Klappentext
Irgendwo in Amerika liegt Owl, es könnte keinen normaleren und langweiligeren Ort als diesen geben - aber es leben Menschen dort, und wo Menschen aufeinandertreffen, ist immer etwas los. Ob der Football-Held Mitch, die Lehrerin Julia oder der 73-jährige Horace, sie alle schlagen sich durchs Leben mit großen und kleinen Sorgen, sie lieben, trauern, sie leiden. Ihr größtes Ziel ist es, ihre Sache so gut als möglich zu machen, um am Ende nichts zu bereuen. Aber das Ende liegt nicht in ihrer Hand - ein verheerender Blizzard fegt über Owl, und alles ist anders als zuvor.
Meine Meinung
Der Klappentext dieses Buches hat mich sofort angesprochen und irgendwie habe ich geahnt, dass es mir ausnehmend gut gefallen würde. Trotzdem frage ich mich die ganze Zeit, warum es mir so gut gefällt. Was finde ich, gemeinsam mit vielen anderen Lesern, so fesselnd an dem Buch, das in einer staubigen Kleinstadt spielt, wo jeder jeden kennt und jeder Tag das selbe bringt wie der vorherige?
"Nachteulen" besteht quasi nur aus Anekdoten und Alltagsbeschreibungen, die alles andere als kosmopolitisch sind. Dabei werden abwechselnd der Schüler Mitch, die junge Lehrerin Julia und der Witwer Horace begleitet. Ausgehend von diesen drei Protagonisten lernt man nach und nach auch alle anderen Bewohner des Ortes kennen. Man blickt hinter die Fassade, die die Menschen um sich errichtet haben, die sie aber nicht einmal vor ihren eigenen Nachbarn aufrechterhalten können.
Das Entscheidende an diesem Buch ist wahrscheinlich, dass man keine Helden vor sich hat, keinen, der etwas Besonderes erschaffen oder getan hat. Es sind ganz normale Menschen mit normalen Stärken und Schwächen, die nicht beschönigt werden. Doch die Art, wie Klosterman über sie schreibt, enthält so viel Weisheit, so viele Denkanstöße, dass ich das Buch stellenweise weglegen und darüber nachdenken musste. Mir war, als würde ich mich durch einen Spiegel selbst betrachten, auch wenn das jetzt schwülstig klingt.
Doch Klosterman brachte mich nicht nur zum Nachdenken. Mindestens genauso häufig musste ich herzhaft lachen und mehr als einmal fotografierte ich eine Textpassage, um sie meiner Freundin zu schicken und lachte mich mit ihr gemeinsam kringelig über die Parallelen, die zu unserer Lebenswelt bestehen. Ich bin sicher, dass es vielen anderen Lesern ebenso ergeht, was die vielen guten Bemerkungen erklärt, die ich schon darüber gelesen habe.
Ich selbst las am liebsten von Julia, die ich trotz ihrer vielen Fehler sehr sympatisch fand. Sie ist eine junge Frau, die Lehrerin geworden ist, weil sie keine anderen Perspektiven sah und als Zugezogene plötzlich zum Mittelpunkt des Stadtlebens wird, was sie nicht gewohnt ist, ihr aber gefällt. Trotzdem fühlt sie sich unvollständig und beginnt, regelmäßig zu trinken, um sich lebendig zu fühlen, bis sie einen Grund findet, ihr Leben zu ändern.
Dramatischerweise weiß man als Leser von Anfang an, das etwas Schlimmes passieren wird, denn Klosterman beginnt das Buch mit einem prospektiven Zeitungsartikel über den Blizard, der mehrere Menschen das Leben kostet. Wen wird es treffen? Werden Mitch, Julia oder Horace unter den Opfern sein? Die Tragik, die dahinter steckt, wurde mir erst am Schluss vollkommen bewusst. Jeder lebt sein Leben vor sich hin, versucht, das beste aus sich und der Situation zu machen, doch keinem ist klar, dass er von heute auf morgen tot sein kann. Plötzlich aus dem Leben gerissen. Ich denke, das ist die Kernaussage des Romans: Lebe dein Leben. Morgen könnte es schon zu spät sein.
Trotz der häufigen, für mich als Laien langatmigen Passagen über Football und dessen Spielweisen möchte ich 5 von 5 Wolken für diesen Roman vergeben. Ein großartiges Buch, das sicher irgendwann noch einmal lesen werde. Auch stehen die anderen Bücher Klostermans jetzt auf meiner Wunschliste - ich halte ihn, nach dem, was ich bisher von ihm gelesen habe, für einen großartigen Autor.