein, auch eine packende story, die sich in jedem Einwanderungsland so zutragen könnte. Danny wird von seinen Mitschülern getriezt - ob wegen seiner billigen Badehose oder seiner Mutter.

"Ihr seid keine Freunde, ihr seid Konkurrenten" schärft der Schwimmtrainer ihm ein. Und Danny beschliesst, dass "der Hass" ihn motivieren möge. Von Sozialromantik keine Spur!

Sozialdrama & Psychogramm - "Barrakuda" wird mit einem Zitat aus der Feder eines tschechischen Autors - Holub - eingeleitet.

Auch sprachlich hat der Roman mich gepackt. Allerdings habe ich mich gefragt, welches englische Wort der Übersetzung "schludrig" im Text zugrunde lag? Sloppy? Diese Übersetzung fand ich nicht so gelungen, da "schludrig" nicht gänzlich die soziale Implikation spiegelt. Überhaupt die Übersetzung: manchmal ziemlich inkongruent - wieso wird "Cunts (!) College" nicht übersetzt oder wenigstens eine Fussnote zur Erläuterung gesetzt, wenn andere Kraftausdrücke durchaus übersetzt werden ? Ausserdem fand ich den Terminus "Kanacke" als Übersetzung auch unzureichend, da er im Deutschen primär für Menschen aus dem 'orientalischen' Kulturkreis verwendet wird (ich sage nicht, dass diese Menschen "schlechter" sind) & mir für Danny unpassend erscheint, da er ein griechisch - irisch - schottisches Arbeiterkind ist und die soziale Kategorie fast noch schwerer wiegt als die ethnische.

Mein Fazit nach der Lektüre:

"Barrakuda" gefiel mir noch besser als "Nur eine Ohrfeige".

Mit grosser Virtuosität nimmt sich der Autor eines sozialen Mißstandes an - was macht es mit "kleinen Leuten", wenn sie die Chance zum Aufstieg haben, und ist diese Chance Segen oder Fluch?

Der Protagonist Danny wäre ohne seine Schwimmbegabung vermutlich in seinem Milieu geblieben, er hätte einen handwerklichen Beruf wie seine Eltern - die Mutter ist Friseurin, der Vater Fernfahrer - ergriffen. Er wäre im Kreis seiner Freunde geblieben, er hätte seine Freundin Demet jeden Tag gesehen.
So aber ist er einem unglaublichen Druck ausgesetzt, dem er anfänglich noch standzuhalten scheint.

Die Hänseleien an der Eliteschule, die finanziellen Unterschiede - geschenkt! Doch das Stipendium ist eher ein Makel, Danny wird zur stetigen Scham gedrängt, für seine Herkunft, und eigentlich will man ihn, das working class Kind, nicht haben. So wird er zum "Psycho" gemacht. Seine Eltern sind aber nicht überehrgeizig, sein Vater sieht es kritisch, dass "nur Sport" gefördert wird, für Bildung aber wenig Geld da ist. Ausserdem sieht er den wachsenden "Egoismus" seines Sohnes sehr ungern.

Der Autor tappt hier nicht in die Klischeefalle und entlarvt auch das Märchen vom Zusammenhalt von Sportkameraden als solches. Seine zwischen den Zeilen durchscheinende Sozialkritik wirkt aber nie platt.

Denn Danny schwimmt der Konkurrenz buchstäblich davon, und sein Talent ist das (einzige) As im Ärmel, das er besitzt. Sein elitäres neues Umfeld platzt vor Neid, denn der Junge hat ein Stipendium ergattert, und er ist schnell, stark. Immer wieder wird ihm "Du gehörst nicht dazu" signalisiert, sogar vor einem entscheidendem Wettkampf. Doch als er einmal versagt (nota bene: er wird 'nur' Fünfter) , kommt es zur Katastrophe...

Besonders gefallen hat mir, dass der Autor hohe literarische Standards setzt, und mit einer nicht - linearen Erzählweise unter Beweis stellt, dass "Barrakuda" mehr als ein schnöder Unterhaltungsroman ist. Zur formalen Hochwertigkeit steht der etwas schnodderige, unverblümte Sprachgebrauch in Kontrast, der an einen Bukowski erinnert und nicht jedermanns Sache ist.
Aber diese Derbheit suggeriert Authentizität.

Zu Beginn der Erzählung ist der Protagonist mit seinem Partner in Europa unterwegs - die verschiedenen Erzähleben werden auch durch alternierende Perspektiven (1.Person versus 3. Person) gekennzeichnet, was Distanz und Nähe aufzeigt, die schiere 'Schizophrenie' einer gleich mehrfach hybriden Identität (sexuelle Orientierung, Herkunft, Arbeiterklassenzugehörigkeit.). Danny ist einem doppelten Druck ausgesetzt - nicht nur wird er von seinen WASP-Mitschülern verachtet, er wird auch von seinem Vater nahezu an seine Arbeiterklassenzugehörigkeit "gekettet" , und immer steht er unter Verdacht, etwas nicht zu "verdienen". Der Autor fängt unglaublich glaubhaft das Spannungsfeld ein, in dem sich ein Mensch mit Migrationshintergrund befindet, ohne jemals ins Phrasendreschen abzugleiten.
Einen derart kraftvollen Roman habe ich noch von keinem auf Deutsch schreibenden Schriftsteller gelesen, da können sich viele im deutschen Literaturbetrieb eine Scheibe von Tsiolkas abschneiden.

Alles in allem eine unglaublich stimmige Erzählung, die den Leser fordert und zum Nachdenken anregt. Von Sozialromantik keine Spur, der Autor zeigt auf, dass Klassenunterschiede keineswegs nur in den Feudalgesellschaften des Mittelalters existierten. Danny wird sein ganzes Leben lang von einem Standesdünkel verfolgt, aber was hätte er tun sollen, Fernfahrer wie sein Vater werden ?!

Toll fand ich, wie unangestrengt der Autor auch ein multikulturelles "Personal" einflicht, ohne in Migrantenkitsch zu verfallen - Türken, Griechen, Vietnamesen...

Ein wenig hatte ich bei der Lektüre das Gefühl, dass der Autor (natürlich leicht verfremdet) auch seine eigene Geschichte erzählt, denn er ist das Kind griechischer Einwanderer und er hat einen Partner.

Vielleicht rührt es daher, dass "Barrakuda" nicht immer leicht zu 'verdauen', aber stets glaubwürdig ist.

"Barrakuda" ist einer der besten Romane, die ich gelesen habe, da er unglaublich vielschichtig ist: Sprachlich, stilistisch, thematisch.
Besonders gefreut habe ich mich über das Stream of Consciousness - mässige Ende des Romans und darüber, dass Tsiolkas mit wissenschaftlicher Redlichkeit ein Quellenverzeichnis anhängt.

Ich vergebe 5 von 5 Sternen und spreche eine uneingeschränkte Leseempfehlung aus!

Cover des Buches Nur eine Ohrfeige (ISBN: 9783453437272)
R

Rezension zu "Nur eine Ohrfeige" von Christos Tsiolkas

Ursache und Wirkung
R-E-Rvor 5 Jahren

Hector und seine Frau Aisha geben eine Gartenparty. Aisha will sich damit für andere Einladungen revanchieren. Und so sind eine Menge Gäste geladen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Kollegen aus dem Büro von Hector, Mitarbeiter aus Aishas Tierarztpraxis. Freunde, Verwandte und Bekannte. Eine bunt zusammen gewürfelte Schar, die sich zunächst gut zu amüsieren scheint. Bis eines der Kinder für Unruhe und Unmut sorgt. Wieder einmal ist es Hugo, der dreijährige Sohn von Rosie und Gerry. Beide sind erst spät Eltern geworden und scheinen mit der Erziehung heillos überfordert.


Denn Hugo ist nur äußerlich ein kleiner, blonder Engel. Hector hat schon erlebt, wie der Kleine seine Frau getreten hat, als er nicht seinen Willen bekam. Und auch bei der Grillparty zeigt sich der Junge als verwöhntes, trotziges und widerspenstiges Kind, dass die Nerven der Erwachsenen strapaziert und mit dem keines der anderen Kinder spielen will. Tsiolkas hat ein Händchen dafür, das Aufheizen der Gefühle zu beschreiben. Wie bei einem drohenden Gewitter lässt er die Stimmung brodeln, bis die Ohrfeige als Blitz einschlägt.  


„Das größte und folgenschwerste Problem des menschlichen Wissens liegt wohl dort, wo es um seine Anwendung auf die Erziehung der Kinder geht“ formulierte einst der Philosoph Michel de Montaigne. Ursache und Wirkung eines solchen Problems beschreibt Christos Tsiolkas in seinem Roman „Nur eine Ohrfeige“.


Die Geschichte wird aus der Sicht von acht Personen erzählt: Hector, Anouk (Freundin von Aisha), Harry (Cousin von Hector), Connie (Aushilfe in Aishas Praxis), Rosie (Freundin von Aisha), Manolis (Hectors Vater), Aisha und Richie (Kumpel von Connie). Tsiolkas erzählt in eleganter Prosa. Er nimmt sich Zeit für seine Figuren. Beleuchtet ihr Seelenleben, lässt den Leser eintauchen in ihre Gedankenwelt, ihren Alltag, ihre Höhen und Tiefen, ihre Siege und Niederlagen.


Nach der Ohrfeige ist nichts mehr wie vorher. Die Party-Gesellschaft löst sich auf, im eigentlichen und im übertragenen Sinne. Denn jeder geht nach Hause und nimmt dabei seine ganz eigene Sicht auf die Dinge mit. Eine Sicht, die das Verhalten aller alsbald bestimmt. Rosie entscheidet sich Harry anzuzeigen. Es kommt zu einer Gerichtsverhandlung. Aisha und Hector müssen sich entscheiden, auf welcher Seite sie stehen wollen. Der Druck der Familie ist groß. Der Druck der Freunde ebenso.


Tsiolkas detailgetreue Milieuschilderung (Australien; Mittelschicht) sind interessant und aufschlussreich. Die Psychogramme der Figuren dagegen haben mich nicht durchweg überzeugt. Besonders Aisha fand ich problematisch. Hier passten für mein Empfinden Anfang und Ende nicht zusammen. Ohnehin hatte ich den Eindruck dass der starke Beginn des Romans zum Ende hin ein wenig nachlässt. Als wenn dem Autor auf halber Strecke die Puste ausgegangen wäre.


Anfangs sind die Kapitel stimmig und tragen (trotz manchem Nebenschauplatz) zur Entwicklung des Romans bei. Am Ende wird es dann aber unübersichtlich. Tsiolkas verliert sich in seinen Handlungsfäden. Geht oft viel zu sehr ins Detail. Das liest sich zum Beispiel bei Manolis Erinnerungen an seinen Start in Australien als griechischer Immigrant sehr interessant. Während es bei Richies Bahnen durch die örtliche Schwimmhalle etwas langatmig um nicht zu sagen langweilig wird.


Insgesamt gesehen lohnt sich der Roman aber. Besonders, wenn man sich einmal selber mit dem Kernproblem auseinandersetzt: der Ohrfeige.


 

Cover des Buches Nur eine Ohrfeige (ISBN: 9783453437272)
E

Rezension zu "Nur eine Ohrfeige" von Christos Tsiolkas

Nur eine Ohrfeige
elycalxavor 5 Jahren

Generel fand ich das Buch gut. Es ist gut geschrieben. Was mich jedoch etwas gestört hat, waren einige Charaktere, der Drogenkonsum und die sexuellen Anspielung in diesem Buch. Es ist sehr direkt und unverblümt.
Eine einfach Grillfeier gerät außer Kontrolle als ein kleines Kind eine Ohrfeige kassiert und sich zwei Lager bilden. Die einen die es gerechtfertigt fanden und die anderen, die der Meinung sind man schlägt keine Kinder.

Gespräche aus der Community

Ihr Lieben, hier noch ein Wanderbuch-Angebot von mir!
Meine liebe Lesefreundin Queenelyza hat sich schon gemeldet, und da dachte ich, es könnten sich ruhig noch mehr Leser hinter ihr einreihen. Das Buch ist recht dick, und es wird sich nicht jeder gleich kaufen wollen - zumal es nicht gerade leichte Kost ist. Ich würde es als - beinahe - klassischen Gesellschaftsroman bezeichnen, der aus 8 verschiedenen Perspektiven das Leben nach der verhängnisvollen Ohrfeige schildert. Und dabei kommt langsam, aber sicher heraus, dass nicht alles so heil ist, wie es scheint... Man sollte allerdings keine Scheu vor direkten Schilderungen und drastischen Ausdrücken haben. Im Klappentext wird das Buch z.B. mit Philip Roth verglichen, und ich finde, das trifft es recht gut! (Besonders, was die ständigen sexuellen Schilderungen angeht. Das ist nichts für Zimperliesen.)

Also, wer möchte? Ich gehe davon aus, dass ihr die Regeln für Wanderbücher kennt...?
Ach, übrigens. Es ist ja ein ziemlich dickes Buch, das auch einige Aufmerksamkeit vom Leser verlangt. Ich würde daher die übliche Frist von 2 oder 3 Wochen für ein Wanderbuch gerne verlängern. Sagen wir mal, nach etwa 6 Wochen würde ich mich dann bei euch melden und nachfragen...OK? ;-)

Hier noch der Link zum Buch:
http://www.lovelybooks.de/autor/Christos-Tsiolkas/Nur-eine-Ohrfeige-819337867-w/

1) Gackelchen
2) Queenelyza
3) Fruehlingsgewitter
4) KiSa
5) Annelchen
6) SharonBaker
7) agnieszka
8) Themistokeles
9) Morgoth666
10) buchstabentraeume
11) Linny
12) fallacy => von hier aus reist es bald nach Hause

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Zum Thema
158 Beiträge
rumble-bees avatar
Letzter Beitrag von  rumble-beevor 12 Jahren
Das Buch ist wieder daheim! Vielen Dank, ihr Lieben! Liebe Moni-Que, ich möchte es jetzt erstmal eine Weile behalten. Ein klein wenig ramponiert ist es schon. Außerdem finde ich das Stöbern im beigelegten Heftchen so spannend! Es ist totaaal interessant, so in euren Meinungen zu stöbern; ganz lieben Dank, dass ihr alle mitgemacht habt! Ich werde so etwas in Zukunft bei Wanderbüchern öfter machen. Das ist so viel persönlicher, als nur "ist angekommen - ist wieder weg"... Ich würde mich dann ggf. nochmal hier melden, falls ich es erneut losschicken möchte. OK? (Fotos mache ich später - ist aber Ehrensache!)

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