Claudia Dathe

Autor*in von Den Krieg übersetzen, Das Gedächtnis einer Nation und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Claudia Dathe, 1971 geboren, studierte Übersetzungswissenschaft (Russisch, Polnisch) und Betriebswirtschaftslehre in Leipzig, Pjatigorsk (Russland) und Krakau. Nach längeren Auslandstätigkeiten in Kasachstan und der Ukraine arbeitete sie von 2009 bis 2016 als Koordinatorin für Projekte zum literarischen Übersetzen am Slavischen Seminar der Universität Tübingen und ist seit März 2016 in der Bürgerstiftung Jena als Leiterin der Kulturberatungsstelle tätig. Regelmäßig führt sie europäische Kultur- und Zivilgesellschaftsprojekte durch, leitet Übersetzerwerkstätten und übersetzt Literatur aus dem Russischen und Ukrainischen, u. a. von Andrej Kurkow, Serhij Zhadan, Ostap Slyvynskyj und Yevgenia Belorusets. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet unter anderem mit dem Wilhelm-Merton-Preis für Europäische Übersetzungen 2022.

Quelle: Verlag / vlb

Neue Bücher

Cover des Buches Chronik des eigenen Atems (ISBN: 9783518128404)

Chronik des eigenen Atems

Neu erschienen am 17.11.2024 als Taschenbuch bei Suhrkamp.

Alle Bücher von Claudia Dathe

Cover des Buches Das Gedächtnis einer Nation (ISBN: 9783949262302)

Das Gedächtnis einer Nation

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Erschienen am 09.01.2023
Cover des Buches Den Krieg übersetzen (ISBN: 9783949262432)

Den Krieg übersetzen

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Erschienen am 14.03.2024
Cover des Buches MAJDAN! (ISBN: 9783940524287)

MAJDAN!

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Erschienen am 10.03.2014

Neue Rezensionen zu Claudia Dathe

Cover des Buches Reden gegen den Krieg (ISBN: 9783426278970)
Trotats avatar

Rezension zu "Reden gegen den Krieg" von Wolodymyr Selenskyj

Reden hilft - dieses Buch beweist es.
Trotatvor 2 Jahren

In der Ukraine wütet seit bald einem Jahr ein grausamer Angriffskrieg, der – man kann es nicht oft genug wiederholen – von Russland und dessen Machthaber Putin als menschenverachtender Vernichtungskrieg begonnen wurde und ohne Unterlass geführt wird. Es ist ein Krieg, den ich als im Westen der wiedervereinigten BRD aufgewachsener Mensch nur schwer begreifen kann.

Umso mehr bin ich auf Stimmen von vor Ort angewiesen. Neben internationalen Journalisten, die ukrainischen Menschen in unsere Zeitungen und TV-Berichte bringen, ist eine Stimme besonders erwähnenswert, die von Präsident Wolodymyr Selenskyj, der so anders ist als die Präsidenten vor ihm und erst recht so anders als sein Gegenüber, der Goliath dieses Krieges.

In „Reden gegen den Krieg“ finden sich zehn Reden Selenskyjs von der Münchner Sicherheitskonferenz 5 Tage vor Kriegsbeginn, über #Reden in den Parlamenten von Italien, #Deutschland, der #Schweiz, den USA und Israel bis zur Ansprache im Europäischen Rat anlässlich der offiziellen Aufnahme von Beitrittsverhandlungen der Ukraine zur EU Ende März #2022. In einer Zeit, in der wir uns offensichtlich an den Krieg gewöhnt haben und uns die Inflation wichtiger ist, als das Leben Tausender Menschen – wichtiger als Freiheit, Demokratie und das Recht freier Völker – sind die Reden Selenskyjs ein wichtiger Anker.

Der Podcast "Streitkräfte und Strategien" des NDR (den ich nicht nur in Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine empfehlen kann) spricht am Anfang der Ausgabe "Tag 322-324" ebenfalls über die Präsenz und Wirkung der öffentlichen Auftritte von Selenskyj. Beschrieben wird die Wirkmacht jener Reden, die als Videobotschaften rund um den Planeten verschickt werden, um für Unterstützung zu werben. Das Buch #RedenGegenDenKrieg beinhaltet Zeugnisse aus dem ersten Kriegsmonat 2022. Mittlerweile sind unzählige Reden dazugekommen, ob bei den Filmfestspielen in Cannes, den Golden Globes oder vor den Vereinten Nationen. Reden, die Wolodymyr Selenskyj zurecht mit #SlawaUkrajini – es lebe die Ukraine – beendet.

Cover des Buches Die Welt des Herrn Bickford (ISBN: 9783709972816)
dunkelbuchs avatar

Rezension zu "Die Welt des Herrn Bickford" von Andrej Kurkow

Charitonow wandert durch Russland
dunkelbuchvor 3 Jahren

Für Untermatrosen Charitonow und seinen Vorgesetzten war der Krieg scheinbar vorbei. Gestrandet mit einem Schiff voll Dynamit an der Ostküste Russlands, im Japanischen Meer, begibt sich Charitonows Vorgesetzter nach zermürbender Warterei auf weitere Befehle, auf die Suche nach der kämpfenden Truppe und kehrt nicht mehr zurück. Nach einigen Tagen macht sich auch Charitonow auf den Weg. An seinen Tornister knüpft er die „Bickford-Schnur“, deren anderes Ende er mit der gewaltigen Sprengladung an Bord verbindet. Der Matrose macht sich auf die Suche nach irgendeinem Vorgesetzten, um diesem die Zündschnur und somit die Verantwortung über das Boot zu übergeben.

So wandert er zeitlos Richtung Westen, wo er, im besten Falle in Moskau, sein Ziel sieht. Dabei hat er jede Menge Zeit, sich über den Krieg, das Leben und sein mehr oder weniger geliebtes Heimatland Gedanken zu machen. Und über das mysteriöse schwarze Luftschiff, das von Zeit zu Zeit, hoch über ihm, seinen Weg kreuzt und vom Wind nach irgendwo getrieben wird. Und während er beständig nimmermüde durch die Taiga wandert, hält die „Bickford-Schnur“ Kontakt zur brisanten Ladung an Bord des Schiffes und dient Charitonow als Bindeglied zu etwas, das er kennt und geliebt hat.

Cover des Buches Haft (ISBN: 9783863912925)
Federfees avatar

Rezension zu "Haft" von Oleg Senzow

Oleg Senzows beeindruckendes Hungerstreik-Tagebuch
Federfeevor 3 Jahren

Bisher von mir vernachlässigt: moderne ukrainische und russische Schriftsteller, die mir Aufschluss über die Verhältnisse in diesen Ländern geben und mir helfen sollen, mehr zu verstehen, die Ungeheuerlichkeiten zu erklären, falls das überhaupt geht. Deshalb lege ich im Moment den Schwerpunkt auf diese Lektüre, hier das Tagebuch eines langen Hungerstreiks in einem Straflager am Polarkreis.

Der Bogen spannt sich von Dostojewskis 'Aufzeichnungen aus einem toten Haus' über die Stalinzeit, den 'Archipel Gulag' bis in die heutige Diktatur: Regimekritiker und Andersdenkende unter fadenscheinigen Urteilen wegzusperren, in Straflager zu schicken, das scheint nicht aufzuhören und ist aktueller denn je.

So ging es auch dem russischsprachigen, ethnisch russischen, von der Krim stammenden ukrainischen Regisseur und Filmemacher Oleg Senzow (Sentsov). Weil er sich auf dem Maidan engagiert und gegen die Annexion der Krim gewandt hatte, wurde er eines Tages plötzlich verhaftet und wegen unter Folter entstandener Beschuldigungen durch andere zu 20 Jahren Haft verurteilt.

Frage eines Arztes im Lager: 'Er wollte wissen, wofür ich zwanzig Jahre bekommen habe. Eine gute Frage. Das würde mich auch mal interessieren.' (eBook 32)

Manchmal ist es gut, wenn man als Leser weiß, dass eine schlimme Sache gut ausgeht – soweit man das unter den heutigen Umständen (Krieg in der Ukraine) sagen kann. Aber Oleg Senzow, Regisseur, Filmemacher, Aktivist, hat seinen  Hungerstreik überlebt und wurde zusammen mit anderen ukrainischen Gefangenen auf Betreiben des Präsidenten Selenskyi nach fünf Jahren im Austausch freigelassen. Jetzt kämpft er in der ukrainischen Armee und ich weiß nicht einmal, wie es ihm geht und ob er noch lebt.

Damals hingen Gesundheit und Leben nach unglaublichen 145! Tagen Hungerstreik am seidenen Faden. Mit dieser Aktion wollte er seine eigene Freilassung und die von anderen politischen Gefangenen erreichen. Anfangs dachte ich, ob es sinnvoll ist, Gesundheit und Leben zu riskieren, möglicherweise erfolglos? Andererseits: wer will schon 20 Jahre in einem Straflager leben, wenn man das überhaupt Leben nennen kann. - Außerdem wurde die Öffentlichkeit dadurch auf seinen Fall aufmerksam und höchste Kreise (G 7) und bekannte Politiker, z.B. Macron, setzten sich für ihn ein. Wie es im Einzelnen am Ende ausgegangen ist, will ich nicht verraten.

Oleg Sentsov ist 42 Jahre alt und hat schon fünf Jahre Haft hinter sich, als er seinen Hungerstreik beginnt und ich kann nur sagen: trotz einer gewissen Gleichförmigkeit seiner Tagebucheinträge ließ mich sein Bericht nicht mehr los und meine Bewunderung für diesen gradlinigen aufrechten Menschen wurde immer größer.

Erstaunlich auch, dass er die Kraft aufgebracht hat, jeden Tag etwas zu schreiben, aber vielleicht hat ihm gerade das geholfen. Immer wiederkehrende Themen sind das Wetter (sehr schön beschrieben), Träume, sein körperlicher und psychischer Zustand, Filme und Bücher (Lem, Nabokov, Steinbeck u.a.), die chaotischen Ereignisse auf dem Maidan, die ärztliche Betreuung.

Er darf sogar mit anderen Häftlingen die Fußballweltmeisterschaft gucken, die ihm als willkommene Ablenkung dient, die er aber auch kritisch sieht:

'Ich kann einfach nicht ausblenden, dass dieses Fußballfest von Schurken veranstaltet wird, die hinter der schönen Fassade ihre Verbrechen verbergen und die Weltgemeinschaft ablenken wollen. Die so tun, als gäbe es weder die besetzte Krim noch die zehntausend Toten im Donbass noch die abgeschossene Boeing, das zerbombte Aleppo und, und, und (eBook 157).

Er wird ärztlich betreut, bekommt Infusionen mit Vitaminen, Salzen, Mineralien und Aminosäuren, nimmt aber keinerlei Nahrung zu sich, obwohl ihm täglich dreimal Essen hingestellt wird. Alles wird dokumentiert, er wird ständig per Videokamera überwacht und bekommt oft Besuch von Beamten aus russischen Behörden, die ihn zum Aufgeben überreden wollen, erfolglos. Er ist ein unglaublich starker Mensch und das hat mir unsagbar imponiert.

Senzow selbst schätzt sein Buch als' monoton, ereignisarm und stilistisch schwach' ein (eBook 329). Doch nein, da ist er zu hart mit sich selbst. Ereignisarm ja, aber ansonsten sprachlich auf erhöhtem Niveau und ein wichtiges Zeitzeugnis. Als solches habe ich es trotz einer gewissen Eintönigkeit gelesen und es nicht bereut.

Ich denke aber, dass es nur jemand lesen sollte, der sich für das Thema 'Zustände in russischen Straflagern', hier übrigens Labytnangi am Polarkreis, interessiert. Am Ende des Buches sind noch 'Erzählungen' genannte Porträts von unterschiedlichsten Mitgefangenen angefügt, die aber gerade das Lagerleben, die Schikanen und Misshandlungen deutlich illustrieren.

Zitate

'… dass die Ukraine für ihn (Putin) kein richtiger Staat sei, dass wir unsere Nationalisten abschütteln und reumütig in den mütterlichen Schoß zurückkehren sollten.'
die Illusion, 'die Sowjetunion werde zu neuem Leben erwachen.' (eBook 93)
Agressive Propaganda, primitivste Talkshows: 'Die Leute umnachten und verblöden.'
'Einfache Logik! Was im Fernsehen gezeigt wird, stimmt. (eBook 257)
'In den vielen Beamtenköpfen in diesem Land steckt die Sowjetunion noch immer tief drin – wie ein Gehirntumor. Und das Schlimmste ist, dass diese Krankheit ansteckend ist und auch die junge Leute befällt, die die Zeit des kollabierten Monsters nicht miterlebt haben.' (eBook 247)

Wer Oleg Senzow sehen möchte: hier bei YouTube / European Parliament:

https://youtu.be/5UqBMVShR0Q

Und natürlich würde man gerne wissen, wie es ihm jetzt geht. Dazu ein ganz kurzes Video (Arte.TV) mit ihm als ukrainischem Soldaten:

https://youtu.be/fPZ_MlUbDTM

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