Rezension zu "Dein Blut auf meinen Lippen" von Claudia Gabel
Zunächst muss ich gestehen, dass ich das Original "Romeo und Julia" niemals gelesen oder vollständig im Original gesehen habe. Ich kenne lediglich die Geschichte.
Grundlegend muss gesagt werden, dass Claudia Gabel endlich einmal von der weit verbreiteten Einstellung, alle Vampire seien wunderschön, abweicht. So stellt sie durchaus Vampire mit Schönheitsfehlern oder sogar gänzlich hässliche Vampire dar.
Das Buch beginnt mit einem Prolog, der mich persönlich ein wenig an ein Märchen oder eine Sage erinnert hat. Gleich zu Anfang wird der Leser mit sehr vielen Beschreibungen bzw. Gegebenheiten konfrontiert, die zwar wichtig für die Geschichte sind, die man sich jedoch nicht alle merken kann. Viele Dinge musste man noch einmal nachlesen oder hat sie dann erst im Laufe der Geschichte begriffen. Insgesamt erhält man am Anfang viel zu viele Informationen auf zu wenigen Seiten. Teilweise ist eine notwendige Information regelrecht an die nächste gereiht.
An den Prolog schließt sich dann das erste Kapitel aus Julias Sicht an. Es fängt mit der Beschreibung eines nahezu perfekten Körpers an, der in seiner Sprache und in dem Ausdruck sehr arrogant klingend. Verwirrend ist dann die Aussage "nicht eitel" am Ende dieser Beschreibung, die nahezu im Widerspruch zur vorherigen Beschreibung und ihrer Darstellung steht.
Des Weiteren tauchen besonders zu Anfang sehr viele Gefühle urplötzlich auf. So wird Julia anfangs mehrfach wütend. Man kann zwar in etwa folgern, weswegen, doch genau wird nicht dargelegt, wie sich das Gefühl nun entwickelte. Es baut sich nicht wie in der Realität auf, es ist mit einem Mal einfach da. Diese plötzliche und schnelle Entwicklung braucht man nicht nur auf die Gefühle zu beziehen. Sie lässt sich ebenso auf die gesamte Geschichte übertragen. Es geht alles viel zu schnell voran. Natürlich ist es im Original ebenso, aber es ist dennoch irritierend, dass aus dem Nichts heraus plötzlich Liebe vorhanden ist, dann sind sie schon fest zusammen und heiraten, nachdem sie sich noch nicht einmal eine Woche kennen etc. Die Entwicklung ist unrealistisch. Wäre sie wenigstens sprachlich besser herüber gebracht worden, z.B. in dem man Gefühle besser aufbaut, könnte die Entwicklung möglicherweise auch anders wirken.
Die Beschreibungen an sich von Orten und Zuständen sind wiederum oftmals gut gelungen. Ein paar gibt es, die ein wenig zu kurz oder lang sind, doch überwiegend sind sie ausreichend und man kann sich die Szene durchaus bildlich vorstellen.
Insgesamt ist der Satzbau allerdings oft eintönig. Mehrfach werden die gleichen Kombinationen von Subjekt, Prädikat und Objekten verwendet. Aus diesem Grund wirkt die einfache, teils auch umgangssprachliche wirkende Sprache auch noch langweilig. Allerdings muss man auch anmerken, dass es der Autorin ganz gut gelungen ist, die Sprache der damaligen Zeit zu imitieren, auch wenn sich auch da die Formulierungen wiederholen.
Ich war recht überrascht, als die Schreibart dann zum Ende besser geworden ist. Die Sprache wird ein wenig komplexer und die Umgangssprache rückt in den Hintergrund. Das ist durchaus positiv zu werten. Die Sprache, die zum Ende hin vorherrscht, hätte ich mir jedoch das ganze Buch über gewünscht.
Fazit
Rein inhaltlich gesehen ist die Geschichte gar nicht mal übel, es wäre jedoch günstiger gewesen, sich von der Vorlage zu lösen und eine eigene Geschichte zu schreiben, denn in diesem Kontext wirken die bekannten Namen aus "Romeo und Julia" doch eher verwirrend. Zudem hätte man ohne diese inhaltlichen Vorgaben deutlich mehr aus dieser Idee herausarbeiten können.
Betrachtet man das Sprachliche, findet man teils recht große Defizite. Die Formulierungen könnten abwechlungsreicher und komplexer sein. So kann die manchmal aufkommende Langeweile beim Lesen verhindert werden.