Rezension zu "Traurige Tropen" von Claude Lévi-Strauss
Lévi-Strauss beginnt "Traurige Tropen" mit einer Art Anti-Reisebericht: "Ich hasse Reisen und Entdecker." Damit nimmt er eine ungewöhnliche Position ein und distanziert sich von der Romantik des Reisens und der exotischen Verklärung fremder Kulturen, wie sie zur damaligen Zeit in anthropologischen Schriften oft anzutreffen war. Stattdessen widmet sich der Autor einer tiefgründigen und oft ernüchternden Betrachtung kultureller Vielfalt und der Vergänglichkeit dieser Vielfalt angesichts der zunehmenden Globalisierung und Kolonisierung. Die Aufzeichnungen und Reflexionen basieren auf einer Mischung aus persönlichem Erleben und strukturalistischer Analyse und spiegeln Lévi-Strauss' Philosophie wider, die nicht nur die Ethnologie, sondern die gesamte Geisteswissenschaft nachhaltig beeinflusst hat. Als einer der Begründer des Strukturalismus versucht Lévi-Strauss in "Traurige Tropen", universelle Strukturen des menschlichen Denkens und Handelns zu identifizieren. Er sieht Kulturen als Systeme, die durch bestimmte Grundmuster miteinander verbunden sind. Lévi-Strauss analysiert die Rituale, Mythen und sozialen Praktiken der indigenen Völker, denen er begegnet, und arbeitet dabei immer wieder die Gemeinsamkeiten heraus, die diese mit westlichen Kulturen teilen – eine aufschlussreiche Perspektive, die die Leser dazu zwingt, die Einzigartigkeit der eigenen Kultur infrage zu stellen und sich selbst als Teil eines größeren strukturellen Ganzen zu sehen.