Rezension zu "Ich sehe was, was du nicht siehst" von Claire d'Harcourt
Dieses Buch wollte ich schon haben, seit ich es zum ersten Mal vor vielen Jahren im Buchladen gesehen habe. Irgendwann hatte ich auf dem Flohmarkt Glück und auch nach mehrfachem Lesen und Gucken ist dieses Glück immer noch vorhanden, denn dieses Wimmelbuch der Kunst ist ein absoluter Augenschmaus.
Auf großformatigen Doppelseiten wird jeweils ein Kunstwerk aus unterschiedlichen Epochen vorgestellt, wobei die Autorin weitgehend chronologisch vorgeht. So reisen wir durch die Kunstgeschichte. Von Ägypten über Byzanz ins Mittelalter über die Renaissance hin zur Neuzeit und der modernen Kunst. Viele Kunstwerke haben wir als geneigte Lesende vielleicht schon einmal gesehen, aber die kuratierte Auswahl ist jetzt definitiv nicht abgedroschen. Und auf alle Fälle ist der Blick des Buches absolut einmalig. Denn Autorin Claire d’Harcourt lenkt unseren Blick durch kleine Kreise, die das eigentliche Bild umkreisen. Dort, in rund vier Zentimetern Durchmessern, führt uns d’Harcourt Details vor: Ein kleiner weißer Hund, vielleicht ein Pudel, in Vittore Carpaccios „Das Wunder der Reliquie vom Heiligen Kreuz“, eine Schlange in einer aztekischen Handschrift von Anfang des 16. Jahrhunderts, ein roter, schleifenartiger Klecks in Jackson Pollocks „Nummer 6“. Zehn bis zwölf Details laden so bei jedem der 23 Bilder zum Suchen und Entdecken ein.“
Wie in der Kunstgeschichte häufig, finden sich leider keine Gemälde von Frauen. Beim Diversity-Aspekt kann „Ich sehe was, was du nicht siehst“ dennoch etwas punkten, weil hier glücklicherweise der Blick nicht rein eurozentristisch ist, sondern zumindest drei Gemälde aus anderen Kulturkreisen stammen.
Im Anschluss geben noch einige knappe, toll geschriebene Texte Einblicke in Epoche und Gestaltung der Werke. Und für alle diejenigen, die vielleicht zu ungeduldig beim Suchen waren, finden sich ganz am Ende noch hinter Aufklapptäfelchen die Fundorte der Details.
Auch mein Sohn hat hier schon ganz viel geblättert. Zum Suchen war er aber mit 5 teilweise noch zu ungeduldig. Ab Schulalter ging das deutlich besser und ich muss ihm das Buch unbedingt mal wieder zeigen.
Ein wundervolles Kunstbuch, nicht nur für Kinder. Begeisterte 5 von 5 Sternen.