Claudia Piñeiro

 4 Sterne bei 100 Bewertungen
Autor*in von Ganz die Deine, Die Donnerstagswitwen und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Claudia Piñeiro (*1960 in Buenos Aires) ist eine der erfolgreichsten Autorinnen Argentiniens. Nach dem Wirtschaftsstudium wandte sie sich dem Schreiben zu, arbeitete als Journalistin, schrieb Theaterstücke, Kinder- und Jugendbücher und führte Regie fürs Fernsehen. Für Die Donnerstagswitwen erhielt sie 2005 den Premio Clarín, 2010 wurde sie mit dem LiBeraturpreis ausgezeichnet. Für Kathedralen erhielt sie 2021 den Premio Hammett, mit Elena weiß Bescheid stand sie 2022 auf der Shortlist des International Booker Prize.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Claudia Piñeiro

Cover des Buches Ganz die Deine (ISBN: 9783293206892)

Ganz die Deine

 (23)
Erschienen am 09.03.2015
Cover des Buches Kathedralen (ISBN: 9783293005921)

Kathedralen

 (19)
Erschienen am 30.01.2023
Cover des Buches Die Donnerstagswitwen (ISBN: 9783293302716)

Die Donnerstagswitwen

 (20)
Erschienen am 09.11.2015
Cover des Buches Ein wenig Glück (ISBN: 9783293207882)

Ein wenig Glück

 (11)
Erschienen am 19.02.2018
Cover des Buches Elena weiß Bescheid (ISBN: 9783293402720)

Elena weiß Bescheid

 (12)
Erschienen am 09.11.2015
Cover des Buches Der Privatsekretär (ISBN: 9783293208827)

Der Privatsekretär

 (5)
Erschienen am 06.04.2020
Cover des Buches Der Riss (ISBN: 9783293402706)

Der Riss

 (4)
Erschienen am 09.11.2015
Cover des Buches Wer nicht? (ISBN: 9783293005624)

Wer nicht?

 (3)
Erschienen am 14.09.2020

Neue Rezensionen zu Claudia Piñeiro

Cover des Buches Kathedralen (ISBN: 9783293005921)
Elenchen_hs avatar

Rezension zu "Kathedralen" von Claudia Piñeiro

Kathedralen
Elenchen_hvor 8 Tagen

Die drei Schwestern Lía, Ana und Carmen wachsen in Adrogué auf, einem Vorort von Buenos Aires. Die Familie ist streng gläubig, Glaube und Kirche bestimmen Erziehung und Bildung der Mädchen. Als Ana eines Tages nicht nach Hause kommt und später ihre verbrannte und zerstückelte Leiche auf einer Mülldeponie gefunden wird, werden die verbliebenen Familienmitglieder in ihren Grundfesten erschüttert. Während die älteste Schwester Carmen einen ehemaligen Priesterseminaristen heiratet und ein Theologiestudium antritt, schwört die mittlere Schwester Lía dem Glauben ab, kappt jegliche Verbindung zu ihrer Familie bis auf einen regelmäßigen Briefwechsel mit ihrem Vater und eröffnet in der spanischen Pilgerstadt Santiago de Compostela eine Buchhandlung. Fast dreißig Jahre hören die Schwestern nichts voneinander, bis Carmens Sohn verschwindet und seine letzten Spuren ausgerechnet nach Santiago de Compostela führen. Das Aufeinandertreffen von Lía und Carmen wirbelt die Vergangenheit wieder, die den Mord an Ana in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.


Hochspannend und gesellschaftskritisch betrachtet Claudia Piñeiro in ihrem Kriminalroman "Kathedralen", aus dem Spanischen übersetzt von Peter Kultzen, die Abgründe, die in Familien lauern, fehlgeleitete Moralvorstellungen und die Gefahren von religiösem Fanatismus. Aus sieben Perspektiven heraus berichtet sie von den Geschehnissen rund um Anas Tod, jede Figur hat dabei ihre eigene Stimme, ihren eigenen Stil und bringt neue, teils sehr erschütternde Blickwinkel auf die Tat, die vor dreißig Jahren begangen wurde. Gerade diese Vielstimmigkeit macht den Kriminalroman besonders, verleiht er ihm doch noch mehr Tiefe und gibt Einblicke in Gedankenwelten, die sonst eher verschlossen bleiben. Tathergang und Täter*in sind bald ausgemacht, das Warum gestaltet sich komplexer und wird von Claudia Piñeiro  meisterhaft ergründet. Sprache, Form, Figuren, Setting und Geschichte - für mich hat hier alles zusammengepasst. Große Empfehlung!

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Cover des Buches Kathedralen (ISBN: 9783293005921)
Gwhynwhyfars avatar

Rezension zu "Kathedralen" von Claudia Piñeiro

Eine Tat, die nie aufgeklärt wurde und die eine Familie zerstörte ...
Gwhynwhyfarvor 3 Monaten

«An manchen Orten fällt das Überleben besonders schwer – in der Wüste, auf einer unbewohnten Insel, auf einem Berggipfel, auf dem Mars, in einem Land, in dem Krieg herrscht, im Urwald. Oder in meiner Familie.»


Lía glaubt nicht mehr an Gott. Nicht, seit ihre siebzehnjährige Schwester grausam ermordet wurde, eine Tat, die nie aufgeklärt wurde. Von ihrer streng religiösen Familie in Argentinien fühlte sie sich völlig allein gelassen, und sie brach den Kontakt ab, als sie kurze Zeit danach nach Spanien zog. Ausgerechnet in Santiago de Compostela lässt sie sich nieder, um eine Buchhandlung zu führen – mitten im katholischen Herzen. Lediglich mit dem Vater führt sie einen heimlichen Briefkontakt. Dreißig Jahre später steht plötzlich die ältere Schwester in ihrem Laden, die nach ihrem Sohn sucht. Beiläufig teilt sie mit, dass der Vater verstorben ist. Und dieser Sohn, der nun ebenfalls vor der Familie floh, mit dem Großvater engen Kontakt pflegte, bringt Nachrichten mit, die den Mord wieder aufleben lassen. Der Briefkontakt mit dem Vater diente anfangs nur einem Zweck: das Versprechen des Vaters, weiterzuforschen bis die Wahrheit zum Mord an der jüngsten Tochter, Papas Küken, ans Licht gebracht ist. Lía erzählt in ihren Briefen nichts aus ihrem Leben und der Vater sagt kein Wort über die Familie, so die Abmachung – nicht mal den Tod der Mutter erwähnt er. Sie schreiben über allgemeine Themen und unterhalten sich über die Baukunst von Kathedralen. So wusste Lía auch nicht, dass sie Tante geworden war.


«Als Alfredo Sardá mich um Hilfe bat, sagte er, es gehe ihm darum ‹die Wahrheit› herauszufinden. Eigentlich wollte er sich, wie so viele meiner Auftraggeber, die sich genauso ausdrücken, seine eigene Theorie bestätigen lassen. Ihm war nicht bewusst, dass sich hinter der einen Wahrheit stillschweigend, kaum vernehmbar, eine geheime, zweite Wahrheit verbarg. … So sehr wir uns einreden wollen, es gehe um ‹die Wahrheit› , haben wir in Wirklichkeit stets ‹unsere Wahrheit› im Blick.


Claudia Piñeiro blättert durch Rückblicke ein erschütterndes Familiengeheimnis auf, das von religiösem Fanatismus geprägt ist. Der Aufbau des Romans ist perspektivisch gestaltet, bei dem die fünf Familienmitglieder, die beste Freundin der Toten und ein Kriminalist aus ihrer eigenen Sicht die Geschehnisse beschreiben. Die Auseinandersetzung mit religiösem Fanatismus steht im Vordergrund. Und es nimmt einem dem Atem, wenn die extrem religiösen Protagonisten ihre Erklärungen zu einer Mitschuld geben. Es gibt keine Schuld, denn über allem steht Gott, der es so gewollt hat. Machterhalt, Egoismus und Angst spielen eine große Rolle. Sieben Wahrheiten, manch einer kennt ein Puzzelstück, andere wissen mehr – alles. Jeder Charakter ist fein ausgearbeitet, besitzt eine eigene Tonalität – die teilweise erschreckend ist. Eine bedingungslose Freundschaft über den Tod hinaus, Feindschaft, Missgunst, Vaterliebe, emotionaler Abhängigkeit, Lügen und Vertuschung, der Zweifel an einen Gott und die Abkehr von ihm – menschliche Abgründe – und ein Gott, der für das alles herhalten muss. Vielstimmigkeit auf der einen Seite – aber unüberwindbare Brücken auf der anderen.


«Sätze eines Joseph Ratzingers ... ‹Es gibt im Glauben einen Vorrang des Wortes vor den Gedanken› –  ‹Glaube tritt von außen an Menschen heran.› – ‹Er ist nicht selbst Erdachte, sondern das mir Gesagte, das mich als das nicht Ausgedachte und nicht Ausdenkbare trifft, ruft, in Verpflichtung nimmt.›» 


Claudia Piñeiro hat den Kampf gegen das Abtreibungsverbot in Argentinien mit ihrem Roman an den Pranger gestellt. Sie ist eine der wichtigsten Stimmen in Argentinien und hat weltweit eine große Leserschaft – auch in den USA. Wie immer schreibt die Autorin spannend und atmosphärisch dicht; man kann ihre Bücher kaum aus der Hand legen. Und wie immer ist in irgendeiner Weise ein Verbrechen eingeflochten. Kein Krimi, aber auf der anderen Seite doch ein wenig Kriminalliteratur. Das Verbrechen will aufgeklärt werden – und das wird es. Das ist die Kunst der Kriminalliteratur: Das Verbrechen selbst ist relativ unwichtig, denn es geht um eine Milieustudie, um das Aufdecken von sozialen Missständen. Hier die katholische Kirsche und ihr Glaubensbild aus dem Mittelalter, das sie nicht modernisieren will. Männer an der Macht, schuldige Frauen, Zölibat, religiöser Fanatismus, Religion als Entschuldigung. «Das brauche ich aber nicht der ganzen Welt erklären, Rechenschaft über mein Tun muss ich ohnehin erst später, an anderer Stelle ablegen.» Gleichzeitig zeigt der Roman, wie verlogen der Glaube letztendlich gelebt wird. Wasser predigen und Wein trinken. Danach ab zur Beichte – alles ist vergeben. Und da Gott sowieso alles bestimmt, hat er mein Handeln gebilligt und die Konsequenzen, die daraus entstehen gewollt. Schön auch die Seite als Lía Joseph Ratzinger liest, der klarstellt, dass es beim Glauben nicht um Denken geht, sondern um Zuhören – wer glaubt, übernimmt, was er hört und handelt danach. Denken könnte ja gefährlich sein. Claudia Piñeiro ist eine Meisterin der Zwischentöne – doch in diesem Roman schlägt sie voll auf die Kirchenglocken, was ihr hohes schriftstellerisches Können aber in keiner Weise unter den Scheffel stellt. In einer Welt, die immer mehr in dogmatischen religiösen Wahn verfällt, tun solche Bücher der wütenden Seele gut. Auch wenn die Glocken sämtlicher Kathedralen auf einmal bimmeln.



Claudia Piñeiro gehört zu den erfolgreichsten Autorinnen Argentiniens. Ihre Bücher sind regelmäßig auf den Bestsellerlisten zu finden und werden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Geboren 1960 in Burzaco, Buenos Aires, studierte sie Wirtschaftswissenschaften. Während zehn Jahren arbeitete sie als Rechnungsprüferin, was sie, wie sie sagt, lehrte, hinter die Fassaden zu blicken. Danach wandte sie sich dem Schreiben zu. Sie arbeitete als Journalistin, schrieb Theaterstücke, Kinder- und Jugendbücher und führte Regie fürs Fernsehen. 2003 erschien Piñeiros erster Roman Ganz die Deine. Ihre Romane sind meist Kriminalromane, aber gehen über das Genre hinaus. Sie hält der Gesellschaft den Spiegel vor und hinterfragt, deckt Abgründe in vermeintlichen Idyllen auf, immer schonungslos, immer humorvoll. Ihre Romane wurden verfilmt und oft ausgezeichnet, unter anderem 2005 mit dem Premio Clarín für Die Donnerstagswitwen und 2010 mit dem LiBeraturpreis für Elena weiß Bescheid. Für Kathedralen erhielt sie 2021 den Premio Hammett, mit Elena weiß Bescheid stand sie 2022 auf der Shortlist des International Booker Prize. Claudia Piñeiro ist Mutter von drei Kindern und lebt in Buenos Aires.

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Cover des Buches Kathedralen (ISBN: 9783293005921)
ulrikerabes avatar

Rezension zu "Kathedralen" von Claudia Piñeiro

Die sieben Wahrheiten über Anas Tod
ulrikerabevor 6 Monaten

Argentinien vor 30 Jahren: Ana Sardà ist das „Küken“, die jüngste Tochter der Familie. Sie wächst in einem katholischen Umfeld auf, hat zwei ältere Schwestern – Lía und Carmen und eine beste Freundin, Marcela. Eines Tages wird Ana tot aufgefunden, ihr Körper verstümmelt und verbrannt.

Von ihrem Tod erholt sich die Familie nie wieder, es bleibt eine Narbe. Lía wendet sich von der Familie und vom Glauben ab, wandert nach Spanien aus. Erst drei Jahrzehnte später bekommt sie Besuch von Carmen.

Kathedralen heißt der Roman der argentinischen Schriftstellerin Claudia Piñeiro, in deutscher Übersetzung von Peter Kultzen erschienen 2023 im Unionsverlag.

Anas Tod galt dreißig Jahre lang als ungeklärter Mordfall. Doch ist das Buch kein Kriminalroman. (Auch wenn es das Buch auf die Krimibestenliste für März 2023 von Deutschlandfunkkultur geschafft hat). Für Krimiexpertinnen wäre das Rätsel um Anas Tod auch viel zu früh zu lösen gewesen. Es sind sieben Wahrnehmungen, die nach und nach Aufschluss geben über das, was damals wirklich geschah.

Claudia Piñeiro schafft es großartig, den einzelnen Erzähler:innen eine individuelle Stimme zu geben. Besonders gelungen fand ich den Teil, den Marcela erzählt. Das Mädchen erlitt nach dem Tod der Freundin eine anterograde Amnesie und das Ringen um die Erinnerung und das Erleben jedes einzelnen Tages ohne Kurzzeitgedächtnis hat mich nachhaltig beeindruckt.

Die titelgebenden Kathedralen sind nicht nur als sakrale Gebäude. Es sind steinerne Monumente, Symbole für feste Glaubenssätze.

In ihrem Heimatland Argentinien kämpft die Autorin gegen das Abtreibungsverbot. Mit ihrem Roman Kathedralen setzt sie ein Zeichen. Sie übt massive Kritik am katholischen Fundamentalismus, an einer Scheinheiligkeit bei der „Gottes Wille“ als Ersatz menschlicher Verantwortlichkeit herhalten muss. Die Autorin macht ihre Wut deutlich, bleibt aber in Sprache und vor allem durch den geschickten Aufbau eingängig.

 

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