Cover des Buches Eine englische Ehe (ISBN: 9783869523422)
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Rezension zu Eine englische Ehe von Claire Fuller

Ein emotionales Familien- beziehungsweise Eheportrait

von missNaseweis vor 7 Jahren

Rezension

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missNaseweisvor 7 Jahren

Zum Inhalt: Vor 12 Jahren wurden Flora und Nan von ihrer Mutter verlassen und blieben gemeinsam mit ihrem Vater Gil zurück. Doch Gil glaubt nun, seine Frau gesehen zu haben, und weckt besonders bei Flora die Hoffnung auf ein Wiedersehen. Flora will Antworten und natürlich wissen, was damals ihre Mutter dazu getrieben hat, sie allein zu lassen.


Bereits kurz nach der LBM wanderte dieses Werk auf meinen Wunschzettel. Letzten Endes habe ich mich dafür entscheiden, das Buch nicht zu lesen, sondern zu hören, was mir ein grandioses Hörbuchhighlight beschert hat! Ich habe es in Rekordzeit verschlungen und konnte einfach nicht mehr aufhören. Kurzum, eine klare Empfehlung von meiner Seite aus!


Thematisch steht die Darstellung der Ehe von Gil und seiner Frau Ingrid im Fokus der Geschichte, gleichzeitig werden auch die Auswirkungen dieser Ehe auf die spätere Familiensituation erzählt. Dazu verfolgt ihr zwei Zeitstränge.
Zum einen reist ihr zurück in die Vergangenheit und werdet Zeuge, wie Ingrid ihrem Mann zahlreiche Briefe schreibt, in denen sie ihm ihre Sicht auf ihre Ehe schildert. Dabei geht sie chronologisch vor und berichtet mal mehr, mal weniger ausführlich von ganz bestimmten Erlebnissen oder Situationen, die erst ihre Liebe und später ihre Ehe geformt haben. Zum anderen begleitet ihr Flora in der Gegenwart dabei, wie sie zu ihrem Vater nach Hause zurückkehrt, um seiner kürzlichen Beobachtung nachzugehen und Antworten zu finden.
Mir hat diese Aufteilung unheimlich gut gefallen, denn meiner Meinung nach ermöglicht sie einem einen umfassenden Blick auf die Dinge, also inwiefern Ingrids Entscheidungen schließlich am Ende das Leben ihrer Töchter und ihres Mannes beeinflussen. Ich mochte außerdem, dass Vergangenheit und Gegenwart von zwei unterschiedlichen Personen gelesen wurden. Insbesondere die Sprecherin von Ingrid fand ich grandios. Ich habe eine richtige Gänsehaut bekommen, während ich ihr zuhörte, und muss zugeben, dass diese Kapitel wirklich meine liebsten waren.


Da es sich hier vordergründig um ein Ehe- beziehungsweise Familienportrait handelt, nehmen Ingrid, Gil, Flora und Nan den größten Raum ein. Andere Figuren wie Gils bester Freund oder Ingrids beste Freundin spielen zwar auch keine ganz unwichtige Rolle, haben aber nur zeitweise ihre Auftritte.
Gil ist in der Geschichte neben den zwei zuvor erwähnten besten Freunden die Figur, die einem sowohl von Flora (im Hier und Jetzt) als auch von Ingrid (viele Jahre zuvor) beschrieben wird. Es kam mir teilweise so vor, als würde ich zwei völlig unterschiedliche Gils kennen, denn viel hat der Lebemann aus Ingrids Briefen nicht mehr mit dem alten Mann zusammen, der etwas wirr zu sein scheint. Während Gils großer Hang zu Büchern und seine Tätigkeit als Literaturprofessor meine Sympathie für ihn geweckt haben, war mein Mitleid für ihn dann doch recht schnell verflogen, angesichts seiner Lebenseinstellung.
Was Flora betrifft, so empfand ich sie als ihrer Mutter sehr ähnlich. Beide neigen zu einer gewissen Naivität, lieben das Meer und sind in sich gekehrt. Ich hatte aber wirklich so meine Probleme mit ihr, denn vor allem gegenüber ihrer älteren Schwester verhält sie sich von Zeit zu Zeit wirklich ungerecht und tut vieles ab, was diese für sie und die Familie geopfert hat. Sie scheint nicht Erwachsenwerden zu wollen.


Ich habe mich während dem Hören der Geschichte insgesamt absolut nicht gelangweilt und finde auch nicht, dass es langatmige Stellen gab. Das lag vor allem an dem bereits erwähnten Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart, der regelmäßig erfolgte. Zudem hat mir der Erzählstil der Autorin richtig gut gefallen. Die Worte zogen mich ab den ersten Minuten in ihren Bann und viele Stellen waren fast schon poetisch. Sicher, ihr müsst euch auf die Geschichte einlassen, denn obwohl es durchaus Wendungen gab, die mich überrascht haben, und sich die Handlungsstränge immer weiter zuspitzen, geht es in erster Linie um zwischenmenschliche Beziehungen, Emotionen, das Leben und was man daraus macht.


Für mich ist Eine englische Ehe definitiv ein Jahreshighlight, das ich euch wärmstens ans Herz legen kann!
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