Rezension zu "Als wir zwanzig waren" von Clara Malraux
Clara Malraux hat mich an die Hand genommen und mir in den Memoiren „Als wir zwanzig waren – Erinnerungen an Andrè Malraux und die Pariser Bohème“ ihre innige Beziehung zu André Malraux erzählt. Getroffen haben sich die beiden eines Abends bei einer Festtafel. Gleich im ersten Satz schreibt Clara von einem jungen Mann, „der mir lange Jahre mehr bedeuten wird als jeder andere Mensch.“ André tanzt schlecht, aber die junge Clara fühlt sich trotzdem angezogen. Es ist das Geistreiche, dem sie sich nicht entziehen kann. Als sie bei einem weiteren Zusammentreffen von einer geplanten Italienreise berichtet, sagt André ihr sofort seine Begleitung zu. Dem widerspricht Clara nicht, denn „ich wollte ja alles mitnehmen, was die Welt mir bot.“ So begeben sie sich gemeinsam auf eine Reise, die mehr verändern wird, als sie vorher geahnt haben.
Clara hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Sie war eine geistreiche und intelligente Frau, die das kulturelle Leben sehr schätzte und dafür mit jedem Atemzug lebte. Sie hatte Kontakt zu großen Persönlichkeiten wie André Breton. Zudem wollte Clara eins: unabhängig bleiben und stark sein. Doch es gab oft Situationen, wo sie nicht mehr ganz sie selbst war. „Denn seit eine anspruchsvolle Gestalt an meiner Seite mich ständig zwang, ihm gewachsen zu sein – das heißt, dem gewachsen zu sein, was mein Gefährte in mir sah und sehen wollte -, hatte ich Hemmungen, mich in Gegenwart Dritter zu äußern.“ Ihr Gefährte – wie sie André die meiste Zeit über in ihren Memoiren nennt – scheint ihr um Längen voraus und überlegener. Er hatte eine starke Präsenz, die sie schrumpfen ließ. Genau das ist es eigentlich, was sie anzieht und an dem sie wächst.
Es ist eine schöne, besondere Geschichte über die Beziehung von zwei Menschen, die von der Tiefe einem Meeresboden ähnelt. Beide sind keine einfachen Gemüter, sehr ehrlich und fordern sich gegenseitig. Sie lieben das Abenteuer und kennen keine Sicherheit. Die Memoiren sind aber auch ein interessantes Dokument der 20er Jahre. Wenngleich ich mir noch ein bisschen mehr Einblicke in das Künstlerleben an der Seine gewünscht hätte. Doch Clara Malraux steht vorrangig im Mittelpunkt. Es bleibt eine beachtenswerte Biographie von einer Frau, die erfrischt und zum Nachdenken anregt. Dieses Buch braucht ein bisschen Zeit, doch wenn man sie ihm gibt, schlägt man am Ende das Werk mit einem glücklichen Seufzer zu und wünscht sich eine Fortsetzung.