Rezension zu "Tropicalia Passagen" von Chrizzi Heinen
In Chrizzi Heinens neuem Buch "Tropicalia Passagen", das letzten November im Ventil Verlag erschienen ist, treffen wir auf drei besondere Romanfiguren.
Da ist Mila, die eigentliche Protagonistin. Sie nennt sich DJane Vitamin M und bespielt in einem maroden Einkaufszentrum die Mitarbeiter*innen mit ihrer selbstkomponierten Musik. Doch sie kündigt, nimmt einen Job in einem Altenheim an und fertigt drei Püppchen an, die ganz im Sinne des magischen Realismus, lebendig werden und Teile ihrer Persönlichkeit transportieren.
Ein Püppchen gerät in die Hände von Paul.
Er ist Einlagenvermesser im Einkaufszentrum und findet Freude am Sortieren und Horten von Paketen und daran, die Kundschaft kennenzulernen. Er vermisst Mila und ihre Musik in der Tropicalia Bar sehr.
Ein weiteres Püppchen gelangt in die Hände von Wagner, er ist Literaturagent im Homeoffice für posthume Autor*innen, denn er "kann nicht gut mit Menschen". Schließlich "entdeckt" er Mila als seine erste "lebendige" Autorin, doch er hat die Rechnung ohne Milas Drang nach Freiheit und Selbstverwirklichung gemacht ...
In Heinens Roman geht es um künstlerische Selbstermächtigung: Mila unterwirft sich nicht dem Diktat der Musikindustrie und auch nicht dem des Literaturbetriebs. Milas antikapitalistische Haltung, die die Autorin humorvoll und überspitzt zum Ausdruck bringt, hat mich sehr beeindruckt!
Im #buchclubamsand haben wir lebendig über diesen Roman diskutiert, der mehr Bedeutungsebenen hat, als die Tropicalia Passagen Etagen😁 und der vielschichtig und sprachlich elaboriert daherkommt.
Leseempfehlung für Buchclubteilnehmer*innen, für Fans von magischem Realismus und Freund*innen von etwas experimentellerer Prosa.